Leitsätze

1. Ein Mieter, der Ausbauten, Umbauten und Einbauten auf eigene Kosten vornimmt oder auf dem gemieteten Grundstück ein Gebäude errichtet, führt grundsätzlich eine Werklieferung an den Vermieter aus.

2. Die Sanierung des zur Aufstellung einer Photovoltaikanlage gepachteten Dachs eines im Übrigen vom Verpächter zu Wohnzwecken vermieteten Gebäudes kann einen tauschähnlichen Umsatz (ggf. mit Baraufgabe) des Pächters an den Verpächter bewirken, wobei die Nutzungsüberlassung Entgelt für die Sanierung darstellt.

3. Lässt sich einer Klageschrift nicht eindeutig entnehmen, gegen welche Finanzbehörde sich die Klage richtet, ist die Klageschrift auszulegen, wobei als Auslegungshilfe der Gesichtspunkt dienen kann, dass die Klage im Zweifel nicht gegen den falschen, sondern gegen den nach dem Inhalt der Klage richtigen Beklagten gerichtet sein soll.

4. Bei der Auslegung einer beim Finanzgericht eingereichten Klageschrift sind neben den dem Finanzgericht als Adressaten auch die im Zeitpunkt des Klageeingangs der Behörde bekannten oder vernünftigerweise erkennbaren Umstände zu berücksichtigen.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

Sachverhalt

I.
Streitig ist, ob die Klägerin durch die Vornahme von Umbauarbeiten an einem gepachteten Dach zur Aufstellung einer Photovoltaikanlage (nachfolgend: PVA) eine Leistung an die Verpächterin erbracht hat.

Gegenstand des Unternehmens der mit Gesellschaftsvertrag vom 5. Oktober 1990 gegründeten Klägerin ist die Beteiligung an in- und ausländischen Gesellschaften aller Art. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin ist Herr A.

Der Beklagte (das Finanzamt –FA–) gestattete der Klägerin ab dem Besteuerungszeitraum 2008 die Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten.

Die Klägerin schloss am 19. Juli 2012 mit der Wohnungseigentümergemeinschaft (nachfolgend: WEG), vertreten durch deren Verwalter Herrn A, eine als Gestattungsvertrag über die Installation und den Betrieb einer PVA bezeichnete Vereinbarung auf deren Gebäude in (nachfolgend: Vertrag). Die WEG nutzt das Gebäude zur Vermietung zu Wohnzwecken.

Vertragsgegenstand ist gem. § 1 Nr. 1 Satz 2 des Vertrags die Nutzung des gesamten Daches des Gebäudes der WEG. Gem. § 1 Nr. 2 des Vertrags gestattet die WEG der Klägerin die Installation einer PVA, bestehend aus folgenden Komponenten:

– Anpassung des vorhandenen Daches an die Notwendigkeit einer PVA; dabei hat die Klägerin für die dauerhafte Dichtigkeit des Daches und für die Einhaltung der notwendigen statischen Voraussetzungen zu sorgen

– Solarmodule mit der von der Klägerin gewünschten Leistung

– Einspeisezähler mit Anschluss an das öffentliche Stromnetz

– Wechselrichter

– Kabelkanäle zur Stromführung

– Schaltkästen und Messanlagen

– Anschluss an die Telefonanlage zur Fernüberwachung der Anlage.

Die WEG treffen gem. § 1 Nr. 4 des Vertrags keine Kosten in Zusammenhang mit dem Einbau, der Instandhaltung, Instandsetzung, dem Betrieb und dem Anbau der Anlage. Gem. § 3 Nr. 1 des Vertrags zahlt die Klägerin der WEG ein Nutzungsentgelt von 0,10 EUR/qm der PVA-Fläche pro Monat, beginnend mit dem ersten Monat nach Inbetriebnahme der PVA. Gem. § 5 Nr. 1 des Vertrags endet der Gestattungsvertrag am 31. Dezember 2032. Gem. § 7 Nr. 1 des Vertrags hat die Klägerin nach Beendigung des Vertrags die PVA samt Zubehör vollständig vom Dach zu entfernen, sämtliche anderen Anlagenteile zu entfernen und die ursprüngliche Dacheindeckung wiederherzustellen.

Ab August 2012 ließ die Klägerin von der Fa. B für den Betrag von 60.000 EUR (netto) am Dach des Gebäudes der WEG Umbaumaßnahmen vornehmen, die erst im März 2013 vollständig abgeschlossen werden konnten. Hierüber rechnete die Fa. B mit Abschlagsrechnung vom 15. November 2012 über 40.000 EUR netto sowie mit Schlussrechnung vom 20. März 2013 ab, in der die Baumaßnahme als Dachsanierung zur Anpassung der Dachfläche für das Einbauen einer Photovoltaikanlage bezeichnet wurde.

Am 30. August 2012 nahm die Klägerin die PVA-Anlage in Betrieb.

Auf ein Auskunftsersuchen des FA hin erklärte die Firma B mit Schreiben vom 6. Mai 2013, für die Klägerin nachfolgende Arbeiten ausgeführt zu haben:

– Abtragung und Neuaufbau von 22 Kaminen mit Lüftungen ca. 1,20 m/0,60 m, Höhe 1,60 m (mit sämtlichen Durchführungen für Raum und Sanitärlüfter sowie Notkamine),

– neue Dachhaut: Verlegen einer PVC-Flachdachfolie mit Anschlüssen an den Lüftern, zusätzlich Einfassung von 10 großen Sanitärlüftern (die vorhandene Dachhaut sei mit Bitumenschweißbahn versehen gewesen und hätte noch maximal 3 Jahre gehalten),

– Erneuerung von 4 Flachdachabläufen,

– Verbau einer Holzunterkonstruktion (110 m) umlaufend für eine mit Folie abgedichtete Attika sowie

– Einarbeitung von Verbundblechen und Ortgangblechen.

In ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung für das dritte Kalendervierteljahr 2012, der das FA zustimmte, errechnete die Klägerin ihre Umsatzsteuer mit dem negativen Betrag von 12.418,29 EUR und machte hierbei den Vorsteuerabzug aus der Anzahlung auf die og. Umbaumaßnahmen geltend.

Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung (Bericht vom 22. März 2013) setzte das FA mit nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geändertem Bescheid vom 18. April 2013 die Umsatzsteuer für das dritte Kalendervierteljahr 2012 auf den negativen Betrag von 4.818,40 EUR fest. Hierbei erhöhte das FA die Umsätze zum Regelsteuersatz um den Betrag von 40.000 EUR, da es nicht nur das vereinbarte Pachtentgelt, sondern auch die Übernahme der Kosten für die Dachsanierung als Gegenleistung für die Gestattung der Dachnutzung (tauschähnlicher Umsatz nach § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG) ansah.

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 29. April 2013 Einspruch ein.

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