Schwerlastverkehr auf Fernstraßen mit erneuerbarem Strom

Mit Oberleitungen kann der Schwerlastverkehr auf Fernstraßen mit erneuerbarem Strom versorgt und dekarbonisiert werden. (Quelle: Siemens)

In einer umfangreichen Teilstudie haben IKEM-Forscher das Zusammenspiel von Infrastruktur-, Energieversorgungs- und Mobilitätsakteuren beim ERS-Betrieb rechtswissenschaftlich untersucht und weiteren Forschungsbedarf hinsichtlich der Regulierung dieser Sektorkopplungstechnologie aufgezeigt.

Im Projekt Amelie II forscht das IKEM zu den Voraussetzungen für eine Elektrifizierung des Güterschwerlastverkehrs mittels Oberleitungen. Diese Form des ERS kann zukünftig als Ergänzung zum Ladepunktnetz entlang von Autobahnen errichtet werden, um das Laden auch während der Fahrt zu ermöglichen. Aktuell wird die Technologie auf mehreren Teststrecken in Deutschland erprobt. Parallel dazu untersucht Amelie II, wie Aufbau und Betrieb einer Oberleitungsinfrastruktur ökonomisch und rechtlich gestaltet werden können.

»Bei ERS kommen viele Aufgaben und unterschiedliche Akteure – z. B. Logistikunternehmen, Infrastrukturbetreiber und Stromlieferanten – zusammen. Im Initialprojekt Amelie sind wir u. a. der Frage nachgegangen, wie die Abrechnungsprozesse zwischen den Beteiligten möglichst effizient strukturiert werden können. So entstand ein Akteursmodell, dass wir in Amelie II rechtlich geprüft und weiterentwickelt haben«, erklärt Giverny Knezevic, wissenschaftliche Referentin am IKEM und Mitautorin der Studie.

»Die ERS-Technologie befindet sich an der Schnittstelle von Straßen- und Energierecht, wird jedoch von keinem dieser Rechtsgebiete ausreichend adressiert. Deshalb ist auch unklar, welches Finanzierungsin­strument – etwa Maut oder Netzentgelte – zur Anwendung kommen soll. Eine rechtliche Einordnung der Oberleitungsinfrastruktur durch den Gesetzgeber ist dringend erforderlich«, sagt Friederike Pfeifer, Leiterin des Fachbereichs Mobilität am IKEM.

Die jetzt vorgelegte erste Teilstudie hat verschiedene Varianten für eine solche Einordnung untersucht. Sie kommt zu dem Schluss, dass die Finanzierung der Infrastruktur und die Fahrstromabrechnung getrennt organisiert werden sollten.

»Für eine zügige Dekarbonisierung des Güterschwer­lastverkehrs müssen wir den Aufbau der Oberleitungsinfrastruktur schnell auf den Weg bringen und zielgerichtet fördern. Deshalb empfehlen wir, die Infrastruktur rechtlich als Teil der Straße zu betrachten. Die Kosten, die durch den Betrieb der Oberleitung entstehen, können dann z. B. über die bestehende LKW-Maut umgelegt werden«, so Knezevic.

»Der Strom, den die Lkw an der Oberleitung beziehen, muss dagegen privatrechtlich abgerechnet werden – eine Einbeziehung dieser Kosten in das Mautsystem ist rechtlich nicht möglich. Um besser auf die speziellen Anforderungen des Oberleitungssystems eingehen zu können, sollten energierechtliche Aspekte des Oberleitungssystems in einer eigenständigen Regulierung für ERS und nicht direkt im EnWG erfasst werden«, ergänzt Pfeifer.

Ein entsprechender Regulierungsvorschlag ist Bestandteil der zweiten Teilstudie, die voraussichtlich im Herbst 2022 erscheinen wird.

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