Ernst & Young Abbildung zum Thema Compliance im Cash-Pool

Bildquelle: National Office Tax der Ernst & Young Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Aus Konzernsicht ist es wenig effizient, wenn eine Konzerngesellschaft über Liquidität verfügt, die sie nur zu niedrigen Zinsen anlegen kann, und eine andere Konzerngesellschaft sich zu wesentlich höheren Zinsen finanzieren muss. Ein beliebtes Mittel, um dies zu verhindern, ist das sogenannte Cash-Pooling. Hier stellen sich jedoch steuerliche Fragen. Der Bundesfinanzhof hat sich in einem aktuellen Urteil vom 11. Oktober 2018 mit der Saldierung von Zinsaufwendungen und -erträgen für Zwecke der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung befasst.

Der Fall

Die Klägerin, eine GmbH, gehört einem Konzern mit ausländischer Konzernmutter an und ist an einem Cash-Pool beteiligt. Die Mutter fungiert als eine Art konzerninterne Bank (Cash-Pool-Führerin). Vereinfacht dargestellt überweist die Klägerin am Ende eines jeden Bankarbeitstages ein bestehendes Guthaben an die Cash-Pool-Führerin. Sind die Bankkonten der Klägerin »im Minus«, werden sie durch die Cash-Pool-Führerin ausgeglichen. Die Überweisungen führen dazu, dass wechselseitige Darlehen zwischen der Klägerin und der Cash-Pool-Führerin entstehen. Diese wiederum führen zu Zinserträgen beziehungsweise -aufwendungen. Diese Zinsen werden von der Klägerin täglich berechnet und monatlich saldiert als Ertrag oder Aufwand gebucht. Im Jahresabschluss weist sie insgesamt einen Zinsertrag aus dem Cash-Pooling aus.

Das Problem

Bei der Gewerbesteuererklärung gibt die Klägerin aufgrund des positiven Saldos keine Zinsaufwendungen aus dem Cash-Pooling bei den hinzurechnungsfähigen Entgelten für Schulden gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG an. Das Finanzamt vertritt dagegen die Ansicht, dass eine Saldierung der Zinsaufwendungen und -erträge für gewerbesteuerliche Zwecke unzulässig sei. Folglich erhöht das Finanzamt die Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer der GmbH, die dagegen klagt.

Das Urteil

Zugunsten der Klägerin hat der BFH nun entschieden, dass eine Saldierung von Zinsaufwendungen und -erträgen für Zwecke der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung möglich ist. Grundsätzlich sei eine Saldierung zwar ausgeschlossen, weil bei der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung jedes Schuldverhältnis (d.h. jedes Darlehen der Klägerin an die Cash-Pool-Führerin und umgekehrt) für sich zu betrachten sei, sog. Saldierungsverbot. Eine Saldierung soll aber ausnahmsweise möglich sein, wenn die Darlehen gleichartig sind, derselben Zweckbestimmung dienen und regelmäßig tatsächlich miteinander verrechnet werden. Nur so könne die »objektive Wirtschaftskraft des Gewerbebetriebes« berücksichtigt werden.

Alle drei Bedingungen sahen die Münchner Richter im konkreten Fall als erfüllt an. Sie bejahten die Gleichartigkeit u.a. aufgrund der identischen Zinssätze und trotz teilweise unterschiedlicher Währungen, dieselbe Zweckbestimmung sowie die tatsächlich durchgeführte Verrechnung aufgrund des saldierten Ausweises der Zinsaufwendungen und -erträge im Jahresabschluss.

Das »Wie« der Verrechnung

Wie die Saldierung zu erfolgen hat, hat der BFH ebenfalls aufgezeigt: Die vielzähligen Schuldverhältnisse sind für jeden Bankarbeitstag zusammenzufassen und fortzuschreiben. Für jeden Bankarbeitstag ist fortlaufend zu bestimmen, ob und in welcher Höhe ein Schuldsaldo besteht. Nur der daraus entstehende Zinsaufwand unterliegt einer gewerbesteuerlichen Hinzurechnung. Ein einmal entstandener negativer Gesamtsaldo entfällt jedoch nicht rückwirkend durch einen am Folgetag entstandenen positiven Saldo. Die Feststellung der Vorinstanz, wonach die Zinserträge der Klägerin im Streitjahr die Zinsaufwendungen überstiegen, lässt jedoch nicht unmittelbar den Rückschluss zu, dass an keinem Bankarbeitstag ein Schuldsaldo der Klägerin bestand. Der BFH hat das Verfahren daher wieder an das Finanzgericht zurückverwiesen.

Praxisfolgen

Zwar ist aus Sicht der Steuerpflichtigen grundsätzlich erfreulich, dass in gewissen Grenzen eine Verrechnung der Zinsaufwendungen und -erträge für gewerbesteuerliche Zwecke möglich ist. Die Dokumentations-  und Nachweispflichten sind allerdings erheblich. Der Steuerpflichtige muss Tag genau eine Saldierung im Rahmen des Cash-Pools vornehmen. So hat der Steuerpflichtige den jeweiligen Tagessaldo (auch über mehrere Bankkonten hinweg) zu ermitteln und – im Falle eines Schuldsaldos – die hierauf entfallenden Zinsaufwendungen für Zwecke der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung zu erfassen. Entsprechend kompliziert wird es daher, wenn nicht nur ein deutscher Cash-Pool-Teilnehmer, sondern ein deutscher Cash-Pool-Führer betroffen ist.

Im Ergebnis stellt der BFH nun zusätzliche bürokratische Hürden auf. Denn systemseitig werden die von den Richtern geforderten, aber betriebswirtschaftlich nicht relevanten Informationen (bislang) nicht automatisch zur Verfügung gestellt. Es bleibt zu hoffen, dass die Finanzverwaltung mit Augenmaß auf diese Entscheidung reagiert – vielleicht wäre auch mal ein Nichtanwendungserlass zugunsten der   Steuerpflichtigen angebracht. In jedem Fall sollte aber eine angemessene Übergangszeit für die Umstellung der IT-Systeme zur Verfügung gestellt werden.

Da dies jedoch leider derzeit noch nicht absehbar ist, werden bereits Softwarelösungen erarbeitet, um dieses Thema Compliance-seitig handhaben zu können. Damit wird es möglich sein, den erhöhten Compliance-Anforderungen für eine Saldierung von Zinsaufwendungen und Zinserträgen für Zwecke der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung beim Cash-Pool zu genügen.

Publikation des National Office Tax der Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft unterstützt durch Annette Linau, Global Head of Tax Innogy SE und Gabriele Kirchhof, Partnerin, Ernst & Young GmbH

Zum E-Magazin Jahresabo bestellen

StE-Redaktion

Ähnliche Beiträge