Die bedarfsgesteuerte Nachtkennzeichnung stellt nicht nur eine Möglichkeit zu Steigerung der Akzeptanz dar. Vielmehr gewährt die Transponderlösung auch eine sichere und kostengünstigere Alternative für die Betreiber von Windenergieanlagen.

Die bedarfsgesteuerte Nachtkennzeichnung stellt nicht nur eine Möglichkeit zu Steigerung der Akzeptanz dar. Vielmehr gewährt die Transponderlösung auch eine sichere und kostengünstigere Alternative für die Betreiber von Windenergieanlagen. (Bildquelle: A.Zerndl/123RF.com)

Am 4. März 2020 hat die Bundesregierung nach langer Anlaufzeit eine Neufassung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen (AVV) auf den Weg gebracht. Diese sieht unter anderem die Einführung der Transponderlösung zur bedarfsgesteuerten Nachtkennzeichnung für Windenergieanlagen vor.

Allerdings trat die AVV in ihrer neuen Fassung nicht bereits im März in Kraft, sondern erst zum 1. Mai 2020. Grund hierfür waren Verzögerungen bei der abschließenden Ausfertigung der AVV.  Hersteller und Betreiber von Windenergieanlagen müssen die Verwaltungsvorschrift künftig beachten.

Die Änderungen sind wichtig, weil nach dem EEG 2017 ab dem 1. Juli 2021 die bedarfsgesteuerte Nachtkennzeichnung für viele WEA Pflicht ist. Die bisherige Fassung der AVV forderte für die bedarfsgesteuerte Nachtkennzeichnung eine Aktivierung »unabhängig von der technischen Ausstattung des Luftfahrzeugs«. Dies machte eine entsprechende Anpassung der Regelung notwendig, um im Einklang mit dem EEG 2017 die Transponderlösung rechtlich zu etablieren.

Nahezu 17 000 Anlagen profitieren von der neuen Regelung

Welche praktische Relevanz dieser Novellierung zukommt, verdeutlicht ein Blick auf die hiervon betroffenen Windenergieanlagen: Ende 2018 betraf dies knapp 17 000 Anlagen in Deutschland. Diese sollen nur noch dann zur Vermeidung von Kollisionen mit Luftfahrzeugen blinken, sofern sich ein solches tatsächlich nähert. Bei Umsetzungsversäumnissen droht schlimmstenfalls der Wegfall der Marktprämie.
Das EEG 2017 selbst nennt allerdings keine technischen Voraussetzungen. Ausschlaggebend hierfür ist die AVV. Die geplanten Neuerungen in der AVV beziehen sich insofern überwiegend auf die Anerkennung und Zulassung technischer Anforderungen zur Umsetzung der bedarfsgesteuerten Nachtkennzeichnung. Der Wirkungsraum der bedarfsgesteuerten Nachtkennzeichnung wird demnach gebildet durch den Luftraum, der sich um jedes Hindernis in einem Radius von mindestens 4 000 m erstreckt und vom Boden bis zu einer Höhe von 600 m über dem Hindernis reicht.

Transponderlösung möglich

Bislang ließ die AVV nur kostenintensive radarbasierte Systeme zu. Diese können je Installation bis zu 100 000 € kosten. Die neue Fassung der AVV sieht nunmehr auch die seitens der Windenergie gewünschte Möglichkeit der Transponderlösung vor. Hierbei werden Transpondersignale von Luftfahrzeugen gesendet und mit Antennen auf Windenergieanlagen empfangen. Die Transponderlösung ist für Anlagenbetreiber deutlich günstiger als radarbasierte Systeme. Mit dieser Änderung wird zudem der Gleichlauf mit den Standards und Empfehlungen der Internationalen Zivilluftfahrt Organisation (ICAO) hergestellt.

Andere hervorzuhebende Änderungen der AVV sind:

 

  • Systeme der bedarfsgesteuerten Nachtkennzeichnung sind durch eine vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zu benennende Stelle einer Baumusterprüfung zu unterziehen.
  • Vor Inbetriebnahme eines Systems der bedarfsgesteuerten Nachtkennzeichnung ist eine dahingehende Anzeige sowie Vorlage bestimmter Nachweise bei der zuständigen Luftfahrtbehörde erforderlich. Bei Annahme einer Gefährdung des Luftverkehrs durch den Betrieb der bedarfsgesteuerten Nachtkennzeichnung wird die Luftfahrtbehörde die Notwendigkeit einer dauerhaften Befeuerung feststellen.
  • Bis zu der normierten Höhenbegrenzung von 315 m wird die Befeuerung des Turms und der Gondel unabhängig von der Rotorblattlänge festgelegt. Bei darüber hinausgehenden Anlagen ist vom Antragsteller ein flugbetriebliches Gutachten mit Kennzeichnungskonzept vorzulegen.
  • Zusätzlich kann nunmehr eine Infrarotkennzeichnung auf dem Dach des Maschinenhauses anzubringen sein, sofern dies für den sicheren Ablauf des Luftverkehrs notwendig ist.
  • Neuinstallationen von Systemen, die bereits eine Anerkennung nach der AVV in ihrer aktuellen Fassung erhalten haben, sind noch fünf Jahre ab Inkrafttreten der neuen Fassung zulässig.
  • Der Betreiber hat im Rahmen des Wartungskonzepts alle sechs Monate die ordnungsgemäße Funktion des Systems zu überprüfen; die diesbezügliche Dokumentation ist zwei Jahre aufzubewahren.

Selbst mit dem Inkrafttreten der neuen Fassung der AVV wird die Einführung der Systeme der bedarfsgerechten Nachtkennzeichnung sowohl flächendeckend betrachtet als auch letztlich für jeden einzelnen Betreiber Zeit in Anspruch annehmen. Die Hersteller solcher Systeme müssen zunächst noch die Baumusterprüfung durchlaufen. Hierfür sind durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur – noch – hinreichende sachverständige Stellen zu benennen, die eine solche durchführen dürfen. Dies ist Voraussetzung zur Gewährleistung eines bundesweit ordnungsgemäßen und wirtschaftlichen Prüfungsrahmens für die Anbieter von Transponderlösungen. Im Anschluss hieran bedarf es der Produktion in hinreichender Zahl. Abschließend sind die Systeme den rechtlichen Vorgaben entsprechend vor Ort zu installieren und die Anzeigeverfahren zu durchlaufen. Insofern lässt sich gegenwärtig nicht ausschließen, dass durch die Auswirkungen von Sars-CoV-2 zusätzliche (relevante) Verzögerungen entstehen können.

Umsetzung bis Juli 2021 möglicher­weise fraglich

Mit fortschreitender Zeit stellt sich zunehmend die Frage, ob die bedarfsgesteuerte Nachtkennzeichnung – wie vom EEG 2017 vorgesehen – bis zum 1. Juli 2021 umgesetzt werden kann. Möglicherweise wird die Bundesnetzagentur die Frist (erneut) verlängern müssen. Umso wichtiger ist nunmehr eine rasche Umsetzung in der Praxis durch die beteiligten Akteure, damit eine fristgerechte Umstellung der Nachtkennzeichnung noch möglich ist.

Nichtsdestotrotz ist die Novellierung der AVV – wenn auch verzögert erfolgt – als wichtiger Schritt für die Windenergie zu begrüßen. Die bedarfsgesteuerte Nachtkennzeichnung stellt nicht nur eine Möglichkeit zu Steigerung der Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung dar. Vielmehr gewährt die Transponderlösung auch eine sichere und zugleich kostengünstigere Alternative für die Betreiber von Windenergieanlagen. Diese verfügen nun über ein Plus an Planungssicherheit, um ihren künftigen Pflichten besser nachkommen zu können. Das Inkrafttreten der AVV in ihrer neuen Fassung setzt damit einen Schlussstrich unter einen langwierigen Prozess.

David Ferrazini, Rechtsanwalt, Sterr-Kölln & Partner, Freiburg, david.ferrazini@sterr-koelln.com, www.sterr-koelln.com

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