Grundlagen der Analyse

Über die energiewirtschaftlichen und gesamtwirtschaftlichen Konsequenzen schockartiger Entwicklungen zu spekulieren, ist ein schwieriges Geschäft. Es herrscht Unsicherheit. Prognosen sind ein großes Wagnis. Andererseits braucht die Politik Anhaltspunkte über mögliche und wahrscheinliche Entwicklungen. Nur mit einigem Mut und auch der Bereit-schaft, grundsätzliche Kritik zu ertragen, wird man sich auf eine solche Übung einlassen können; allerdings scheint es einen Versuch wert.

Grundlage der folgenden Überlegungen ist das denkbar einfachste Modell zur Bestimmung der energiebedingten CO2-Emissionen in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Aktivität. Es besteht aus einer einzigen Gleichung, die man auch als „Goldene Gleichung der Energie- und Klimapolitik“ bezeichnen kann:

CO2 = (PEV/BIP) x (CO2/PEV) x BIP

Dabei gilt

  • CO2: Energiebedingte CO2-Emissionen in Mio. t
  • PEV/BIP: Spezifischer Primärenergieverbrauch in PJ/Mrd. € BIP2015
  • PEV: Primärenergieverbrauch in PJ
  • BIP: Bruttoinlandsprodukt in Mrd. €2015
  • CO2/PEV: Kohlenstoffintensität in Mio. t CO2/PJ

Das Modell ist leicht zu verstehen. Daher nur wenige Hinweise zu den Determinanten auf der rechten Seite der Gleichung:

  • Bruttoinlandsprodukt(BIP): Je größer das BIP, d.h. je mehr Güter und Dienstleistungen produziert bzw. konsumiert werden, um so größer ist der Bedarf an Energie und um so größer wird – ceteris paribus – auch die Menge der CO2-Emissionen sein, die in die Atmosphäre emittiert werden.
  • Spezifischer Energieverbrauch (PEV/BIP): Je weniger Energie benötigt wird, um eine Einheit BIP herzustellen, d.h. je größer die Energieeffizienz, um so geringer ist der Energiebedarf einer Volkswirtschaft. Anders gesagt: Eine Reduktion des spezifischen Energieverbrauchs führt im Trend zu geringeren CO2-Emissionen.
  • Kohlenstoffintensität (CO2/PEV): Wird der Energiemix von besonders kohlenstoffreichen Energieträgern dominiert (Kohle) errechnet sich eine hohe Kohlenstoffintensität. Dominieren kohlenstoffärmere Energieträger (Erdgas) oder kohlenstofffreie Energieträger (erneuerbare Energien), ist das Ergebnis eine geringere Kohlenstoffintensität. Das zeigt: Ein Verzicht auf Kohle und ein Ausbau der erneuerbaren Energien schlägt sich in einer geringeren Kohlenstoffintensität und damit auch geringeren CO2-Emissionen nieder.

Hat man für die kommenden Jahre Daten zur Entwicklung der Determinanten zur Hand, lassen sich die CO2-Emissionen berechnen. Soweit die Theorie. Was wissen wir nun über die künftige Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes, über die Entwicklung des spezifischen Energieverbrauchs bzw. der Kohlenstoffintensität und mit welchen Werten können wir für 2030 rechnen? Da eigene Analysen realistischerweise nicht in Betracht kommen, bleibt nur der Weg, auf andere Prognosen zurückzugreifen.

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