Die Position eines Automobilkonzerns

Folgend soll nun schlaglichtartig die Strategie eines prominenten deutschen Automobilkonzerns unter die Lupe genommen werden. Deutschland stellt innerhalb der EU den mit Abstand größten Fahrzeugmarkt dar. Die dortige Automobilindustrie wiederum bildet ein Rückgrat der Wirtschaft des Landes und ist in besonderem Maße von den markanten Veränderungen des Mobilitätssektors und der Fertigung zentraler Komponenten innovativer Verkehrstechnik abhängig. Die Wahl für die Betrachtung fiel dabei auf die Bayerischen Motorenwerke (BMW), weil, wie sich zeigen wird, die praktische Umsetzung der Strategie des Unternehmens auch direkt in die Energiewirtschaft hineinreicht.

Grundsätzlich ließe sich die Frage stellen, ob und inwieweit es sinnvoll wäre, wenn die Konzerne hier die Entwicklung und Herstellung der Zellen und Module selbst in die Hand nähmen. Das wird am Ende vom Ergebnis der Abwägung sich innerhalb eines gewissen Zeithorizonts mit gewisser Wahrscheinlichkeit einstellender Vor- und Nachteile abhängen. Bei BMW sieht der Entwicklungsleiter des Electric-Powertrain, Stefan Juraschek, „keinen wettbewerbs-differenzierenden Vorteil in der Produktion der Zelle“ [6], obwohl das Unternehmen bereits 2018 über 140.000 Elektro-Fahrzeuge ausgeliefert hat und die Angebotspalette bis 2025 wenigstens 25 elektrifizierte Modelle ausweisen wird.

Stattdessen hat man bei BMW seit dem letzten Jahrzehnt durch Vernetzung in Kooperationsprojekten Expetise aufgebaut. Konkret sieht das so aus, dass man Zellen zwar selbst entwickelt, dann aber von Dritten fertigen lässt und schließlich den Zusammenbau zu Modulen und vollständigen Speichersystemen wiederum selbst bewerkstelligt. Hinsichtlich der Zellfertigung kooperiert man dabei mit dem Unternehmen Northvolt, das in Schweden eine Fabrik errichtet, die im nächsten Jahr den Betrieb aufnehmen und dann vorerst mit einer Kapazität von 8 GWh produzieren soll. Im Endausbau wird die Jahreskapazität 32 GWh betragen [7].

Was das künftige Recycling angeht, kooperiert man mit dem Unternehmen Umicore aus Hanau. Schließlich betätigt man sich energiewirtschaftlich als Bindeglied zwischen der Aussonderung ausgedienter Akkumulatoren aus den Fahrzeugen und dem letztendlichen Recycling, indem die Geräte aus den eigenerzeugten Elektromobilen vorher noch im großen Stil als stationäre Speicher eingesetzt werden.

Hierzu hat man im Leipziger Werk eine „Speicherfarm“ errichtet, in der seit Oktober 2017 ausrangierte Akkumulatoren des BMW-Modells i3 zusammengeschaltet sind. In Summe können das gegenwärtig bis zu 700 Speicher sein (die Option einer erheblichen Erweiterung besteht), von denen bei Inbetriebnahme allerdings noch 500 neue Aggregate verwendet wurden, weil es bis dahin noch zu wenig Anfall an alten Akkumulatoren des i3 gegeben hatte [8]. Die „Farm“ wird komplettiert durch vier Windturbinen und vermag deren Erzeugung in das Verbrauchsprofil des Automobilwerks, in dem täglich fast 1.000 Fahrzeuge mit klassischem und alternativem Antrieb vom Band rollen, zu integrieren. Die Speicher werden zur Primärregelleistung herangezogen. Die vermarktbare Leistung beträgt dabei 10 MW, die vermarktbare Kapazität liegt bei 15 MWh [9].

In der Gesamtschau lässt sich festhalten, dass BMW hinsichtlich der in den selbst hergestellten Fahrzeugen eingesetzten Akkumulatoren eine integrale Perspektive verfolgt, die am Ende von deren Konzeption bis hin zum Recycling reicht.

Ausblick

Wie wird sich die Zukunft auf dem Gebiet der Elektromobilität gestalten? Es liegt in der Natur der Sache, dass darüber keine verlässlichen Aussagen möglich sind, zumal in einer so stark vom technikinduzierten Wandel geprägten Zeit. Bei aller damit einhergehenden Dynamik: Der BMW-Vorstandsvorsitzende Harald Krüger meint allerdings: „In the next five years, …, you will see pure electric vehicles on a much larger scale“ [10].

Dafür werden Akkumulatoren benötigt und die Industrie wird mit entsprechender Fertigung reagieren. Nach und nach sollten dann in der Breite der Unternehmen und Staaten sinnvolle Wege gefunden und gegangen werden, die im Sinne einer kaskadenhaften Nutzung die Akkumulatoren nach ihrer Erstverwendung in Fahrzeugen zunächst noch weiter im stationären Betrieb einsetzen, bevor sie, den Rohstoffkreislauf schließend, dem Recycling zugeführt werden.

Literatur

[1] KBA: Neuzulassungsbarometer im Dezember 2018. Kraftfahrt-Bundesamt. Flensburg. www.kba.de. (26. Jan. 2019).

[2] BMWi: Rahmenbedingungen und Anreize für Elektrofahrzeuge und Ladeinfrastruktur. Bundeswirtschaftsministerium. Berlin. www.bmwi.de (28. Jan. 2019).

[3] Statista: Größte Hersteller von Batterien für Elektroautos weltweit nach Absatz in den Jahren 2015 bis 2017 (in Megawattstunden). Hamburg. www.statista.com (30. Jan. 2019).

[4] Benchmark Mineral Intelligence: Tesla’s Gigafactory to be the world’s biggest battery plant, but China will dominate electric vehicle lithium ion production for next decade. www.benchmarkminerals.com (31. Jan. 2019).

[5] Geers, T.: Batterien für Elektroautos. Altmaier will Subventionen für Batteriezellenproduktion in Europa. Köln. www.deutschlandfunk.de. (28. Jan. 2019).

[6] BMW: Innovationen in jeder Zelle. München. www.bmwgroup.com (26. Jan. 2019).

[7] Northvolt: Northvolt Ett. www.northvolt.com (30. Jan 2019).

[8] BMW: BMW Group demonstriert Führungsrolle im Bereich Elektromobilität. Presseinformation. München. 26. Oktober 2017.

[9] BMW: Fact Sheet Energy Services. München.

[10] BMW: Mut zur Mobilität. www.bmwgroup.com. (26. Jan. 2019).

Dr. W. Berger, Sokrates Consult, Kufstein/Österreich | wolfgang.berger@sokrates-consult.at
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