Symbolbild zum Thema Green Deal / Klimaziele 2030

In der Industrie und der Energiewirtschaft gibt der EU-ETS das Reduktionstempo vor (Bild: Adobe Stock)

Im Artikel werden dahingehend die bisherige Zielerreichung auf europäischer und deutscher Ebene sowie mögliche Zielverschärfungen und dafür erforderliche Maßnahmen beleuchtet.

Zielerreichung der EU und mögliche Anpassungen

Das im Jahr 2014 beschlossene Klimaschutzziel der Europäischen Union sieht zum Jahr 2030 eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um mindestens 40 Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990 vor. Zum Jahr 2018 hat die EU bereits einen Rückgang um 23 Prozent erreicht und damit das 2020er-Zwischenziel (20 Prozent Reduktion) übererfüllt, während die Wirtschaft um 61 Prozent gewachsen ist [1]. Offen ist jedoch die Erreichung des bestehenden Langfristziels für 2030, das durch zwei zentrale Stellschrauben verfolgt wird: das Europäische Emissionshandelssystem (EU-ETS) sowie das europäische Lastenteilungsabkommen (Effort-Sharing).

Zum Jahr 2019 lagen die im EU-ETS regulierten Emissionen der Energiewirtschaft und von Großteilen der Industrie mit knapp 1.530 Millionen Tonnen bereits um ein Drittel unter dem Ausgangsniveau von 2005, sodass das 2020-Ziel bereits übererfüllt wird (Abb. 1). Bis 2030 ist eine Reduktion um 43 Prozent geplant, von 2.368 auf knapp 1.350 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent [2]. Energiewirtschaft und Industrie haben somit bereits 62 beziehungsweise 48 Prozent der nötigen Reduktionspfade erreicht (Abb. 2) [3]. Dennoch deuten Prognosen der Europäischen Umweltagentur für 2030 auf eine unzureichende Emissionsreduktion hin, bedingt durch anhaltende Zertifikatsüberschüsse – trotz des Wirkens der Marktstabilitätsreserve [4].

Für die Nicht-ETS-Sektoren – vor allem Gebäude, Verkehr und Landwirtschaft – sind im Effort-Sharing differenzierte Ziele für die Mitgliedstaaten geregelt, die insgesamt eine Reduktion um 30 Prozent gegenüber 2005 ergeben sollen. Zum Jahr 2018 wurden bereits 11 Prozent Rückgang erreicht und damit das 2020-Zwischenziel übererfüllt (siehe Abb. 1). Dies beruht vor allem auf Reduktionen im Gebäudesektor, wohingegen im Verkehr und der Landwirtschaft kaum Fortschritte zu verzeichnen sind (siehe Abb. 2). Wie Abb. 3 zeigt, erfordern die 2030-Ziele ohnehin zusätzliche Maßnahmen in fast allen Mitgliedstaaten [5].

Insofern die EU eine Verschärfung des Emissionsreduktionsziels für 2030 auf 55 Prozent gegenüber 1990 vornimmt, würde dies eine zusätzliche Reduktion um über 840 Millionen Tonnen – mehr als die aktuellen Emissionen Deutschlands – auf knapp 2.520 Millionen Tonnen CO2 bedeuten. Für eine einfache Darstellung beziehen wir uns auf ein 55 Prozent-Ziel, obwohl die genaue Zielmarke noch offen ist. Etwaige Anpassungen im EU-ETS beziehungsweise Effort-Sharing sind noch unklar, aber für eine erste Abschätzung übertragen wir die Proportionen von 40 beziehungsweise 60 Prozent Emissionen auf das mögliche neue 2030-Ziel.

Eine dementsprechende Anpassung des EU-ETS würde dann eine Reduktion zu 2030 um 57 anstatt 43 Prozent gegenüber 2005 erfordern. Die Mehreinsparung von knapp 340 Millionen Tonnen entspräche fast den aktuellen deutschen Emissionen im EU-ETS. Für die Zielerreichung wäre in erster Linie eine Anpassung des linearen Reduktionsfaktors (LRF) notwendig. Bislang wurde dieser für die 4. Handelsperiode (2021-2030) auf 2,2 Prozent (ca. 48 Millionen Tonnen p.a.) festgesetzt. Das Cap müsste aber um etwa 80 Millionen Tonnen jährlich sinken, wobei für die entsprechende Anhebung des LRF auch Wechselwirkungen durch die Marktstabilitätsreserve zu berücksichtigen sind.

Die geplante Emissionsreduktion unter dem Effort-Sharing müsste analog von 30 auf etwa 47 Prozent gegenüber 2005 angehoben werden. Die zusätzlichen Einsparungen von knapp 500 Millionen Tonnen wären mehr als die Nicht-ETS-Emissionen Deutschlands. Denkbar ist eine proportionale Anhebung aller Zielmarken der Mitgliedstaaten entsprechend der grauen Balken in Abb. 3.

Mit Großbritannien verliert die EU einen ambitionierten Mitgliedstaat, sowohl im Hinblick auf den Anteil am Effort-Sharing als auch angesichts der bereits erreichten Emissionsreduktionen. Noch sind die Auswirkungen des Brexit unklar, etwa ob unionsweite Ziele dann auf die 27 verbleibenden Mitgliedstaaten umgerechnet werden, ob Großbritannien im EU-ETS bleibt und inwiefern Anpassungen im Effort-Sharing notwendig werden.

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