Stromzähler

Die Zeit für Ferraris-Stromzähler läuft ab. Doch die Nachfolger können fehlerhafte Messwerten liefern. (Foto: Buddensiek)

Eine gemeinsame Untersuchung der University of Twente (UT) und der Hogeschool van Amsterdam (HvA) schreckt auf. Bisher galten die im Einsatz befindlichen, sogenannten „intelligenten Stromzähler“ als besonders genau und zuverlässig.

In den Niederlanden wie auch in Deutschland werden immer mehr der sogenannten Ferraris-Stromzähler, erkennbar an der bekannten rotierenden Aluminiumdrehscheibe, durch elektronische Stromzählervarianten ersetzt. Sie befinden sich seit der Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) und der neuen Messzugangsverordnung seit Januar 2010 auch in Deutschland verstärkt auf dem Vormarsch. Der Einbau dieser elektronischen Zähler ist seitdem auch hierzulande bei Neubauten und Modernisierungsmaßnahmen vorgeschrieben.

Elektronische Stromzähler generieren falsche Messstände

Schon länger gibt es jedoch Hinweise darauf, dass elektronische Stromzähler in der Praxis zu hohe Werte ausweisen können. Das war der Anlass für Frank Leferink, Professor für Electromagnetic Compatibility an der UT, näher zu untersuchen, inwieweit elektronische Zähler tatsächlich falsche Messstände generieren können. Zusammen mit Cees Keyer und Anton Melentjev von der HvA testete er neun verschiedene elektronische Zählermodelle. Es ging dabei um Stromzähler, die zwischen 2004 und 2014 produziert wurden. Sie wurden über ein Schaltpult an verschiedene Verbrauchsquellen wie Energiesparleuchten, Öfen, LED-Lampen und Dimmer angeschlossen. Die Forscher verglichen anschließend den tatsächlichen Verbrauch des Systems mit den auf den elektronischen Stromzählern angezeigten Werten.

Fünf der neun Stromzähler-Fabrikate wiesen in den (wiederholbaren) Experimenten einen Wert aus, der weit über dem tatsächlichen Stromverbrauch lag. Bei bestimmten Versuchsanordnungen lag er bis zu 582 % höher. Zwei Zähler zeigten einen um 30 % niedrigeren Wert an. Die größten Abweichungen gab es, als Dimmer in Kombination mit Stromspar- und LED-Lampen angeschlossen waren. Cees Keyer, Dozent für E-Technology an der HvA: „Wir sprechen über Labortests, aber wir haben ganz ausdrücklich keine realitätsfernen Bedingungen geschaffen.“

Zeitgemäße Verbraucher im Zählerdesign nicht ausreichend berücksichtigt

Die Erklärung für die abweichenden Messergebnisse ist der technische Aufbau der Zähler in Kombination mit einer zunehmenden Nutzung von modernen, häufig energiesparenden Geräten. Bei diesen folgt der aufgenommene Strom nicht mehr einer perfekten Wellenbewegung, sondern einem „abrupteren“ Muster. Die Entwickler der Stromzähler hätten diesem Trend in nicht ausreichendem Maße Rechnung getragen. 

Die Forscher zerlegten die Zähler und stellten fest, dass die getesteten Stromzähler, in denen eine sogenannte „Rogowski-Spule“ verbaut war, ein zu hohes Ergebnis lieferten. Demgegenüber gaben Zähler mit einem „Hall-Sensor“ zu geringe Werte wieder. Leferink: „Die Stromzähler, die wir untersuchten, genügten alle gesetzlichen Vorschriften und waren zertifiziert. Die gesetzlichen Vorgaben berücksichtigen zeitgemäße Verbrauchsgeräte offenbar zu wenig.“

Was können Verbraucher tun?

Mutmaßlich nicht korrekt arbeitende Stromzähler können durch zertifizierte Gutachter überprüft werden. Die Kosten für diese Kontrolle müssen Verbraucher jedoch selbst tragen, wenn die Prüfung ergibt, dass der Zähler fehlerfrei zu funktionieren scheint. Das in den Niederlanden übliche Testverfahren berücksichtigt jedoch solche Verbrauchsgeräte, die mit für die Abweichungen verantwortlich sind, nur unzureichend und ist damit nach Ansicht der Forscher ungeeignet, um fehlerhafte Messstände erkennen zu können. Dieses Problem bestehe möglicherweise auch in Deutschland. Leferink und Keyer raten Verbrauchern, die an ihren Zählerständen zweifeln, mit ihren Energielieferanten Kontakt aufzunehmen. 

Die Ergebnisse der Forschungsarbeit wurden unter dem Titel „Static Energy Meter Errors Caused by Conducted Electromagnetic Interference“ in der Fachzeitschrift „IEEE Electromagnetic Compatibility Magazine“ veröffentlicht.

Volker Buddensiek

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