Akzeptanz und Regulierung

MinDirig Michael Theben - Teilnehmer des Strategiegesprächs zum Thema: Wasserstoff – Schlüssel für das Energiesystem der Zukunft

„Wir verbinden mit Wasserstoff im Wesentlichen zwei Aspekte: zum einen hilft Wasserstoff, unsere Klimaschutzziele kosteneffizient zu erreichen und zum anderen liefert er die Antwort darauf, wie in einer defossilisierten Welt der industrielle Energie- und Rohstoffbedarf Deutschlands sicher und bezahlbar gedeckt werden kann. Neben in Deutschland erzeugten Wasserstoff brauchen wir dringend auch Importe. Zum einen verfügen wir nicht über ausreichend erneuerbar erzeugten Strom in Deutschland, zum anderen versprechen wir uns Kostenvorteile durch mehr Wettbewerb. Ein vielversprechender Weg, um diesen Wettbewerb zu ermöglichen, führt über das bestehende Pipelinenetz.“

MinDirig Michael Theben, Leiter der Abteilung Klimaschutz, Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes NRW, Düsseldorf

„et“: Wie schätzen Sie die Akzeptanz beim Thema Wasserstoffwirtschaft ein?

Lechtenböhmer: Bei diesem Thema sollte auf höchste Transparenz geachtet werden. Allerdings gibt es schon Wasserstoffpipelines in einem Umfang von etwa 240 km in NRW und etwa 90 km in Ostdeutschland. Zukünftig kommt es aber auch darauf an, bestehende Erdgaspipelines auf Wasserstoff umzurüsten und ggf. auch Strecken neu zu verlegen. Was sehr wichtig neben der Zertifizierung des Wasserstoffs ist, isteine geteilte klare politische Vision, wofür dieser notwendig ist.

Bergmann: Akzeptanz ist für uns eine wesentliche Voraussetzung. Beim Wasserstoff ist es so, dass vor Jahrzehnten das in Deutschland damals stark verbreitete Stadtgas einen Wasserstoff-Anteil von 50-60 % hatte. Von daher ist klar, dass wir damit umgehen können. Für Akzeptanz sind Transparenz und Dialog die Voraussetzung. Welche Diskussion man nicht anfangen sollte, ist CCS in Deutschland. Wir müssen aber dahin kommen, dass CO2-Transporte über Grenzen hinweg in Länder, wo CCS allgemein akzeptiert wird, stattfinden dürfen. Dazu brauchen wir ein verlässliches europäisches Zertifikatesystem.

Theben: Wir leben in einer Demokratie, in der die Bevölkerung das Recht hat, ihre Bedenken gegen neue Projekte zu äußern und auch ggfs. rechtlich überprüfen zu lassen. Die Umwidmung der bestehenden Leitungen stelle ich mir aber bei transparentem Vorgehen als weniger schwierig vor. Die Öffentlichkeit hat in der Regel eher Bedenken bei neuen Leitungen, wenn sie vor ihrer Haustür verlegt werden. Aber ich sehe es auch als Aufgabe der Landesregierung, die Öffentlichkeit mit dem Thema Wasserstoff vertrauter zu machen.  Wir müssen evtl. bestehende Bedenken und Sorgen auch der Bürger in diesem Zusammenhang ernst nehmen und für die Bedeutung des Wasserstoffs in einer klimaneutralen Zukunft werben.

„et“: Welche Fragen bzw. Probleme stehen bezüglich Regulierung im Raum?

Bergmann: Die Bundesnetzagentur legt das EnWG wörtlich aus. An einigen Stellen stellt sich da die Frage, ob gesetzestechnisch eine Abweichung intendiert war oder es hier nur an Präzision fehlt. Beispielsweise steht dort für Fernleitungsnetzbetreiber Erdgas, für Verteilnetzbetreiber aber Gas. Darunter könnte man auch den Wasserstoff subsumieren, aber eben nur auf der Verteilebene. Der Netzbetreiber ist zudem verpflichtet, grünen Wasserstoff aus Elektrolyse aufzunehmen. Wenn nun aber blauer Wasserstoff ins Netz drängt, ist die Genehmigung dafür von regulatorischer Seite noch komplett offen.

Es wäre sehr hilfreich, wenn das EnWG zeitnah, noch in dieser Legislaturperiode, dahingehend reformiert werden würde, Wasserstoff neben H- und L-Gas als dritte Gasqualität einzuführen. Erst dann kann die Bundesnetzagentur die Kosten dafür anerkennen. Die Frage, ob Wasserstofftransport wie der Erdgastransport zu behandeln ist, kann man von der des Anreizens des Markthochlaufs klar trennen. Beide verlangen separate Lösungen, die unabhängig voneinander sein können.

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