Überschätzte Bodendämpfung im „Alternativen Verfahren“

Vergleich der prognostizierten Immissionspegel

Legende: Vergleich der prognostizierten Immissionspegel in dB(A) für drei unterschiedliche Berechnungsverfahren in Abhängigkeit des Abstandes zur 120 Meter hohen WEA. (Quelle: Wölfel)

Für die überschätzte Pegelminderung im Ausbreitungsmodell des „Alternativen Verfahrens“ der DIN ISO 9613-2 wird der Berechnungsterm für die Bodendämpfung Agr verantwortlich gemacht. Der Wert der Bodendämpfung Agr ist abhängig von der mittleren Höhe der Schallquelle über dem Boden sowie dem Abstand zwischen Schallquelle und Empfänger.

Für typische Windenergieanlagen mit einer Nabenhöhe von 120 m und ebenem Gelände steigt der Dämpfungsterm Agr ab einem Abstand von ca. 450 m kontinuierlich an, bis er definitionsbedingt sein Maximum bei 4,8 dB erreicht. Die Abweichung zwischen den Messergebnissen der Studie und Prognoseberechnungen nach dem alternativen Verfahren korrelieren hierbei verblüffend genau mit dem abstandsabhängigen Term Agr.

Gute Ergebnisse zwischen 400 und 1100 Meter im Flachland

Auf Basis dieser Erkenntnisse erfolgte der Vorschlag für ein angepasstes Ausbreitungsmodell, welches als Interimsverfahren betitelt wurde. Es gibt erwartungsgemäß die Schallimmissionen für einen Abstand von 400 bis 1100 m im Flachland deutlich besser wieder als das 2011 eingeführte „Alternative Verfahren“. Das überrascht nicht: Denn für diesen Bereich wurde es aus der genannten Messkampagne abgeleitet.

Das Interimsverfahren ist daher weitestgehend in dieser Form in den LAI Hinweisen aufgenommen worden. Folgende Festlegungen sind vorgenommen worden:

  • Berechnung erfolgt frequenzselektiv (sofern kein Oktavspektrum vorliegt kann ein Referenzspektrum auf den Schallleistungspegel angewandt werden, welches in den LAI Hinweisen definiert ist).
  • Die Bodendämpfung Agr ist mit -3 dB definiert (für das alternative Verfahren ergeben sich Werte zwischen 0 dB und 4,8 dB).
  • Die Richtwirkungskorrektur DC ist zu 0 gesetzt (für das alternative Verfahren ergibt sich durch den zusätzlich zu berechnenden Term DΩ bei typischen Quellhöhen von Windenergieanlagen und den relevanten Abständen ein DC von 3 dB).
  • Die meteorologische Korrektur Cmet wird zu 0 gesetzt (dies entspricht einer Mitwind Wetterlage und wird in dieser Form üblicherweise auch bei Berechnungen nach dem alternativen Verfahren angesetzt).

Berechnungen im Vergleich

Um den Einfluss der Anpassungen zu verdeutlichen, sind im folgenden Ergebnisse aus Vergleichsrechnungen zwischen „Alternativem Verfahren“, allgemeinem Verfahren und Interimsverfahren dargestellt, die mit der Wölfel-Software IMMI durchgeführt wurden.

Für die Berechnungen wurde eine fiktive Windenergieanlage mit einem Schallleistungspegel von LW = 104 dB(A) und einer Quellhöhe von 120 m angesetzt. Für die frequenzselektiven Berechnungsverfahren wurde das Referenzspektrum gemäß LAI angesetzt. Die Berechnungen sind für ebenes Gelände in Abständen zwischen 200 m und 4000 m zu der Anlage (Immissionspunkthöhe 4 m über Geländeoberkante) und einem Bodenfaktor von G = 0,5 (Mischboden, hat lediglich Einfluss auf die Berechnung nach dem allg. Verfahren) durchgeführt worden.

Für diesen Berechnungsfall zeigt sich, dass ab dem bereits erwähnten Abstand von ca. 450 m das Interimsverfahren höhere Pegel prognostiziert als das alternative Verfahren. Die Pegeldifferenz steigt bis zu dem Abstand 4000 m auf 4,8 dB an.

Für den Fall, dass die Quellhöhe gegenüber dem Immissionsort höher ausfällt, fällt der Pegelunterschied nicht so hoch aus. Dies ist besonders bei Anlagen etwa im süddeutschen Binnenland relevant, wenn die Anlagen auf einem Berg oder einem Geländekamm stehen.

Dies ist auf die Berechnung der mittleren Höhe zurückzuführen, die die Bodendämpfung in dem alternativen Verfahren maßgeblich beeinflusst (mit steigender mittlerer Höhe reduziert sich das berechnete Agr). Die folgende Grafik zeigt die Pegeldifferenzen zwischen Interimsverfahren und alternativem Verfahren für 3 Fälle: ebenes Gelände, Turmfuß WEA auf 100 m Geländeerhöhung und Turmfuß WEA auf 200 m Geländeerhöhung positioniert (alle weiteren Parameter sind analog zu dem oben genannten Beispiel).

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