Stefanie von Andrian: Eine wichtige Anforderung an das Quartier der Zukunft ist die Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Nutzungen und Lebensweisen.

Stefanie von Andrian: Eine wichtige Anforderung an das Quartier der Zukunft ist die Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Nutzungen und Lebensweisen. (Quelle: EnBW)

In den vergangenen Wochen und Monaten waren viele gezwungen, sich intensiv mit ihrer persönlichen Wohnsituation auseinanderzusetzen. Schnell wurde deutlich, was im Wohnraum, im Quartier und im Viertel gut funktioniert und was nicht. Und viele haben sich zum ersten Mal intensiv mit der Frage beschäftigt: »Wie möchte ich eigentlich in Zukunft leben?«

Geht es nach der EU-Kommission, dann leben wir künftig vor allem emissionsfrei. Der Green Deal und das Sammelsurium an Energierichtlinien, -strategien und -verordnungen sollen dafür den Weg weisen. Der Immobiliensektor reagiert entsprechend mit Null-Energie- sowie Plus-Energie-Projekten und investiert vermehrt in die Verbesserung der Energieeffizienz bei der Gebäudesanierung sowie in den energieoptimierten Betrieb von Bestandsgebäuden.

Ganzheitlich betrachtet gehen die Ziele einer nachhaltigen Quartiersentwicklung deutlich über den Energiebereich hinaus. Denn intelligente und nachhaltige Lösungen für zukunftsfähige Quartiere berücksichtigen sowohl technologische als auch soziale, ökologische und wirtschaftliche Entwicklungen.

In meiner Wunschvorstellung sind lebenswerte Quartiere lebendige Orte und offen für neue Wohn- und Lebenskonzepte und für gesellschaftliche Vielfalt. Hier leben mehrere Generationen und Einkommensschichten in klassischen ­Single-, Paar-, Familien- oder Clusterwohnungen zusammen. Die Vernetzung unter den Menschen funktioniert gut und ist eine Bereicherung in vielen Lebensbereichen – sei es persönlich oder mit modernen Kommunikationsmitteln. Energie und natürliche Ressourcen werden schonend und verantwortungsvoll genutzt, E-Mobilität mit E-Bikes, E-Rollern und E-Autos ist einfach und flexibel nutzbar. Der Verkehr ist intelligent geregelt und Warenströme sind effizient organisiert. Informations- und Kommunikationstechnologien leisten ihren Beitrag zur Erhöhung der Lebensqualität und vereinfachen das Zusammenleben.

Eine wichtige Anforderung an das Quartier der Zukunft ist daher eine Anpassungsfähigkeit, die ganz unterschiedliche Nutzungen und Lebensweisen zur selben Zeit am selben Ort zulässt und künftige Nutzungsanforderungen antizipiert.

Dafür sollten die Möglichkeiten der Digitalisierung sinnvoll genutzt werden. Technologien entwickeln sich rasant weiter und die Technikakzeptanz in der Gesellschaft hat durch die Pandemie spürbar zugenommen. Beispielsweise kaufen viele Senioren Lebensmittel mittlerweile nicht nur im Supermarkt, sondern auch im Netz. Lieferdienste und der Online-Handel boomen. Während die digitalen Landschaften blühen, entstehen in vielen Innenstädten unattraktive Brachen. Städte und Gemeinden sollten die Digitalisierung nicht einfach geschehen lassen, sondern zielgerichtet und aktiv im Sinn einer nachhaltigen und integrierten Stadtentwicklung für ihre Bürger nutzen.

Wie das gehen kann, zeigt ein Projekt, das EnBW zurzeit mit der Stadtwerke-Jena-Gruppe unter dem Motto »Wir machen die Platte smart« durchführt. Die Stadtwerke-Jena-Gruppe saniert und entwickelt rund 270 Wohneinheiten von Thüringens größter Wohnungsgesellschaft jenawohnen im Stadtteil ­Lobeda zu einem »Smarten Quartier der Zukunft«. Alle Wohnungen werden mit smarten Funktionen ausgestattet, die beispielsweise Energiesteuerung, telemedizinische Anwendungen sowie Mobilitäts- und Logistikangebote ermöglichen. Basis für das smarte Quartier in Jena-Lobeda ist die zentrale EnBW-Quartiersplattform MiQmunity. Damit können die Bewohner Licht, Heizung und Video-Klingel zentral über ein ­Tablet oder Smartphone steuern, die Haustür öffnen und den Energieverbrauch darstellen. Über integrierte Kommunikationsmodule können die Mieter direkt Kontakt zu ihrem Vermieter aufnehmen, ein digitales Schwarzes Brett einsehen und befüllen oder mit ihren Nachbarn kommunizieren. In dem Projekt in Jena arbeiten die Projektpartner eng mit den Quartiersbewohnern zusammen, identifizieren gemeinsam weitere Funktionalitäten und prüfen sie in Anwendertests. Ziel ist es, die für die Quartiersverwalter und -bewohner relevantesten Lösungsmodule gemäß ihren Bedürfnissen zu entwickeln und zu integrieren.

Nachhaltigkeit ist dabei mehr als ein Schlagwort, sondern die Grundlage von allem, was EnBW in der Quartiersentwicklung umsetzt.

Stefanie von Andrian, Leiterin, Urbane Infrastruktur, EnBW Energie Baden-Württemberg AG, Stuttgart

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