Wie lässt sich der Tunnelblick weiter Teile von Medien und Bevölkerung beim Klimawandel erklären?

Wie lässt sich der Tunnelblick weiter Teile von Medien und Bevölkerung beim Klimawandel erklären? (Bildquelle: Adobe Stock)

Wie kann man diesen Tunnelblick des überwiegenden Teils der Medien und weiter Teile der Bevölkerung, der ein effektiver Resonanzboden für politische Veränderungen ist, erklären?

In den vergangenen Jahren hat sich die Vorstellung durchgesetzt, dass bei mehr als 2°C über dem vorindustriellen Wert das Klimageschehen außer Kontrolle gerät. Dieser Wert folgt nicht zwingend aus wissenschaftlichen Untersuchungen, sondern ist das Ergebnis von politischen Kompromissen. Die Grundlage bildete ein Vorschlag der EU im Jahr 1996. Im „Kyoto-Protokoll“ wurde das 2°C-Ziel als UN-Klimakonvention vereinbart, im Pariser Abkommen für alle Staaten festgelegt. Nun fordern Klimaaktivisten, Politiker und Kommentatoren tiefgreifende Einschnitte in individuelle Lebensgewohnheiten. Dabei wollen sie nicht auf freie Entscheidungen und Marktmechanismen vertrauen. Notwendig seien Verbote.

Zum Charakter empirisch fundierter Modelle

Angesichts der weitreichenden Folgerungen ist ein emotionsfreier Blick auf den Charakter empirisch fundierter Modelle hilfreich. Ein Beispiel ist Robert Malthus´ Bevölkerungsgesetz. Seine Theorie beruht auf drei Annahmen: (1) Die Nahrungsmittelproduktion nimmt linear zu. (2) Die Bevölkerungszahl wächst schneller. (3) Die Unterschicht bekommt bei einer Verbesserung ihrer Lebensbedingungen mehr Kinder. Das vergrößert die bestehende Unterversorgung und führt zu einer sozialen Katastrophe. Malthus forderte eine Mischung aus individuellen Entsagungen und politischen Entscheidungen – sexuelle Enthaltsamkeit und Verzicht auf Armenhilfe. Prominente Wissenschaftler haben ihn unterstützt und Premierminister William Pitt der Jüngere hat eine von ihm geplante Armenhilfe abgesagt.

Die Theorie von Malthus war richtig, seine Prognose aber falsch. Wegen der Produktivitätssteigerung der Landwirtschaft durch Kunstdünger und Pestizide, Bewässerungstechniken und Landmaschinen wurde die Bevölkerung besser ernährt, obwohl sie stärker wuchs als angenommen. Das führt zum Kern des Problems. Alle wissenschaftlichen Prognosen beruhen auf mehreren Voraussetzungen: Die theoretischen Annahmen müssen richtig und vollständig sein. Die empirischen Daten müssen alle relevanten Aspekte erfassen und hinreichend genau sein und es dürfen keine unvorhersehbaren Ereignisse eintreten.

Das Modell von Malthus erfüllte mehrere dieser Voraussetzungen nicht. Unvorhersehbare Ereignisse gibt es immer wieder. Der Club of Rome bezifferte das Bruttoinlandprodukt pro Kopf Chinas für 1968 mit 90 US$ und sagte für 2000 eine Steigerung auf 100 US$ voraus [1]. Tatsächlich wuchs es bis 2018 auf fast das Hundertfache (9.530) [2]. Gleichzeitig nahmen die CO2-Emissionen pro Kopf von 1,17 auf 6,56 t pro Kopf zu – das sind fast 30 % der CO2-Emissionen weltweit. Die Wirtschaftsreformen unter Deng Xiaoping und deren Folgen konnte auch der Club of Rome nicht voraussehen.

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