Anwendbarkeit des EuGH-Urteils Boehringer Ingelheim Pharma - Seite 4

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage

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Boehringer Ingelheim Pharma stellt Arzneimittel her und liefert sie steuerpflichtig über Großhändler an Apotheken.

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Im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung geben die Apotheken die Arzneimittel an die Versicherten aufgrund eines Rahmenvertrags mit dem Spitzenverband der Krankenkassen ab. Die Arzneimittel werden an die Krankenkassen geliefert und von diesen ihren Versicherten zur Verfügung gestellt. Die Apotheken gewähren den Krankenkassen einen Abschlag auf den Arzneimittelpreis. Boehringer Ingelheim Pharma als pharmazeutisches Unternehmen muss den Apotheken – oder bei Einschaltung von Großhändlern diesen – den Abschlag erstatten. Die Finanzverwaltung behandelt den Abschlag umsatzsteuerrechtlich als Entgeltminderung.

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Arzneimittel für privat Krankenversicherte geben die Apotheken dagegen aufgrund von Einzelverträgen an diese Personen ab. Das Unternehmen der privaten Krankenversicherung ist nicht Abnehmer der Arzneimittel, sondern erstattet seinen Versicherten lediglich auf Antrag die ihnen entstandenen Kosten. In diesem Fall muss Boehringer Ingelheim Pharma dem Unternehmen der privaten Krankenversicherung einen Abschlag auf den Arzneimittelpreis gewähren. Die Finanzverwaltung erkennt diesen Abschlag umsatzsteuerrechtlich nicht als Entgeltminderung an.

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Im Jahr 2012 gab Boehringer Ingelheim Pharma eine Umsatzsteuerjahreserklärung für das Steuerjahr 2011 ab, in der u. a. die steuerpflichtigen Umsätze mit ihren Bemessungsgrundlagen ausgewiesen waren.

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In dieser Erklärung berichtigte Boehringer Ingelheim Pharma hinsichtlich der Umsätze mit Arzneimitteln, die von privat Krankenversicherten erstanden worden waren, die Steuerbemessungsgrundlage durch Abzug der von ihr zu gewährenden Erstattungen.

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Das Finanzamt sah in Bezug auf die Erstattungen an die Unternehmen der privaten Krankenversicherung keinen Grund für eine Minderung der Steuerbemessungsgrundlage von Boehringer Ingelheim Pharma. Es setzte daher die Umsatzsteuer nach Maßgabe der nicht verminderten Bemessungsgrundlage fest.

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Gegen den Bescheid des Finanzamts erhob Boehringer Ingelheim Pharma Klage beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz (Deutschland), soweit die Erstattungen an die Unternehmen der privaten Krankenversicherung betroffen waren.

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Sie brachte vor, dass die gesetzliche Krankenkasse oder das Unternehmen der privaten Krankenversicherung am Ende der Umsatzkette stünden, so dass in beiden Fällen die Steuerbemessungsgrundlage zu vermindern sei. Es komme nicht darauf an, ob Erstattungen oder Preisnachlässe gewährt worden seien, da umsatzsteuerrechtlich die gleiche Behandlung geboten sei.

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Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz gab der Klage von Boehringer Ingelheim Pharma statt. Seiner Ansicht nach hatte das Finanzamt zu Unrecht zwischen den Preisnachlässen für die erstandenen Arzneimittel gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen und den Erstattungen beim Arzneimittelerwerb im Rahmen der privaten Krankenversicherung unterschieden.

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