Abbildung der notwendigen Kompetenzen eines Netzbetreibers fuer die Einrichtung des Flexibilitaetsmarktes

Bild 1: Notwendige Kompetenzen eines Netzbetreibers zur Einrichtung eines Flexibilitätsmarktes

Im Rahmen des Sinteg-Projektes enera wird ein Flexibilitätsmarkt für regionale Wirkleistungsprodukte entwickelt. Hier können Netzbetreiber über eine Intraday-Handelsplattform der Epex Spot netzdienliche Flexibilitäten von Anbietern kontrahieren. Für die effiziente und effektive Nutzung müssen Netzbetreiber neue Kompetenzen und Prozesse aufbauen. Die Verfasser stellen diese überblicksartig dar und geben einen kurzen Ausblick auf die Ziele, die die Netzbetreiber in diesem Kontext verfolgen.

Im derzeitigen Strommarktdesign werden bei der Einsatzplanung von Kraftwerken und dem Bezug von Strom grundsätzlich keine netztechnischen Restriktionen berücksichtigt. In der Folge entstehen hohe Kosten durch nachträgliche Korrekturmaßnahmen wie dem Engpassmanagement (engl. Redispatch). Flexibilitätsmärkte eröffnen Potential zur kostengünstigeren Lösung von Netzengpässen, da sie einen aktiven Ausgleich zwischen regionalem Angebot und Nachfrage auf freiwilliger, marktlicher Basis ermöglichen.

Im Rahmen des Sinteg-Projektes enera wird ein entsprechender Intraday-Flexibilitätsmarkt entwickelt und soll operativ eingesetzt werden. Im Laufe der Entwicklung zeigt sich bereits, dass insbesondere Netzbetreiber neue Kompetenzen entwickeln müssen. Die Kompetenzen lassen sich in zwei Gruppen gliedern: einerseits Kompetenzen für die Implementierung des Flexibilitätsmarktes und andererseits für den operativen Betrieb des Flexibilitätsmarktes.

1. Identifizierung von Engpässen

Regelmäßig auftretende Netz- engpässe sind eine notwendige Bedingung für die Nutzung von Flexibilitätsmärkten. Netzbetreiber identifizieren potentielle Engpässe im Rahmen der Netzplanung. Häufig ergeben sich Engpässe durch das Anschlussbegehren dezentraler Erzeugungsanlagen. Neben der Möglichkeit des konventionellen Netzausbaus kann der Netzbetreiber bei der Netzplanung für PV- und Wind- energie-Anlagen das Instrument der »3-%-Spitzenkappung« nach Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) § 11 [2] berücksichtigen und das Netz entsprechend »schlanker« dimensionieren. In der Folge können zu Zeiten hoher Windenergie- und Photovoltaik(PV)-Einspeisung regelmäßig Engpässe im Netz auftreten. 

2. Entscheidung zur Nutzung eines Flexibilitätsmarktes

Nachdem Netzbetreiber die Netz- engpässe identifiziert haben, werden sie im operativen Netzbetrieb zunächst Maßnahmen zur effizienten Behebung der Engpässe gemäß § 13 Abs. 1 EnWG ergreifen. Wenn das Potenzial hierfür erschöpft ist, werden Notfallmaßnahmen nach
§ 13 Abs. 2 EnWG wie beispielsweise das Einspeisemanagement bei Erneuerbare-Energien-Anlagen durchgeführt. Zur Reduktion solcher Notfallmaßnahmen sollen zukünftig weitere z.B. auch kleinere dezentrale Flexibilitäten (wie  Verbraucher und Speicher) eingebunden werden.

Im Rahmen von enera wird die Einbindung von zusätzlichen Flexibilitäten für das Engpassmanagement mittels eines Flexibilitätsmarktes erprobt. Flexibilibätsanbieter haben hier die Möglichkeit, auf freiwilliger Basis Angebote für Flexibilitätspotenzial des von ihnen vermarkteten Anlagenportfolios einzustellen. Für Netzbetreiber ist es notwendig, für die Entscheidung zur Nutzung eines Flexmarktes zur Engpassbewirtschaftung das angebotsseitige Flexibilitätspotenzial abzuschätzen.

3. Zuschnitt von (enera-)Marktgebieten

Um den Netzbetreibern die gezielte Auswahl lokaler Flexibilität zu ermöglichen, müssen in den Flexibilitätsmarkt regionale, auf der Netztopologie basierende Informationen einfließen. Nur dann können Netzbetreiber einschätzen, ob und in welchem Maße Anlagen zur Behebung eines Engpasses beitragen können.

Dieses Zusammenspiel zwischen Netz und Markt erfolgt in dem enera-Ansatz über die Zuordnung der lokalen Orderbücher zu den sogenannten (enera-)Marktgebieten. Marktgebiete sind die kleinstgranulare Einheit und bilden engpassfreie Netzregionen ab, innerhalb derer alle Anlagen näherungsweise die gleiche Sensitivität auf alle möglichen Engpässe haben und Anbieter ihre Anlagen poolen können. Abhängig von der Vermaschung des Netzes kann sich die Anzahl der Anlagen in den Marktgebieten signifikant unterscheiden.

4. Zertifizierung der Flexibilitätsanbieter

Sowohl aus Sicht der Netzbetreiber als auch aus Sicht der Flexibilitätsanbieter ist es erforderlich, dass die technischen Anlagen dem richtigen (enera-)Marktgebiet zugeordnet werden. Außerdem müssen die entsprechenden Anlagen gemäß ihres Typus klassifiziert werden, da dies Auswirkungen u.a. auf die Form der Nachweisführung hat.

Aus diesen Gründen ist in enera eine Zertifizierung der Flexibilitätsanbieter und ihrer zu vermarktenden Anlagen erforderlich. Jeder Netzbetreiber führt diese Zertifizierung mit dem Flexibilitätsanbieter für alle in seinem Netz angeschlossenen Anlagen durch. Dabei tauschen sie die relevanten Anlagenstammdaten aus und vereinbaren die IT-technischen Voraussetzungen zur Datenlieferung zwecks Nachweisführung.

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