Power-to-Gas

Damit in der bestehenden Gasinfrastruktur künftig grüne Gase transportiert werden können, ist eine systematische Markteinführung von Power-to-Gas-Anlagen notwendig. (Quelle: VNG AG/Dirk Brzoska)

Power-to-Gas-Anlagen (PtG) werden in Zukunft eine wichtige Rolle als Flexibilitätsoption darstellen, betont Stefan Kapferer, Vorsitzender der BDEW-Hauptgeschäftsführung auf dem BDEW-Kongress 2019. Dabei wird der notwendige PtG-Beitrag in verschiedenen Szenarien sehr unterschiedlich bewertet. Während die Klimapfad-Studie des BDI im 95 %-CO2-Reduktionsszenario für 2050 eine Kapazität von 11 GW PtX-Anlagen annimmt, sieht die Dena-Leitstudie bereits für das Jahr 2030 einen Bedarf von 15 GW an Erzeugungskapazität für Elektrolyseanlagen in Deutschland vor. Auch der Netzentwicklungsplan geht in dem Szenario C für das Jahr 2030 neben signifikanten Beiträgen weiterer Sektorenkopplungstechnologien von einer zu installierenden Leistung von 2 bis 3 GW an PtG-Anlagen aus.

Drei Ziele von Power-to-Gas

Mit Power-to-Gas-Anlagen sollen laut Kapferer im künftigen Energiesystem drei Ziele verfolgt werden: Erstens, einen Beitrag zur Flexibilisierung der Energieversorgung über die Sektoren hinweg. Zweitens, die Nutzbarmachung erneuerbarer Energie in den Sektoren Wärme, Verkehr und Industrie. Drittens, einen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten, durch die übersaisonale Speicherung von grünem Gas. „In der Zielerreichung stehen Power-to-Gas-Anlagen und deren Produkte dabei immer im technologieoffenen Wettbewerb zu anderen Anwendungen“, betont Kapferer. Daher ist für den großtechnischen Einsatz von PtG-Anlagen eine systematische Markteinführung notwendig, denn „Power-to-X ist momentan im Markt nicht wettbewerbsfähig“, so Kapferer. Dafür hat der BDEW ein Konzept für die kurz- und mittelfristige Markteinführung von PtG erarbeitet, das drei voneinander unabhängige Bausteine vorsieht.

Mechanismen für einen Absatzmarkt für grünen Wasserstoff

Baustein eins soll die Verwendung von Wasserstoff über marktnahe Mechanismen anreizen – zum Beispiel über die Anerkennung im Gebäudeenergiegesetzt und über die Ausweitung der Forschungs- und Entwicklungsförderung. Voraussetzung dafür ist laut BDEW, dass die grüne Eigenschaft des erneuerbar produzierten Stroms über Sektorengrenzen hinweg weitergegeben wird. Dies könnte zum Beispiel über ein europaweites Nachweissystem für grüne Gase erfolgen, ähnlich dem Biogasregister der dena in Deutschland. So könnte eine beständige Nachfrage nach grünen Gasen die Markteinführung der PtG-Anlagen fördern. Vor allem erneuerbarer Wasserstoff bietet sich laut BDEW als Einstiegsmarkt für den Absatz von PtG-Produkten an, weil die Wirtschaftlichkeitslücke vor allem mit Blick auf den Verkehrssektor und industrielle Prozesse am geringsten sei. 

So sieht der BDEW im Schienenpersonenverkehr großes Potenzial für den Einsatz von Wasserstoff. Rund 40 % des deutschen Schienennetzes sind bislang nicht elektrifiziert und werden zum großen Teil noch durch mit Diesel betriebene Lokomotiven bedient. Zukunftsorientierte Ausschreibungen der öffentlichen Hand könnten hier ein Türöffner für den Einsatz synthetischer grüner Gase sein. In industriellen Prozessen lässt sich laut BDEW der Einsatz von grünem Wasserstoff über die Anerkennung im Treibhausgasemissionshandelsgesetz anreizen.

Auch den Gebäudebereich sieht der BDEW als wirksamen Hebel zur Etablierung grüner Gase in der Wärmeversorgung. Dafür müssten jedoch diese Gase mit einem eigenen Primärenergiefaktor im Gebäudeenergiegesetz (GEG) berücksichtigt werden. Zusätzlich könnte eine zeitnahe nationale Umsetzung der Renewable Energy Directive (RED II) mit einer ambitionierten Berücksichtigung grüner Gase für Anreize sorgen.

Level-Playing-Field mit sektorenübergreifenden CO2-Bepreisung

Die hohe Abgaben- und Umlagenlast im Stromsektor ist laut BDEW ein wesentlicher Grund für die hohen Gestehungskosten von Sektorenkopplungstechnologien. Daher fordert der BDEW als Baustein zwei seines Konzepts, dass das Abgaben- und Umlagensystem an die neuen Erfordernisse der Energiewende angepasst werden. „Strom muss günstiger werden, fossile Brennstoffe müssen teurer werden“, bringt es Kapferer auf den Punkt. So lassen sich einheitliche Wettbewerbsbedingungen zwischen den unterschiedlichen Energieträgern nur durch eine verursacher- und sachgerechte Gestaltung von Abgaben, Umlagen und Regularien in den zu koppelnden Sektoren schaffen.

Der BDEW plädiert dabei für ein technologieoffenes Level-Playing-Field mit einer CO2-Bepreisung. So könnten sich die günstigsten Technologien zur CO2-Vermeidung durchsetzen und bestehende Technologien mit hohem CO2-Ausstoß verdrängen. Daher fordert der BDEW die zügige Einführung einer CO2-Bepreisung in allen Wirtschaftssektoren, die nicht am europäischen Handel mit CO2-Zertifikaten teilnehmen. „Wir müssen dem Treibhausgasausstoß vor allem im Verkehrs- und Gebäudesektor einen Preis geben, damit hier schnellstmöglich deutlich höhere CO2-Einsparungen erzielt werden“, betont BDEW-Präsidentin Marie-Luise Wolff. „Daher sollten die Energieträger im Verkehrs- und Gebäudesektor in Höhe des jeweiligen CO2-Zertifikatepreises im europäischen Emissionshandelssystem bepreist werden.“

Grüngas-Quote als Förderinstrument prüfen

Nur wenn diese Maßnahmen nicht zu einer Markteinführung synthetischer, grüner Gase führen, sollten laut BDEW spätestens Mitte der 2020er Jahre in einem dritten Schritt Förderinstrumente ins Auge gefasst werden. Dazu zählt der BDEW vor allem eine Verpflichtung für die Nutzung grüner Gase im Erdgasnetz, beispielsweise über eine Quote. Allerdings sollte laut BDEW eine Verpflichtung auf grüne Gase in ihren Auswirkungen immer so gering wie möglich und nur so weitreichend wie nötig gestaltet werden, zum Beispiel über eine mengenbezogene und/oder zeitliche Begrenzung. 

ew-Redaktion

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