Baugebiet an der Afrastraße im bayerisch-schwäbischen Friedberg: Die Gebäude werden über ein kaltes Nahwärmenetz versorgt, das von der Brunnenstation (im Vordergrund) gespeist wird

Baugebiet an der Afrastraße im bayerisch-schwäbischen Friedberg: Die Gebäude werden über ein kaltes Nahwärmenetz versorgt, das von der Brunnenstation (im Vordergrund) gespeist wird (Bildquelle: LEW)

Sind fossile Energieträger verzichtbar, wenn es darum geht Häuser zu beheizen und deren Bewohner mit Warmwasser zu versorgen? Bei Neubauten lautet die Antwort eindeutig ja. Wichtigster Wegbereiter dafür sind die hohen energetischen Standards. So benötigen neue Gebäude heute nur noch rund 15 % der Heizleistung, wie sie bis zu den 1980er-Jahren bei neu errichteten Gebäuden üblich war. Der entscheidende Vorteil dabei: Der verbleibende Wärmebedarf kann bei Neu­bauten heute mit einer auf Niedertemperatur ausgelegten Gebäudeheizung gedeckt werden. Und die für ihren Betrieb erforderliche Wärme kann äußerst effizient und umweltschonend bereitgestellt werden – wenn zur Erzeugung eine Wärmepumpe eingesetzt wird.

Ihre Technologie ist ausgereift und sie deckt ihren Energiebedarf zu einem hohen Anteil aus lokal verfügbarer Umweltwärme. Wird für den Betrieb der Wärmepumpe dann noch ausschließlich „grüner“ Strom verwendet, ist kein Einsatz fossiler Energieträger mehr notwendig. Das Heizsystem gilt nach dem Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) zu den erneuerbaren Wärmeerzeugern und erfüllt damit die Vorgaben der Energieeinsparverordnung (EnEV).

Außerdem können Wärmepumpenbetreiber weitere, geldwerte Pluspunkte nutzen: Die Systeme können nicht nur heizen, sondern auch kühlen. Das erspart nicht nur Anschaffung und Installation einer zusätzlichen Klimaanlage. Die Gebäudekühlung über die Wärmepumpe ist zudem auch besonders energieeffizient. Und der nötige Betriebsstrom sowohl für den Heiz- wie für den Kühlbetrieb lässt sich zu einem Teil mit einer eigenen Photovoltaikanlage erzeugen. Summa summarum leisten Bauherren mit der Entscheidung pro Wärmepumpe damit einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz.

Hohe Energieeffizienz gleich hohe Kosten?

Besonders energieeffizient arbeiten Wärmepumpen, die ihre Energie über Grundwasserbrunnen oder über Sonden aus dem Erdboden ziehen. Sie erreichen in der Praxis Jahresarbeitszahlen zwischen 4 und 5. Mit 1 kWh Strom erzeugt die Wärmepumpe also 4 bis 5 kW Wärmeenergie – und das ganzjährig, also vor allem auch dann, wenn es darauf ankommt: bei winterlichen Temperaturen.

Für den Betrieb einer solchen Wasser-Wasser-Wärmepumpe muss sich der „Häuslebauer“ allerdings erst einen Zugang zur Wärmeressource Grundwasser erschließen. Und im Normalfall trägt die Kosten dafür der Bauherr – sowohl für Planung und Genehmigung als auch für die Einrichtung von Erdsonden oder Brunnen. Nicht so im neuen Baugebiet an der Afrastraße im bayerisch-schwäbischen Friedberg. Hier nutzen die Bauherren die im Grundwasser gespeicherte Erdwärme in ihrem Neubau ebenso einfach (und kostengünstig) wie einen Wasseranschluss.

Kalte Nahwärme

Der kommunale Clou dabei ist eine innovative und kosteneffiziente Lösung auf Quartiersebene: Die Stadt hat bereits im Vorfeld der Bebauung für die Erschließung der Wärmequelle Grundwasser gesorgt. In diesem Konzept sorgt also nicht mehr jeder einzelne Bauherr für die kostspielige Einrichtung von Erdsonden oder Brunnen als Wärmequelle. Vielmehr können jetzt viele einen einzigen, öffentlichen Zugang zur Erdwärme nutzen. Denn auch das Wärmenetz zur Verteilung der Umweltenergie bis zu den einzelnen Gebäuden ist im Zuge der Erschließung verlegt worden.

Die Stadtwerke Friedberg und das planende Energieunternehmen LEW aus Augsburg machen sich dabei eine Besonderheit zunutze: die „kalte Nahwärme“. Im Unterschied zu einem klassischen Nahwärmenetz geht bei der kalten Nahwärme auf dem Weg durch die Leitungen so gut wie keine Energie verloren.

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