In dem Forschungsprojekt BANULA wurde gezeigt, wie E-Mobilisten ihren eigenen Stromlieferanten an die öffentliche Ladesäulen „mitnehmen“ können.

In dem Forschungsprojekt BANULA wurde gezeigt, wie E-Mobilisten ihren eigenen Stromlieferanten an die öffentliche Ladesäulen „mitnehmen“ können. (Quelle: TransnetBW)

„Wir konnten mit unserem Konsortium zeigen, dass der Übergang von öffentlichen Ladesäulen in das Modell des virtuellen Bilanzierungsgebietes reibungslos verläuft und der Normalbetrieb der Ladesäulen garantiert ist“, zeigt sich Tobias Egeler, Leiter Netzwirtschaft bei TransnetBW, zufrieden mit dem Ergebnis des Feldversuchs. Die Bewirtschaftung des virtuellen Bilanzierungsgebiets, in dem sich die Ladesäule befindet, wurde als Dienstleistung vom Berliner Start-up decarbon1ze GmbH übernommen. Hierfür wurde die entsprechende Ladesäule an die Softwarelösung von decarbon1ze angebunden.

Laden mit eigenem Stromlieferanten parallel zum bestehenden Roaming-Modell

Durch die Einführung eines Default-Lieferanten bleibt der Zugang zu Ad-hoc-Ladevorgängen, Roaming und anderen Tarifen des Ladepunktbetreibers (Charge Point Operator, CPO) jederzeit erhalten. Dieses Vorgehen macht es den Betreibern von Ladepunkten so einfach wie möglich, die Ladeinfrastruktur für die Durchleitung zu Hause, am Arbeitsplatz oder unterwegs zu öffnen.

„Die neue Möglichkeit, den Stromvertrag zum intelligenten Ladepunkt mitzunehmen, ermöglicht ‚echten Fahrstrom‘, der auch korrekt bilanziert wird, und damit neue und innovative energiewirtschaftliche Angebote für Flotten von Stromlieferanten und Elektromobilitätsdienstleistern. Ladepunktbetreiber können damit bei Ausschreibungen punkten“, erklärt Knut Hechtfischer, CEO von decarbon1ze.

BANULA-Modell möchte bestehende Marktteilnehmer bestmöglich integrieren

Ein aktuell wichtiger Bestandteil für ein funktionierendes Geschäftsmodell der CPOs für öffentliche Ladesäulen sind die Margen, die durch den Stromabsatz entstehen. Für den zukünftigen wirtschaftlichen Betrieb durch den CPO wird ein Infrastrukturentgelt festgelegt („Preis je kWh ohne Strom“), das den Ladepunktbetreiber für die Bereitstellung seiner Ladesäule für andere Lieferanten entlohnt. Durch dieses Vorgehen sollen wesentliche Hemmnisse für Ladepunktbetreiber beim Übergang in das virtuelle Bilanzierungsgebiet beseitigt werden. Zudem kann parallel das bestehende Roaming-Modell reibungslos weitergeführt werden.

„Kunden des Stadtwerks am See aus Friedrichshafen konnten problemlos ihr Elektroauto an der Ladesäule der badenova in Breisach mit dem vom Stadtwerk am See eingekauften Strom laden – ohne Roaming-Kosten. Gleichzeitig konnten Bestandskunden von badenova sowie Roaming-Kunden an derselben Ladesäule weiterhin von badenova unter Anwendung der ladevorgangsscharfen Bilanzierung versorgt werden“, bringt es Hannes Meyer-Schönbohm, Projektleiter Elektromobilität beim Energiedienstleister badenova aus Freiburg, auf den Punkt.

Hintergrund

Das Forschungsprojekt BANULA besteht aus acht Partnern aus Wissenschaft und Industrie, die gemeinsam alle relevanten energiewirtschaftlichen Rollen der Elektromobilität abbilden. Im Projekt wird die Mitnahme des eigenen Stromlieferanten an die Ladesäule durch virtuelle Bilanzierungsgebiete konzeptionell ausgearbeitet und umgesetzt. Im aktuellen Feldtest in Breisach wird hierzu die Software von Decarbon1ze eingesetzt, um die Funktionalität und den Wettbewerb in einem virtuellen Bilanzierungsgebiet zu demonstrieren.

Das Projekt baut auf den von der Bundesnetzagentur im Jahr 2021 vorgelegten „Netzzugangsregeln zur Ermöglichung einer ladevorgangscharfen bilanziellen Energiemengenzuordnung für Elektromobilität (NZR-EMob)“ auf. Diese ermöglichen Ladepunktbetreibern grundsätzlich den Betrieb einschließlich Wettbewerb der Lieferanten und schreiben die Einführung eines virtuellen Bilanzierungsgebietes vor, in dem die Ladevorgänge bilanziell den jeweiligen Lieferanten nach den einschlägigen Regeln der Marktkommunikation zugeordnet werden.

Peter Majer, Leiter der Unternehmensentwicklung- und Innovationsabteilung vom Stadtwerk am See, sieht darin eine große Chance: „Die Lösung, Ladesäulen in einem virtuellen Bilanzkreis abzubilden, ermöglicht es auch kleineren EMPs ihren Kunden deutschlandweit Fahrstrom ohne Roaming anzubieten“.

Mehr Transparenz und Sicherheit durch dezentrale Blockchain Lösung

Im BANULA-Projekt wird ein starker Fokus auf die Aspekte IT- Sicherheit und Datentransparenz gelegt – hierfür wird eine passgenaue Softwarelösung auf Basis der Blockchain-Technologie entwickelt. Die Software erfüllt die Anforderungen für das Bewirtschaften virtueller Bilanzierungsgebiete und sorgt durch einen dezentralen und Open-Source-Ansatz für die notwendige Transparenz in der Prozesslandschaft und stärkt damit das Vertrauen in die, den Bilanzkreisen zugeordneten Energiemengen. Darüber hinaus können durch eine kontrollierte Weitergabe von Informationen aus der Blockchain Mehrwertdienste für die Branche angeboten werden, wie beispielsweise Einblicke in Echtzeit-Ladelasten für Netzbetreiber und fälschungssichere Autorisierungs- und Abrechnungsdienste für Betreiber von Ladeinfrastruktur. Diese und weitere energiewirtschaftliche Anwendungsfälle, wie beispielsweise netzdienliches Laden, werden in weiteren Feldtests verprobt.

ew-Redaktion

Ähnliche Beiträge