Im Emissionshandel wird die Höchstmenge der jährlich noch zulässigen Emissionen tonnengenau festgelegt – und gleichzeitig realisiert, denn nur noch im Umfang der Cap werden Emissionsrechte ausgegeben

Im Emissionshandel wird die Höchstmenge der jährlich noch zulässigen Emissionen tonnengenau festgelegt – und gleichzeitig realisiert, denn nur noch im Umfang der Cap werden Emissionsrechte ausgegeben (Bild: Adobe Stock)

Jüngste Reformen haben zu einem starken Preisanstieg im Emissionshandel geführt. Um diese zu verstehen, wird in der folgenden Analyse erläutert, welche Funktion der CO2-Preis tatsächlich hat und warum die Befürworter sektoraler und nationaler Energiepolitik so vehement sein Versagen betonen. Und ein Faktencheck gemacht, um zu sehen, was der Emissionshandel tatsächlich im Klimaschutz erreicht hat.

Die vorherrschende öffentliche Meinung über das europäische Emissionshandelssystem lässt sich sehr einfach zusammenfassen: Bisher hat das System nicht funktioniert, weil die Preise für Emissionsrechte viel zu niedrig waren, aber jetzt, nach einigen Reformen, scheint es besser zu funktionieren, denn der Preis ist von 5 € auf zuletzt 25 € pro t gestiegen. Die wenigsten dürften wissen, worin diese Reformen genau bestehen, und welche Bedeutung der Preis in einem Emissionshandelssystem hat, ist der Öffentlichkeit mit Sicherheit nicht bekannt. Das liegt daran, dass die niedrigen Preise, die der europäische Emissionshandel bisher erzeugt hat, seit vielen Jahren als Argument benutzt wurden, um den Emissionshandel zu diskreditieren. Umweltverbände haben dies vor allem deshalb getan, weil sie das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) rechtfertigen wollten. Wenn der Emissionshandel funktioniert, dann ist die Förderung erneuerbarer Energien keine vernünftige Klimapolitik. Will man an der Förderung festhalten, muss man deshalb behaupten, dass der Emissionshandel versagt.

Die Diskreditierung des Emissionshandels hat noch einen weiteren Grund. Vor allem Vertreter von Industrien, die bisher nicht dem Emissionshandel unterworfen sind, äußern immer wieder, dass sie eine Ausweitung des Emissionshandels strikt ablehnen, weil sie befürchten, dass die Durchsetzung sektoraler Vermeidungsziele mit dem Instrument des Emissionshandels zu horrenden CO2-Preisen führen würde. Natürlich macht eine Ausweitung des Emissionshandels nur dann Sinn, wenn er mit der Aufgabe sektorspezifischer Zielvorgaben einhergeht. Deshalb sind diese Befürchtungen unbegründet. Dennoch wird immer wieder argumentiert, der Emissionshandel funktioniere nicht, um eine Ausweitung abzuwehren.

Wenn man die Bedeutung der letzten Reformen des Emissionshandels verstehen will, dann muss man zunächst klären, welche Funktion der Preis tatsächlich hat und warum die Befürworter sektoraler und nationaler Klimapolitik so erbittert behaupten, dass der Emissionshandel nicht funktioniert. Außerdem lohnt es sich, einen Blick auf die Fakten zu werfen, d.h. sich anzusehen, wie der Emissionshandelssektor tatsächlich beim Klimaschutz abgeschnitten hat.

Preise, Mengen und das Redundanzargument

Die Funktion des Preises

Der Emissionshandel ist ein zweistufiges Verfahren. Die erste Stufe besteht darin, dass die Höchstmenge der jährlich noch zulässigen Emissionen tonnengenau festgelegt wird. Damit legt der Planer sein ökologisches Ziel fest und er realisiert es zugleich, denn nur noch im Umfang dieser Höchstmenge [1] werden Emissionsrechte ausgegeben. In Europa wird die Höchstgrenze seit 2013 jährlich abgesenkt, so dass 2030 gegenüber 1990 (dem Referenzjahr) eine Reduktion von 40 % erreicht wird. Für die Erreichung dieses Ziels ist der Preis, der sich am Markt einstellt, vollkommen unbedeutend. Der Emissionshandel ist ein Mengeninstrument, kein Preisinstrument. Das ist auch gut so, denn für die Entwicklung des Klimas ist entscheidend, wie sich die CO2-Emissionsmengen entwickeln und nicht was es kostet, eine Tonne CO2 zu emittieren. Die zweite Stufe des Emissionshandels ist der Handel der Emissionsrechte. Der hat ausschließlich die Funktion, dafür zu sorgen, dass die Vermeidung, die notwendig ist, um die Höchstmenge nicht zu überschreiten, dort stattfindet, wo sie zu den geringstmöglichen Kosten erfolgt. Das gelingt, weil Emissionsquellen mit geringen Vermeidungskosten einen Anreiz haben, ihre Rechte an Quellen mit hohen Kosten zu verkaufen und deshalb verstärkt CO2-Vermeidung betreiben.

Im Gleichgewicht des Marktes für Emissionsrechte stellt sich ein Preis ein, der den Vermeidungsgrenzkosten der Emittenten entspricht. Ein niedriger Preis signalisiert deshalb, dass die Einhaltung der vorgegebenen Höchstmenge (die Realisierung des politisch gewollten Klimaziels) zu geringen Kosten möglich ist. Das ist eine gute Nachricht, denn es bedeutet erstens, dass das politische (Mengen-) Ziel erreicht wird, ohne dass den beteiligten Ökonomien hohe Lasten auferlegt werden müssen und zweitens bedeutet es, dass es Spielraum für eine Verschärfung des Mengenziels gibt. Beides ist positiv zu bewerten. Warum die niedrigen Preise ein Zeichen dafür sein sollen, dass der Emissionshandel nicht funktioniert, bleibt ein Rätsel.

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