Professor Dr.-Ing. Ulf Schwalbe (r.) von der Hochschule Fulda mit seiner Forschungsgruppe Elektromobilität und erneuerbare Energien bei der Inbetriebnahme des intelligenten Second-Life-Batteriespeichers auf dem Gelände des Klinikums Fulda.

Professor Dr.-Ing. Ulf Schwalbe (r.) von der Hochschule Fulda mit seiner Forschungsgruppe Elektromobilität und erneuerbare Energien bei der Inbetriebnahme des intelligenten Second-Life-Batteriespeichers auf dem Gelände des Klinikums Fulda. (Quelle: Hochschule Fulda)

Den Ausbau der Schnellladeinfrastruktur voranbringen und dabei Umwelt und Ressourcen schonen - wie das funktionieren kann, zeigt der Prototyp eines Second-Life-Batteriespeichers, der jetzt im osthessischen Fulda ans Netz gegangen ist. Entwickelt haben ihn Wissenschaftler der Hochschule Fulda in Kooperation mit Ingenieuren ihres Praxispartners OsthessenNetz GmbH.

Ein zweites Leben für ausgediente Batterien

Die Lösung verlängert den Lebenszyklus von Lithium-Ionen-Batterien aus der Elektromobilität und bindet diese in ein zweites Anwendungsszenario ein. Denn in der Regel haben die ausgedienten E-Fahrzeug-Batterien noch eine Restkapazität (State-of-Health) von etwa 85 Prozent oder mehr.

Die Batterien sind in einen Container verbaut und damit flexibel an verschiedenen Netzknotenpunkten einsetzbar. Als eine Art Puffer speichern sie Energie, wenn besonders viel davon im Stromnetz verfügbar ist und geben sie wieder ab, wenn erforderlich. So wird schnelles Laden von E-Fahrzeugen möglich, ohne dass das Energienetz am Anschlusspunkt überlastet wird.

"Batteriespeicher sind gut geeignet, um die starken Auswirkungen auf die Netze abzumildern, die sich durch fluktuierende Einspeisung von Sonnen- und Windenergieanlagen auf der einen und durch kurzfristig hohen Leistungsbedarf, zum Beispiel durch Ladeparks, auf der anderen Seite ergeben", erläutert Dipl.-Ing. Sven Kunkel, Projektverantwortlicher auf Seiten des lokalen Netzbetreibers Osthessennetz GmbH. "Teurere Maßnahmen zur Netzstabilisierung und Versorgungssicherheit lassen sich damit minimieren oder teilweise verhindern."

Integration ins Netz durch intelligente Leistungsteuerung

Mit seinem Team hat Projektleiter Prof. Dr.-Ing. Ulf Schwalbe von der Hochschule Fulda ein speziell auf das Second-Life-System ausgelegtes Energiemanagementsystem zur intelligenten und effizienten Betriebsführung des Batteriespeichers entwickelt. Steuerungs- und Regelungsalgorithmen sorgen dafür, dass der Speicher nachlädt oder wieder in das Netz entlädt, wenn es zur Stromnetzentlastung erforderlich ist. Das System lässt sich auch als Zwischenspeicher für eine Photovoltaikanlage konfigurieren. Weiterhin ist der flexible Einsatz als Unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV) möglich. Der Speicher kann damit auch klassische Notstromaggregate teilweise ersetzen.

"Wir sind in den Anwendungsmöglichkeiten sehr flexibel. Das System passt sich durch seine intelligenten Algorithmen automatisch dem Anwendungsfall an und verfügt über Selbstdiagnosealgorithmen zur Überwachung der Batterien. Es sind nur sehr wenige Parameter bei Inbetriebnahme einzustellen", erläutert Schwalbe.

Der Prototyp stellt zwei Ladepunkte mit Gleichstrom und zwei mit Wechselstrom für das Fahrzeugladen bereit und hat eine nutzbare Kapazität von 180 kWh sowie eine Ladeleistung von bis zu 150 kW für moderne Elektrofahrzeuge. Der Container ist gegen Diebstahl und Vandalismus gesichert und bietet eine hohe Anschlagssicherheit aufgrund intelligenter Selbstdiagnose und eines robusten Aufbaus.

Skalierbare Lösung für verschiedene Anwendungsszenarien

Das System verspricht eine Skalierbarkeit auf bis zu 1 MWh Kapazität und bis zu 400 kW Ladeleistung je Ladepunkt. Das Forschungsteam will nun die Erfahrungen mit dem Prototyp nutzen, um einen dezentral und universell einsetzbaren, ortsflexiblen, modularen Batteriespeicher mit einer Kapazität von etwa 1 MWh zu entwickeln - ebenfalls aus gebrauchten Lithium-Ionen-Batterien aus der Elektromobilität. Damit ließe sich zum Beispiel auch der Einfluss von Ladeparks an Autobahnen auf das elektrische Netz reduzieren.

Darüber hinaus arbeiten die Wissenschaftler daran, die verschiedenen Anwendungsszenarien wie Netzflexibilisierung, Spannungsglättung, Einspeise-Pufferung aus erneuerbaren Energieanlagen, Leistungsbereitstellung für Hochleistungsverbraucher oder Bereitstellung von Regelleistung bestmöglich miteinander zu kombinieren.

ew-Redaktion

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