Stromnetze und damit der Netzbetrieb sind steigenden Herausforderungen unterworfen. Volatile Erzeugung aus erneuerbaren Energien rüttelt an den Flexibilitätsgrenzen und auf der Verbraucherseite steht der Ausbau der Elektromobilität an. Gleichzeitig sollen die Netze Marktkopplung und einen transnationalen Stromhandel ermöglichen, während die dynamische Stabilität durch Wegfall von Großkraftwerken sinkt und der unverzichtbare Netzausbau dem Netzentwicklungsplan zum Teil dramatisch hinterherhinkt.
Die zeitlich beziehungsweise örtlich bereits heute punktuell kritische Netzauslastung – Milliardenbeträge für Redispatch und die steigende Zahl an Netzeingriffen sprechen hier eine deutliche Sprache – muss weiter erhöht werden. Die technischen Werkzeuge hierzu sind nicht grundsätzlich neu. Beispiele hierfür sind die Erhöhung der Stromgrenzwerte durch witterungsabhängigen Betrieb von Freileitungen oder die Nutzung der thermischen Reserven von Transformatoren. Allerdings werden die Reaktionszeiten kürzer und gleichzeitig die Szenarien komplexer.
Intelligente Betriebsführung erhöht Netzstabilität und -auslastung
Eine weitere Erhöhung der Netzauslastung ist ohne intelligente Leitsysteme beziehungsweise Assistenzsysteme kaum denkbar. In kurzen Zyklen müssen vorausschauende Netzberechnungen durchgeführt werden – dynamisch und statisch –, die ergänzt mit meteorologischen Daten zuverlässige dynamische Zustandsvorhersagen liefern. Drohende kritische Netzzustände werden so erkannt, woraus mit Unterstützung innovativer Leitsysteme zum Teil auf Basis probabilistischer oder selbstlernender Verfahren zuverlässige Handlungsempfehlungen zur Unterstützung des Systemführers entstehen. Erste Anwendungen derartiger Assistenzsysteme zur (Teil-)Automatisierung der Netzbetriebsführung werden bereits in der Praxis eingesetzt.
Intelligentes Betriebsmittel: Betriebsführungsperspektive
Eine notwendige Voraussetzung für die beschriebenen intelligenten Netzführungssysteme ist die IT-technische Anbindung der Betriebsmittel auf der Basis standardisierter Informationen. Ist ein Transformator zum Beispiel mit einem intelligenten Betriebssystem an die Netzleittechnik angebunden, so ist durch nahtlose Integration in den Workflow der dynamischen Netzberechnung ein dynamisches Limit-Loading des Betriebsmittels realisierbar. So lassen sich Netzengpässe beziehungsweise Re-Dispatch-Maßnahmen reduzieren. Das Ergebnis sind eine Erhöhung der Systemstabilität und Übertragungskapazität.
Beyond Monitoring: Asset Management
Intelligente Betriebsmittel sind Voraussetzung für eine zustandsbasierte Steuerung der Flottenerneuerung und Grundlage für die effiziente Lenkung von Instandhaltungsmaßnahmen. So lassen sich Capex- und Opex-Kosten deutlich reduzieren.
Intelligente Transformatoren sind Voraussetzung für künftige Anforderungen
Viele künftige Anforderungen im Bereich der Betriebsführung und des Asset-Managements setzen intelligente Transformatoren voraus. Als natürliche Netzknoten im Stromnetz bilden sie die zunehmend kritische Schnittstelle zwischen zwei Spannungsebenen. Aufgrund der langen Wiederbeschaffungszeiten verbunden mit dem hohen Anschaffungswert und dem weltweit hohen Flotten-Durchschnittsalter werden sie künftig stärker in den Fokus von Resilienzbetrachtungen und eines effizienten Asset-Managements rücken.