Die Realisierung großflächiger Solar- und Windprojekte in Deutschland verlangt heute nicht mehr nur technisches Know-how.

Die Realisierung großflächiger Solar- und Windprojekte in Deutschland verlangt heute nicht mehr nur technisches Know-how. (Quelle: freepik)

Gleichzeitig zeigen sich die Rahmenbedingungen jedoch herausfordernd. Die Verfügbarkeit geeigneter Flächen, komplexe Genehmigungsprozesse und die wachsenden Anforderungen an die Netzintegration verlangen nach einer professionellen Planung und Umsetzung. Der Weg vom Konzept zur fertigen Anlage ist längst kein Selbstläufer mehr. Worauf es heute bei der erfolgreichen Realisierung von Großprojekten ankommt, zeigt der folgende Beitrag.

Projektentwicklung erneuerbare Energien als Basis nachhaltiger Projekte

Bereits in der Konzeptionsphase entscheidet sich, ob ein Solar- oder Windprojekt später erfolgreich realisiert werden kann. 

Eine fundierte Projektentwicklung für erneuerbare Energien umfasst dabei mehr als nur die technische Planung: Sie berücksichtigt auch die individuellen Umweltaspekte, die lokale Akzeptanz, die Finanzierungsmöglichkeiten sowie die gesamte regulatorische Landschaft. 

Projekte, die diesen Faktoren frühzeitig Aufmerksamkeit schenken, minimieren Risiken und vermeiden spätere Verzögerungen. Besonders bei Großprojekten wirken sich Fehleinschätzungen erheblich auf die Zeitpläne und Budgets aus.

Standortwahl: Die Grundlage für Effizienz und Genehmigungsfähigkeit

Eine der wichtigsten Entscheidungen betrifft die Wahl des Standorts. Für Windprojekte müssen zahlreiche Faktoren berücksichtigt werden, wie die Windverhältnisse, die Abstände zur Wohnbebauung, die Naturschutzauflagen und die Höhenbegrenzungen im Umfeld von Flughäfen. 

Während einige Bundesländer, wie zum Beispiel Niedersachsen, vergleichsweise flexible Vorgaben machen, existieren in Bayern nach wie vor strikte Abstandsregelungen, etwa in Form der 10H-Regel, welche die Projektentwicklung stark einschränken.

Im Bereich der Photovoltaik werden vor allem Flächen auf Konversionsstandorten, entlang von Autobahnen oder auf landwirtschaftlich benachteiligten Böden bevorzugt. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz 2023 schafft hierfür spezielle Ausschreibungssegmente. Daneben wird die Nähe zu bestehenden Umspannwerken zunehmend zu einem entscheidenden Faktor, da die Einspeisung großer Energiemengen erhebliche Netzkapazitäten erfordert.

Genehmigungsverfahren: Reformbedarf trotz neuer Gesetzesinitiativen

Die Genehmigungsverfahren für große Wind- und Solarprojekte gestalten sich komplex und dauern in Deutschland im Durchschnitt mehrere Jahre. 

Artenschutzgutachten, Umweltverträglichkeitsprüfungen und Beteiligungsverfahren gehören dabei zum Standard. Die Bundesregierung hat 2023 mit dem Windenergie-an-Land-Gesetz und Anpassungen im Bundesnaturschutzgesetz jedoch neue Grundlagen geschaffen, um die Genehmigungen zu beschleunigen. Dazu zählen unter anderem feste Fristen für Behörden und standardisierte Prüfverfahren.

Dennoch zeigt sich die Umsetzung regional nach wie vor sehr unterschiedlich. Manche Bundesländer gestalten ihre Verfahren mittlerweile tatsächlich effizienter, andernorts hemmen jedoch Personalmangel und Bürokratie den Fortschritt weiterhin. 

Die Verfügbarkeit erfahrener Gutachter und die frühzeitige Klärung potenzieller Konfliktpunkte stellen in diesem Zusammenhang daher wesentliche Erfolgsfaktoren dar.

Bürgerbeteiligung: Akzeptanz fördern, Widerstände abbauen

Große Energieprojekte stoßen immer wieder auf Skepsis in der Bevölkerung. Eine frühzeitige Transparenz und entsprechende Beteiligungsangebote sind immens wichtig, um die Akzeptanz zu erhöhen. 

Das EEG 2021 gibt Betreibern von Windenergieanlagen beispielsweise die Möglichkeit, Standortkommunen finanziell zu beteiligen – bis zu 0,2 Cent pro eingespeister Kilowattstunde. Zudem etablieren immer mehr Projektträger spezielle Modelle der Bürgerbeteiligung, etwa in Form von Bürgerstromtarifen oder direkten Investmentmöglichkeiten. 

Der Vorteil liegt auf der Hand: Wer selbst profitiert, unterstützt auch die entsprechenden Projekte eher. Erfolgreiche Beispiele wie die Bürgerwindparks in Schleswig-Holstein zeigen, dass Mitbestimmung und finanzielle Teilhabe den entscheidenden Unterschied machen.

Flächenkonkurrenz: Lösungen zwischen Landwirtschaft und Energiewende

Gerade bei Freiflächen-Photovoltaikanlagen wird die Konkurrenz um landwirtschaftlich genutzte Flächen spürbar. 

Eine Lösung bietet die Agri-Photovoltaik, kurz Agri-PV, bei der landwirtschaftliche Produktion und Stromerzeugung auf derselben Fläche kombiniert werden. In einigen Pilotprojekten zeigte sich bereits, dass Kulturen wie Himbeeren, Salate oder Kartoffeln von der Teilbeschattung durch Module profitieren, unter anderem aufgrund des reduzierten Wasserbedarfs und des besseren Schutzes vor Wetterextremen.

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft unterstützt die Erforschung dieser Ansätze aktiv. Agri-PV wird künftig eine wichtige Rolle spielen, wenn es darum geht, Flächen effizient zu nutzen, die Erzeugung zu diversifizieren und die gesellschaftliche Akzeptanz zu fördern.

Netzintegration: Engpässe als Risiko für Großprojekte

Selbst die besten Standorte und ausgefeiltesten Projektpläne nützen allerdings wenig, wenn der erzeugte Strom nicht ins Netz eingespeist werden kann. 

In vielen Regionen fehlt es noch immer an ausreichender Netzkapazität. Der Netzentwicklungsplan 2037/2045 zeigt, dass in Deutschland rund 14.000 Kilometer neue Stromleitungen erforderlich sind, um die Energiewende zu bewältigen.

Für Projektentwickler bedeutet das: Eine frühzeitige Abstimmung mit Netzbetreibern ist zwingend erforderlich. Technische Lösungen wie Batteriespeicher, regelbare Ortsnetztransformatoren oder intelligente Steuerungssysteme gewinnen ebenfalls an Bedeutung, um Netzengpässe zu vermeiden oder zumindest abzumildern.

Darüber hinaus gewinnen digitale Planungswerkzeuge, eine optimierte Baustellenlogistik und resiliente Lieferketten in dem Kontext an Bedeutung. Der zunehmende Fachkräftemangel in der Energiebranche erfordert zudem neue Ansätze in der Personalplanung und Weiterbildung. Nur, wenn diese Faktoren ebenfalls berücksichtigt werden, können die steigenden Anforderungen bei der Umsetzung künftiger Großprojekte erfüllt werden.

Finanzierung: Power Purchase Agreements auf dem Vormarsch

Der klassische Weg über die EEG-Vergütung spielt bei großen Projekten eine immer geringere Rolle. Stattdessen gewinnen langfristige Stromabnahmeverträge, die Power Purchase Agreements, an Bedeutung. Unternehmen wie BASF oder Mercedes-Benz nutzen solche PPAs bereits, um ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen und sich langfristig günstige Strompreise zu sichern.

Für Projektentwickler bieten PPAs Planungssicherheit, setzen aber auch eine genaue Kenntnis der Marktmechanismen voraus. Bankfähigkeit, Bonität des Abnehmers und flexible Vertragsgestaltung sind entscheidende Punkte, um die Projekte erfolgreich zu finanzieren.

Umwelt- und Artenschutz: Anspruch und Realität in Einklang bringen

Darüber hinaus bleibt die Naturverträglichkeit eines der sensibelsten Themen. Besonders der Schutz von Vogel- und Fledermausarten führt häufig zu strengen Auflagen oder der Ablehnung von Windkraftprojekten. Die Gesetzesreformen 2023 zielen darauf ab, die Verfahren zu standardisieren und rechtssicherer zu gestalten.

Ein Beispiel ist das bundeseinheitliche Artenhilfsprogramm, das für stark betroffene Arten, wie zum Beispiel den Rotmilan, alternative Schutzmaßnahmen in Form von Ausgleichsflächen oder optimierte Betriebszeiten vorsieht. Frühzeitige, detaillierte Untersuchungen der Flora und Fauna im Projektgebiet bleiben jedoch unverzichtbar, um Konflikte zu vermeiden.

Ganzheitliches Denken als Erfolgsrezept

Die Realisierung großflächiger Solar- und Windprojekte in Deutschland verlangt heute nicht mehr nur technisches Know-how. Eine erfolgreiche Projektentwicklung setzt auf umfassende Standortanalysen, die enge Abstimmung mit den Behörden und Netzbetreibern, eine aktive Einbindung der Bevölkerung sowie flexible Finanzierungsstrategien. 

Mit der Bereitschaft, interdisziplinär zu denken, die lokalen Besonderheiten ernst zu nehmen und innovative Konzepte wie Agri-PV oder die Bürgerbeteiligung frühzeitig einzuplanen, lassen sich entscheidende Vorteile erzielen. 

In einer zunehmend komplexen Projektlandschaft entscheidet am Ende also auch die strategische Weitsicht und gesellschaftliche Sensibilität maßgeblich über den Erfolg.

Ähnliche Beiträge