Viele der von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen im Klimapaket erfordern umfangreiche politische Abstimmungen und komplexe legislative Verfahren. Dies zeigt eine erste Analyse von Dena und BBH.

Insgesamt 66 Maßnahmen müssen im Rahmen des Klimapakets in verbindliche legislative Vorgaben übersetzt werden. Dena und BBH haben für jede Maßnahme untersucht, welche Gesetze, Verordnungen und Normen geändert werden müssen. (Quelle: Deutscher Bundestag/Werner Schüring)

Die von der Bundesregierung verabschiedeten "Eckpunkte für das Klimaschutzprogramm 2030" stellen hohe Anforderungen an Politik und Gesetzgebung. Das zeigt eine erste Analyse, die die Deutsche Energie-Agentur (Dena) mit Unterstützung der Energie- und Infrastrukturkanzlei Becker Büttner Held (BBH) erarbeitet hat. Darin wird für alle 66 Maßnahmen des Klimapakets erläutert, welche Gesetze, Verordnungen und Normen geändert werden müssen.

In vielen Fällen wird deutlich, dass die Maßnahmen mit komplexen legislativen Verfahren verbunden sind und umfangreiche politische Abstimmungen erfordern.  Rund ein Viertel der Maßnahmen müssten zum Beispiel auch durch den Bundesrat. Umso wichtiger ist es nach Einschätzung der Dena, die Aufgaben unverzüglich anzugehen und die dafür nötigen Abstimmungsprozesse auf den Weg zu bringen.

Gesetzgeberische Herausforderungen

"Die Tragweite des Klimapakets ist groß, größer, als in der bisherigen Debatte wahrgenommen wird“, betont Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der dena-Geschäftsführung. „Das zeigt sich umso deutlicher, wenn man sich vor Augen hält, wie die politischen Beschlüsse in verbindliche legislative Vorgaben zu übersetzen sind.“ Um diese gesetzgeberische Herausforderung zu meistern, brauche es Konzentration und Verhandlungsbereitschaft auf allen Ebenen: in Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat, in Parteien und Verbänden, in Ländern und Kommunen.

Kuhlmann sieht darin aber auch eine große Chance. So könnten die Maßnahmen optimal für Klimaschutz, Verbraucher und Wirtschaftlichkeit ausgestaltet und der gesamtgesellschaftliche Dialog über Energiewende und Klimaschutz gestärkt werden. „Dabei können einige Maßnahmen sicherlich noch stärker an die ambitionierten Klimaziele für das Jahr 2030 und darüber hinaus angepasst werden."

Manche Punkte lassen sich laut dena-Analyse verhältnismäßig leicht umsetzen, zum Beispiel die Verbesserung der Energieberatung im Gebäudebereich, die CO2-bezogene Reform der Kfz-Steuer oder die Streichung des Ausbaudeckels für Photovoltaik. Komplex werde es dagegen nicht nur bei großen neuen Vorhaben wie der Einführung der CO2-Bepreisung, dem Ausstieg aus der Kohleverstromung oder der Entwicklung strombasierter Kraftstoffe. Selbst eine seit Langem bekannte und von vielen unterstützte Maßnahme wie die steuerliche Förderung der Gebäudesanierung ist laut Dena sowohl juristisch als auch in der Abstimmung anspruchsvoll. Dies zeigt das Beispiel der Einführung einer CO2-Bepreisung.

Notwendige Maßnahmen zur Einführung einer CO2-Bepreisung

Laut Klimapaket soll eine Bepreisung für CO2-Emissionen in den Sektoren Verkehr und Wärme in Form eines nationalen Emissionshandels eingeführt werden. Dieser richtet sich zunächst an die Inverkehrbringer/Lieferanten von Brenn- und Kraftstoffen. Sie sollen anfangs zu jährlich steigenden Festpreisen je Tonne CO2 Zertifikate erwerben müssen, beginnend mit 10 € im Jahr 2021 bis 35 € im Jahr 2025. Ab 2026 soll eine jährlich sinkende Menge an dann zu versteigernden Zertifikaten festgelegt und 2025 entschieden werden, ob diese Maßnahme ab 2027 durch einen Preiskorridor zwischen 35 und 60 €/t CO2 flankiert wird.

Die Grundlagen des Systems müssten laut Analyse von Dena und BBH entweder in einem eigenen Gesetz oder als Erweiterung eines bestehenden Gesetzes wie des TEHG oder des BImSchG gelegt werden. Dazu kämen analoge Regelungen zur EU-ZuVO und gegebenenfalls zur EU-RegVO. Ab 2026 müsste zusätzlich eine Rechtsgrundlage für die geplante Versteigerung geschaffen werden.

Soweit nicht auf die Länderverwaltungen – etwa indem die Ausgabe der Zertifikate der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt) übertragen wird – zugegriffen werden soll, könne das System laut Dena ohne Zustimmungsbedürftigkeit des Bundesrates implementiert werden. Soweit dies für die genaue Erfassung der dem Zertifikatehandel unterliegenden Brenn- und Kraftstoffmengen und der entsprechenden Kohlenstoffgehalte für erforderlich angesehen wird, seien jedoch auch Gutachter und Sachverständigen einzubeziehen, die in diesem Zusammenhang Verifizierungsaufgaben zu übernehmen hätten. Für die geplante Versteigerung der Zertifikate wäre eine hierfür geeignete Institution/Auktionsplattform auszuwählen.

Für das Schaffen eines eigenständigen deutschen Emissionshandels ist vor allem die Kompatibilität und Anschlussfähigkeit an künftige europäische Entwicklungen entscheidend, vor allem die Vereinbarkeit mit der europäischen Emissionshandelsrichtlinie. Ferner sind die finanzverfassungsrechtlichen Vorgaben des Grundgesetzes und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu beachten. Eine direkt an die Emission von CO2 anknüpfende Steuer dürfte von keinem Kompetenztitel der Finanzverfassung gedeckt sein. In Bezug auf die überlegte Preisobergrenze ist zu prüfen, ob diese der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an die finanzverfassungsrechtliche Zulässigkeit einer Sondervorteilsabschöpfungsabgabe genügt. Eine doppelte Bepreisung für CO2-Emissionen über den EU-Emissionshandel und die noch einzuführende Zertifikatepflicht für Brennstoffe ist zu vermeiden. Dies gilt insbesondere für Brennstoffe, die in TEHG-pflichtigen Heizkraftwerken zur Fernwärmeerzeugung eingesetzt werden.

ew-Redaktion

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