Quantitative Verfahren setzen sich durch

Abbildung 4 zum Thema Risikobewertung und -Reporting der Zukunft- Risikobewertung und -Reporting der Zukunft

Abb. 4: Risikobewertung und -Reporting der Zukunft

Durch die erhöhte Komplexität und Dynamik im Unternehmensumfeld sowie den Anstieg der strategischen Relevanz des Risikomanagements ändern sich auch zukünftig die Anforderungen an die Methoden der Risikoidentifikation und -bewertung.

Quantitative Verfahren der Risikobewertung, wie beispielsweise stochastische Simulationsverfahren, gehören zur Best Practice im Risikomanagement und haben in den letzten Jahren zunehmend qualitative Verfahren der Risikobewertung abgelöst. Letztere werden in der Praxis hingegen noch häufig angetroffen. Dieser Trend wird sich nach Meinung der befragten Experten in den nächsten Jahren weiter verstärken: Der Einsatz von intelligenten Verfahren zur holistischen Erfassung und intelligenten Analyse und Berichterstattung von Risikodaten (Advanced Analytics) wird immer stärker zum Einsatz kommen (Abb. 4).

Daran angeknüpft wird sich nach einhelliger Meinung der Risikoexperten der Bedarf erhöhen, Risikoinformationen in Echtzeit systematisch zu erfassen, zu bewerten und entsprechend adressatengerecht den Unternehmensentscheidern zur Verfügung zu stellen. Hierbei wird der Fokus wesentlich stärker auf einer gesamtheitlichen unternehmens- bzw. ökosystemweiten Risikosteuerung liegen als heute. Im Industriesektor „Utilities“ sehen die Risikoexperten diese Entwicklung ambivalent: Zwei Drittel der befragten Experten stimmen dem Fokus auf Daten in Echtzeit und auf Ebene des Gesamtunternehmens zu. Die restlichen Experten sehen die manuelle Analyse und die Risikosteuerung ausgewogen auf Unternehmens- sowie Transaktionsebene weiterhin als notwendig an.

Die Verfügbarkeit und intelligente Nutzung von Daten wird zum strategischen Erfolgsfaktor für Unternehmen. Die Datenbasis, welche dem Risikomanagement zur Verfügung stehen wird, wird sich hierbei wesentlich erhöhen. Das Erfassen und Analysieren von Risikodaten in Echtzeit ermöglicht eine verbesserte Entscheidungsfindung sowie kontinuierliche Identifikation von Optimierungspotenzialen. Dies sind Themenfelder, mit denen sich ein Risikomanager künftig stärker beschäftigen wird.

Intelligente Sensoren revolutionieren das Risikomanagement

So bieten beispielsweise die technischen Fortschritte in der Sensortechnologie kombiniert mit dem zunehmenden Ausbau des „Internet of Things“ und die Entwicklung von intelligenten Risikoradaren enorme Möglichkeiten in der Erfassung und Auswertungen von strukturierten bzw. unstrukturierten Massendaten und der folgerichtigen Erkennung von „schwachen Signalen“ von Risiken und Chancen.

Durch das Verbauen von intelligenten Sensoren in miteinander vernetzten Geräten, wie beispielsweise Anwendungen, Maschinen oder Wearables („smart devices“), können prozess- bzw. systemrelevante Daten erfasst und in Echtzeit an eine zentrale Überwachseinheit übersendet werden. In Abhängigkeit der überwachten Zielparameter können Unternehmen automatisiert reagieren. Sensorsysteme ermöglichen es z.B., den Zustand von Produktionsmaschinen kontinuierlich zu überwachen und minimale Abweichungen vom Normalzustand sofort zu erkennen. In der Folge lassen sich Maschinenausfallrisiken drastisch reduzieren oder gänzlich vermeiden und Instandhaltungszyklen optimieren.

Risikoradare stellen wertvolle Datenquellen dar

Der Einsatz von Risikoradaren ermöglicht die Analyse von unstrukturierten Massendaten auf Basis von intelligenten semantischen Algorithmen. So lassen sich beispielsweise Nachrichtenartikel und Patentinformationen automatisiert auslesen, um relevante Informationen, Akteure, Events und Zusammenhänge zu identifizieren, die durch konventionelle Recherchen verborgen bleiben. Durch den Einsatz von lernenden Algorithmen wird die Auswertung der vorliegenden Daten sukzessiv präzisiert und optimiert. Algorithmusbasierte Analysen machen zusätzliche Informationen verfügbar und bewerten diese neutral nach gleichbleibenden Kriterien. So ermöglicht der Risikoradar von Horváth & Partners die Identifikation und Auswertung von vielfältigen strategischen Fragestellungen auf Basis von mehr als 250 Mio. Dokumenten und Datensätzen.

Intelligente Sensoren und Risikoradare zur Sammlung und Auswertung riesiger Datenmengen schaffen die Voraussetzung für die kontinuierliche Erfassung von Daten sowie die Identifikation und Überwachung von Risiken. Gleichzeitig bieten sie die Möglichkeit, direkt und automatisiert auf eintretende Risikosituationen zu reagieren oder diese gänzlich zu vermeiden.

Der Mensch im Fokus – Risikokultur bildet den zentralen Grundstein

Veränderte Rahmenbedingungen, neue Technologien und intelligente Methoden im Risikomanagement können nur zielgerichtet eingesetzt werden, wenn die Unternehmenskultur risikobewusst ausgerichtet wird. 87 % der befragten Risikomanager erachten eine offene und aktive Risikokultur, welche verantwortungsvolles und risikoorientiertes Denken und Handeln innerhalb des gesamten Unternehmens und dessen Netzwerkes fördert, als sehr wichtig. Auch hier äußern sich 100 % der Risikomanager im Industriesektor „Utilities“ positiv zur Anwendung einer aktiv und offen gelebten Risikokultur.

Eine stark ausgeprägte Risikokultur ermöglicht es den Mitarbeitern, bewusst und dezidiert Risiken einzugehen, um zielgerichtet Chancen im Einklang mit der Unternehmensstrategie zu realisieren. Handlungsfreiräume für den individuellen Mitarbeiter werden explizit geschaffen, eigenverantwortliches, agiles und verantwortungsbewusstes Arbeiten wird in einem dynamischen und komplexen Unternehmensumfeld zum Erfolgsfaktor.

Die Digitalisierung verändert zunehmend die Herangehensweise und Methodik des Risikomanagements innerhalb des Unternehmens. Durch die Verwendung von Verfahren, welche auf komplexen mathematischen Modellen basieren, werden Datenstrukturen analysiert und Risikoinformationen ermittelt, die in den Steuerungsprozess des Unternehmens einfließen.

Um die Akzeptanz dieser Verfahren und die daraus gewonnenen Informationen innerhalb des gesamten Unternehmens nachhaltig sicherzustellen, müssen die neuen Methoden und Sichtweisen zum Risikomanagement den Mitarbeitern zielgruppengerecht vermittelt werden. Der Wissensstand innerhalb des Unternehmens ist zu erweitern, damit Vertrauen in die Methoden geschaffen wird und (komplexe) Risikoinformationen verstanden und zielgerichtet in den Entscheidungsprozess integriert werden können. Die Etablierung einer risikoorientierten Unternehmenssteuerung stellt somit einen Lernprozess für das gesamte Unternehmen dar.

Unternehmen müssen den bewussten Umgang mit Risiken in ihrer Kultur verankern, um aktiv eine Risikokultur zu schaffen. Zentrale Anknüpfungspunkte für den Risikomanager sind die Etablierung von offenen Kommunikationsstrukturen, dezidiert eingesetzte Schulungs- und Weiterbildungsprogramme zum Risikomanagement, ein aktives Vorleben der Risikokultur durch die Unternehmensführung sowie im weiteren Verlauf die Ausrichtung der Anreizstruktur auf ein risikoorientiertes und risikosteuerndes Handeln.

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