Energiewende-Index Deutschland: die Indikatoren im Überblick

Abbildung 1 zur Thematik Elektrifizierung durch Dekarbonisierung

Abb. 1 Wirtschaftlichkeit, Wertung H1 2018 und H2 2018

Der Energiewende-Index mit seinen 14 Indikatoren hat sich seit der letzten Erhebung im Herbst 2018 nicht verbessert: Weiterhin sind nur sechs Indikatoren in ihrer Zielerreichung als „realistisch“ eingestuft. Die Zahl der Indikatoren mit „unrealistischer“ Zielerreichung liegt unverändert bei sieben. Allerdings haben sich 11 Indikatoren im Detail durchaus verändert– sieben haben sich verbessert, vier verschlechtert. Für den Indikator „Interkonnektorkapazität“ liegen keine neuen Zahlen vor; er verbleibt deswegen in der Kategorie „leichter Anpassungsbedarf“.

Für zwei weitere Kennzahlen lagen zum Zeitpunkt der Indizierung noch keine neuen Daten vor. Somit verbleibt der Indikator „Arbeitsplätze in erneuerbaren Energien“ in der Kategorie „realistisch“. Für „Kosten für Netzeingriffe“ gilt die Zielerreichung weiterhin als „unrealistisch“. Der Indikator „Sektorkopplung“ bleibt mangels klar formulierter übergeordneter Ziele bislang ohne quantitative Bewertung.

Veränderung bei Indikatoren mit „realistischer“ Zielerreichung

  • Annäherung der Industriestrompreise in Richtung EU-Level: Während das Preisniveau für Strom auf EU-Ebene fast unverändert blieb, sanken die Strompreise für Industriekunden in Deutschland um weitere 3 %. Mit jetzt 8,6 ct/kWh liegen sie nur noch 5,1 % über dem europäischen Schnitt und damit unter dem Startwert im Index von 8,5 %, der die durchschnittliche Abweichung in den Jahren 2008 bis 2010 abbildete. Eine erneute Verschlechterung droht dem Indikator allerdings durch weiter steigende Netzentgelte und Börsenstrompreise (Abb. 1).
  • Erneuter Anstieg der Arbeitsplätze in stromintensiven Industrien: Seit 2016 steigt die Anzahl der Beschäftigten in diesem Sektor stetig. Im zweiten Quartal 2018 lag sie um mehr als 34.000 höher als ein Jahr zuvor. Dadurch verbessert sich der Indikator weiter und liegt mit jetzt 135 % klar über seinem Startwert von rund 1,6 Mio. Beschäftigten.
  • Stromerzeugung aus Erneuerbaren auf Rekordhoch: Vergangenes Jahr ist der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung nach ersten Schätzungen des Think Tanks Agora Energiewende um weitere zwei Prozentpunkte gestiegen und erreicht mit 38,2 % ein neues Rekordhoch. Damit eilt Deutschland dem gesetzten Ausbaukorridor weiter voraus (Abb. 2).
  • Mehr Ausfälle in der Stromversorgung: Der leichte Anstieg der Stromausfälle 2017 ist vor allem im Niederspannungsnetz auszumachen und hauptsächlich durch Extremwetterereignisse verursacht worden. Ein Zusammenhang mit dem hohen Anteil der Erneuerbaren konnte nicht festgestellt werden. Mit zuletzt 15,1 Minuten Stromausfall nimmt Deutschland im Europavergleich bei der Versorgungssicherheit nach wie vor einen Spitzenplatz ein (Abb. 3).
  • Gesicherte Reservemarge weiterhin über Plan: Die gesicherte Reservemarge deutscher Kraftwerke bewegt sich mit 4,7 % weiter auf einem hohen Niveau und verzeichnet damit in der Zielerreichung einen erneuten Anstieg gegenüber dem Vorjahr von 331 % auf 362 %.

Veränderung bei Indikatoren mit „unrealistischer“ Zielerreichung

  • CO2e-Emissionen vorübergehend gesunken: Der lange Sommer 2018 und die milde Wintersaison haben sich positiv auf die Emissionsbilanz ausgewirkt. Durch den witterungsbedingt deutlich geringeren Primärenergieverbrauch ist der CO2e-Ausstoß um 5,6 % gesunken. Das entspricht einer Einsparung von ca. 50 Mt CO2e gegenüber 2017. Mit aktuell geschätzten 854 Mt CO2e pro Jahr ist man jedoch noch weit von der Zielmarke von 750 Mt CO2e für 2020 und 563 Mt CO2e für 2030 entfernt. Der Indikator erreicht einen Wert von 66 % und muss – wie seit Beginn der Indexerhebung – als „unrealistisch“ eingestuft werden. Von einer grundlegenden Trendwende kann keine Rede sein.
  • Deutlich geringerer Primärenergieverbrauch: Gegenüber 2017 ist der Primärenergieverbrauch nach ersten Schätzungen um 4,8 % gesunken und hat damit wesentlich zur verbesserten CO2e-Bilanz des Jahres 2018 beigetragen. Ursache ist neben der milden Witterung auch die leicht gesunkene Nachfrage aus energieintensiven Industrien. Dadurch verbessert sich der Indikator sichtlich, ist aber weiterhin „unrealistisch“ in seiner Zielerreichung. Da die Verbesserung auch hier größtenteils auf den ungewöhnlich hohen Temperaturen des Jahres 2018 beruht, ist der Abwärtstrend voraussichtlich nicht nachhaltig und könnte sich in einem kalten Jahr wieder umkehren.
  • Stromverbrauch unverändert: Der Bruttostromverbrauch liegt gegenüber dem Vorjahr nahezu unverändert bei rund 600 TWh. Der Indikator steht bei 31 % Zielerreichung und verbleibt damit bis auf Weiteres in der Kategorie „unrealistisch“.
  • Haushaltsstrompreise europaweit gestiegen: Sowohl in Europa als auch in Deutschland sind die Haushaltsstrompreise angezogen. Da jedoch das EU-Preisniveau stärker gestiegen ist als in Deutschland, verbessert sich der Indikator leicht, verbleibt aber trotzdem mit einer Differenz von 38,3 % in der Kategorie „unrealistisch“.
  • EEG-Umlage leicht rückläufig: Steigende Börsenstrompreise und erhöhter Wettbewerb bei EEG-geförderten Neuanlagen haben zu einer leichten Absenkung der EEG-Umlage für 2019 geführt. Insgesamt verharrt die Umlage seit 2014 auf einem Niveau von knapp unter 7 ct/kWh , während die geförderte Strommenge im gleichen Zeitraum um 50 % gestiegen ist. Alles in allem bleibt der Indikator in seiner Zielerreichung „unrealistisch“.
  • Stark verzögerter Ausbau der Transportnetze: Mit nur 49 km Neutrassen in sechs Monaten vollzieht sich der Netzausbau weiterhin schleppend. Von den in den Ausbauplänen von EnLAG und BBPIG vorgesehenen 3.582 km bis 2020 sind insgesamt erst 961 km fertiggestellt. Das entspricht 35 % des aktuellen Zielwerts. Es bleibt abzuwarten, ob sich das Bautempo nach den Ankündigungen von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier erhöhen wird. Altmaier hatte im August 2018 einen „Aktionsplan Stromnetz“ vorgelegt, der vorsieht, den Netzausbau durch besseres Monitoring, beschleunigte Planungsverfahren sowie die Schaffung ökonomischer Anreize für die Netzbetreiber zu beschleunigen.
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