Die Bayernwerk Netz GmbH hat erstmals ein biologisches Verfahren zur Reinigung ausgedienter Hochspannungskabel getestet.

Ölisolierte Kabel vor dem Einsatz biologischer Minihelfer. Bakterien entfernen mehr als 95 % des Öls aus den Kabeln (Bild: Bayernwerk Netz)

Die biologischen Minihelfer waren fleißig und haben mehr als 95 % des Öls aus den Kabeln entfernt. Im Vergleich zu einer baulichen Entfernung sind die Vorteile der Reinigung: flexibel und überall einsetzbar, kostensparend und mit Genehmigung der Behörde entfällt eine langfristige Überwachung. Das Verfahren stammt von der Schweizer Firma Tibio, die die Methode nun zusammen mit dem Bayernwerk weiterentwickelt hat. Um die alten Hochspannungsstromkabel zu reinigen, kommt eine Bakterienlösung zum Einsatz, die genau auf die Zusammensetzung des jeweiligen Isolieröls abgestimmt ist.

"Das Prinzip ist ebenso einfach wie wirkungsvoll. Energieversorgung und Umweltschutz gehen Hand in Hand", sagt Christian Walter, Projektleiter aus dem Bereich Hochspannungsleitungen beim Bayernwerk. Das Verfahren ist bei einem Pilotprojekt in Nürnberg erfolgreich getestet und das Ergebnis jetzt von behördlicher Seite bestätigt worden. Da mehr als 95 % des Isolieröls entnommen wurden, sind alle Vorgaben des Wasserrechts eingehalten und die Kabel aus Sicht der Umweltbehörde ordnungsgemäß stillgelegt.

Hilfreich ist die Methode vor allem im städtischen Bereich, wo tiefliegende Kabel häufig schwer zugänglich sind. Für die künftigen Arbeiten hat ein gemeinsames Projektteam einen mobilen Container entwickelt, der die nötige Technik enthält und der im Bayernwerk-Netzgebiet, aber auch im Auftrag für andere Netzbetreiber flexibel einsetzbar sein wird.

Mobiler Container für flexiblen Einsatz

In Kooperation mit dem Partner Tibio setzt das Bayernwerk je nach Zusammensetzung des Isolieröls eine Mischung aus drei Bakterienstämmen ein: Bacillus subtilis, Bacillus licheniformis und Rhodococcus rhodochrous. "Alle drei Organismen gehören zur niedrigsten Risikogruppe, sie sind mit Joghurtkulturen vergleichbar", sagt Walter. Die Reinigung des Kabelinneren findet in mehreren Schritten statt: Zunächst wird das Öl analysiert, um anschließend die speziell abgestimmte Bakterienkultur zu züchten. Jeder von mehreren Durchläufen mit der wässrigen Bakterienlösung zur Entölung dauert fünf bis sieben Tage.

Anschließend wird die Flüssigkeit ausgespült und das Öl separiert, damit es im letzten Schritt fachgerecht entsorgt werden kann. Alle Arbeitsschritte finden in einem mobilen Container statt. "Diese mobile Arbeitsstätte bietet viele Einsatzmöglichkeiten. Beispielsweise kann das Verfahren zukünftig auch anderen Netzbetreibern oder Stadtwerken angeboten werden", sagt Projektleiter Walter. Insgesamt gibt es in deutschen Großstädten mehr als 700 km ausgedienter Hochspannungs-Erdkabel. Die Bayernwerk-Techniker planen bereits die Anschaffung weiterer mobiler Container, um Kunden das innovative Verfahren vorzustellen.

Ölisolierte Kabel im Untergrund

Bis in die 1980er Jahre wurden Hochspannungskabel als ölisolierte Drucksysteme unter der Erde verlegt – eine historische Gegebenheit, die nicht nur das Bayernwerk, sondern auch andere Netzbetreiber kennen. Inzwischen wurden diese Kabel aus Altersgründen ersetzt oder sind von neuerer Technik abgelöst worden. Die ölisolierten Kabel sind häufig zwar elektrisch nicht mehr in Betrieb, befinden sich aber – dokumentiert und regelmäßig geprüft und überwacht – noch im Boden. Einige Kabel sind aufgrund städtebaulicher Veränderungen schwer erreichbar und können nicht ohne weiteren Zeit- und Kostenaufwand entfernt werden. Leicht zugängliche Kabel können alternativ ausgebaut werden.

"Wir haben viele Jahre lang einen hohen Aufwand betrieben, damit kein Öl ins Erdreich dringt. Jetzt erreichen wir einen noch besseren Effekt mit weniger Aufwand", erklärt Walter. Er fügt an: "Da aus den behandelten Kabeln kein Isolieröl mehr in das Erdreich austreten kann, ist ein Kabelausbau aufgrund potenzieller Umweltgefährdung nicht mehr erforderlich. Lediglich die Erfassung der Kabellage im Bestandsplan ist weiterhin nötig."

np-Redaktion

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