Interimsverfahren berechnet niedrigere Werte bei hoch gelegenen Anlagen

Pegeldifferenz zwischen Interimsverfahren und „Alternativen Verfahren“

Legende: Pegeldifferenz zwischen Interimsverfahren und „Alternativen Verfahren“ in Abhängigkeit des Abstandes zur WEA für drei unterschiedliche Positionierungen der WEA. Die Abbildung zeigt einerseits, dass das Interimsverfahren mit steigendem Abstand höhere Pegel berechnet als das „Alternative Verfahren“. Aber je höher die Quelle liegt – etwa weil sie auf einem Hügel steht – desto niedriger ist die Differenz. Zwischen etwa 400 und 1200 Meter ist sie sogar negativ. Hier werden Anlagen, die auf einer deutlichen Überhöhung stehen, also „leiser gerechnet“. (Quelle: Wölfel)

Hier zeigt sich, dass der Einfluss der mittleren Höhe einen hohen Einfluss auf die berechneten Pegel hat und es lässt sich zunächst festhalten, dass das Interimsverfahren nicht zwangsläufig zu höher prognostizierten Immissionspegeln führt, auch über den Abstand von ca. 450 m hinaus.

Im Gegenteil: Für den hier aufgezeigten Fall eines extremen Höhensprungs von 200 m zwischen Turmfundament und Wohnhaus (wie er bei Tallagen gegenüber einer Hügelkette durchaus auch in Mittelgebirgslagen möglich ist) liegen die berechneten Pegel nach dem Interimsverfahren bis zu einem Abstand von 1200 m niedriger. Hier werden Anlagen, die auf einer deutlichen Überhöhung stehen, also „leiser gerechnet“. Je höher die Anlagen werden, und die Nabenhöhe aktueller Schwachwindanlagen erreichen bereits ca. 140 m, desto stärker macht sich dieser Effekt auch ohne extremen Geländesprung bemerkbar.

Auch wenn die Aussage von theoretischer Natur ist, ist zu hoffen, dass Projektierer durch die veränderte Berechnungsvorschrift nicht dazu verleitet werden, die vermeintlichen Vorteile in dem Interimsverfahren gezielt in der Genehmigung zu nutzen – sei es durch Heranrücken der Anlagen an Wohnbebauung oder gezielte Positionierung der Anlagen auf Geländeerhöhungen, was bei nahe gelegenen Wohnhäusern besonders häufig zu akustischen und optischen Beeinträchtigungen führt.

In großem Abstand bringt Interimsverfahren deutlich höhere Pegel

Dennoch: Auch wenn für einige Situation die prognostizierten Pegel nach Interimsverfahren niedriger ausfallen als nach dem „Alternativen Verfahren“, ist für die Mehrheit aller Fälle eine Pegelerhöhung in den prognostizierten Werten zu erwarten.

Besonders stark wirkt sich diese Pegelerhöhung für hohe Abstände aus und somit bedingt das neue Berechnungsverfahren deutlich höhere berechnete Einwirkbereiche für Windenergieanlagen.

Da die LAI Hinweise die Anwendung des Interimsverfahren auch für die Vorbelastung vorsieht, stellt dies im Rahmen von Genehmigungsverfahren von WEAs, sowohl für die Gutachter wie auch die Genehmigungsbehörden, eine Herausforderung dar. Bereits genehmigte Anlagen, auf Basis des bisher gültigen Berechnungsverfahrens, werden plötzlich anfechtbar und im extremsten Falle kann dies zu einer Abschaltung im Nachtzeitraum führen. Hier kann man natürlich die Sorgen der Betreiber verstehen, obwohl sie in dem Glauben waren, in der Planungsphase alles richtig gemacht zu haben. Auch die Erschließung neuer Anlagenstandorte kann durch das neue Berechnungsverfahren empfindlich blockiert werden, denn Bestandsanlagen, die aufgrund des Abstandes noch vor kurzer Zeit akustisch irrelevant waren, führen auf einmal zu relevanten Vorbelastungen.

Dies verdeutlicht folgendes Beispiel: Für eine Einzelanlage mit den oben genannten Emissionswerten erhöht sich durch die veränderte Berechnungsvorschrift der erweiterte Einwirkbereich (15 dB(A) unter Richtwert) mit Bezug auf ein reines Wohngebiet von 2300 m auf 3000 m.

Fazit: Abgesichertes Berechnungsverfahren für hochliegende Quellen sollte zeitnah entwickelt werden

Im Schallimmissionsschutz ist man bemüht, die Physik mit einfachen Berechnungsansätzen so gut wie möglich abzubilden. Hierbei müssen Vereinfachungen getroffen werden. Dabei wird versucht, dass die Berechnungen eher mit Sicherheitszuschlägen im Sinne der potenziell Betroffenen ausgeführt werden.

Mit dem Interimsverfahren kommen wir diesem Ziel bei WEAs in vielen Fällen ein Stück näher, doch kann dies nicht für alle Situationen bestätigt werden. Hinzu kommt, dass die Umsetzung des Verfahrens im Genehmigungsprozedere den Schallimmissionsschutz vor Probleme stellt, auf die es derzeit noch keine Antworten gibt.

Das Interimsverfahren sollte nur eine Übergangslösung für die Berechnung der Schallausbreitung hochliegender Quellen darstellen. Diese Übergangslösung wird aber die nächsten Jahre die Grundlage für Genehmigungsverfahren darstellen, auch wenn nicht umfassend und für alle Situationen geklärt ist, dass die Anpassungen zu plausibleren Ergebnissen führen. Es bleibt zu hoffen, dass das Interimsverfahren zeitnah von einem abgesicherten Berechnungsverfahren abgelöst wird.

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