Matthias Knödler, Stadtwerke Schwäbisch Hall: (Bild: Stadtwerlke Schwäbisch Hall)
Die Stadtwerke Schwäbisch Hall GmbH bietet unter dem Dach ihrer Dienstleistungssparte Sherpa-X die Heizkostenabrechnung als Full-Service an. Als White-Label-Lösung soll das Produkt anderen Energielieferanten und Stadtwerken per Service zur Verfügung gestellt werden. Die Redaktion der EuroHeat&Power sprach darüber mit Matthias Knödler, Bereichsleiter Energiewirtschaft der Stadtwerke Schwäbisch Hall, und Dr. Rolf Weber, Inhaber des PPR-Instituts und Berater bei dem Projekt.
EHP: Herr Dr. Weber, als ehemaliger Manager bei Techem und aus Ihrer aktuellen Beratertätigkeit kennen Sie sich im Markt der Messdienste bestens aus. Welche Entwicklungen beobachten Sie?
Weber: Der Markt für Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung in Deutschland ist bekanntlich seit jeher oligopolistisch geprägt. Die drei größten Messdienste vereinen heute rd. 75 % Marktanteile auf sich. Allerdings geraten die großen Player aktuell unter Druck. Aus verschiedenen Richtungen bauen sich Kräfte auf, die am bestehenden System rütteln. Die Energieeffizienz-Richtlinie der EU verlangt mehr Verbrauchs-transparenz, die nur durch eine ausschließlich digitale Verbrauchs-erfassung zu erreichen ist. Die Sektorenuntersuchung des Bundeskartellamts hat wettbewerbsbehindernde Praktiken der Messdienste identifiziert, wozu vor allem die proprietären Funksysteme zählen. Seitdem ist der Trend zu offenen Funkprotokollen wie dem Open-Metering-Standard nicht mehr aufzuhalten. Das Messstellenbetriebsgesetz öffnet Versorgern zudem durch attraktive Bündelangebote den Weg zu den Heizkostenverteilern und Wohnungswasserzählern.
EHP: Wie reagieren die Kunden der Messdienste auf diese Situation?
Weber: Teils ist das Interesse in der Wohnungswirtschaft nicht sehr stark ausgeprägt, weil die Messdienstkosten auf die Immobiliennutzer umgelegt werden können. Oft fehlt es auch an Sachkenntnis, sich aus bestehenden Vertragsbeziehungen zu lösen und günstigere Lösungen zu finden. Andererseits haben immer mehr Wohnungsbesitzer und -verwalter genug von überhöhten Messdienstkosten und suchen nach alternativen Anbietern – oder sogar einen Weg, die Heizkostenabrechnung ihrer Liegenschaften selbst in die Hand zu nehmen.
EHP: Also rechnen sich die Stadtwerke Schwäbisch Hall gute Chancen aus, als Dienstleister für die Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung zu punkten?
Knödler: Eindeutig ja. Wer wie ein Stadtwerk ohnehin mit den örtlichen Wohnungsbesitzern und -verwaltern geschäftliche Beziehungen pflegt, hat eine gute Ausgangsposition. Als kommunaler Versorger kann man mit Abrechnungsdiensten in fast allen Kundensegmenten erfolgreich sein. Der Schwerpunkt sollte jedoch klar auf den Selbstverwaltern und den kleinen und mittleren Hausverwaltungen und Wohnungsunternehmen liegen. Kommunale Wohnungsgesellschaften und Körperschaften der öffentlichen Hand mit oft umfangreichen Gebäudebeständen sind eine weitere naheliegende Zielgruppe.
EHP: Wie groß schätzen Sie das Potenzial ein?
Knödler: Im Verband der Deutschen Immobilienverwalter sind 2 600 Hausverwaltungen mit 5,9 Mio. Nutzungseinheiten organisiert. Davon verwalten 58 % weniger als 1 000 Nutzungseinheiten und nur 18 % mehr als 3 000 Nutzungseinheiten. Wir gehen davon aus, dass es in Deutschland insgesamt mehr als 10 000 Hausverwaltungen gibt. Die nicht organisierten Hausverwaltungen sind im Durchschnitt deutlich kleiner, sehr wahrscheinlich weit unter 1 000 Nutzungseinheiten. Da die Hausverwaltungen überwiegend regional agieren, können Stadtwerke diese gut adressieren.
EHP: Wie groß ist das Stück vom Marktkuchen, das sich Stadtwerke abschneiden können?
Knödler: Unser Geschäftsmodell – und damit das Geschäftsmodell der unseren Service nutzenden Stadtwerke – funktioniert natürlich nur, wenn es gelingt, eine hohe Anzahl von abzurechnenden Wohnungen auf unsere Plattform zu holen. Dafür sehen wir gute Chancen, vor allem bei Besitzern und Verwaltern kleiner bis mittelgroßer Wohnungskontingente, die mit dem bestehenden Partner unzufrieden und schon Kunden bei den mitmachenden Stadtwerken und Versorgern sind. Unsere Umfrage im Partnerkreis bestätigt dies. Bei allen Stadtwerken, die schon Sherpa-X-Kunden sind, ist das Interesse groß, selbst Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung als Service anbieten zu können.