Die Auswirkungen von Dekarbonisierung, Dezentralisierung, Digitalisierung, Demografie und Diversifizierung („5-D“) stufen die befragten Energieversorger als gravierend ein

Die Auswirkungen von Dekarbonisierung, Dezentralisierung, Digitalisierung, Demografie und Diversifizierung („5-D“) stufen die befragten Energieversorger als gravierend ein (Quelle: Pixabay)

Die aktuelle Lage stellt die Energiebranche vor beispiellose Herausforderungen: Kaum haben Stadtwerke und Energieversorger die Corona-Pandemie erfolgreich mit einem Digitalisierungsschub gemeistert und den Blick für die Cybersecurity ihrer kritischen Infrastruktur geschärft, sieht sich die Energiewirtschaft mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine konfrontiert. Die deutsche Energieversorgungssicherheit steht in Frage, während die letzten Atomkraftwerke stillgelegt werden. Gleichzeitig schwebt das Damoklesschwert des Klimawandels über uns, der verheerende Naturkatastrophen mit sich bringt und unsere Gesellschaft zu verstärkten Bemühungen um Dekarbonisierung in allen Sektoren zwingt. 

Die tiefgreifenden Transformationsprozesse rund um die „5-D“der Energiewirtschaft beschleunigen sich und erfordern unternehmerische Antworten: Die „Dekarbonisierung“ und „Dezentralisierung“ – eine schneller umzusetzende Energiewende, die „Digitalisierung“ der Geschäftsprozesse und energiewirtschaftlichen Wertschöpfungskette, der Erhalt der Leistungsfähigkeit des Unternehmens trotz drohender Kompetenzverluste und Fachkräftemangels im Zuge des „demografischen Wandels“ sowie die in der Konsequenz umzusetzende „Diversifizierung“ der Geschäftsmodelle hin zu einem lokalen, nachhaltigen und multifunktionellen Energiedienstleister bleiben zentrale strategische Herausforderungen aller Entscheider in der Branche. 

Wesentliche Erkenntnisse der Studie

Obwohl die Studienteilnehmer die wirtschaftliche Lage ihres Unternehmens immer noch als „sehr gut“ oder „gut“ empfinden, gibt knapp die Hälfte der Studienteilnehmer an, die Renditeforderungen der Gesellschafter vor dem Hintergrund des tiefgreifenden strukturellen Umbaus des Energieversorgungssystems sowie sinkender Netzrenditen kaum bzw. nicht mehr erfüllen zu können. Folgerichtig misst die Mehrheit der Studienteilnehmer der strategischen Planung eine hohe Priorität bei. 

Als lokale Akteure der Energiewende sind Stadtwerke und Energieversorger in Bezug auf den kommunalen Klimaschutz besonders gefordert. Der überwiegende Teil der Studienteilnehmer glaubt aber, dass sich Investitionen in die Dekarbonisierung der Energiewirtschaft langfristig positiv auf den wirtschaftlichen Unternehmenserfolg auswirken werden. Entsprechende Investitionen werden aktuell primär in die Photovoltaik, die Fern- und Nahwärme sowie den Stromnetzausbau getätigt. 

Allerdings befinden sich die meisten Unternehmen noch in der Planungs- und Findungsphase, wenn es um eine kommunale Klimaschutzstrategie geht. Hier gibt es aus Sicht der Befragten noch großen Nachholbedarf. Insbesondere in der Wärmeversorgung schlummert erhebliches Potenzial zur Dekarbonisierung. Dennoch existiert in den seltensten Fällen eine kommunale Wärmeplanung. 

Mit Blick auf die Digitalisierung beschäftigen sich Stadtwerke hauptsächlich mit den Möglichkeiten von Mobile- und Social-Media-Technologien. Weniger als die Hälfte der Studienteilnehmer setzen sich dagegen mit Cloud-Computing, Internet of Things (IoT), KI, Big Data oder der Blockchain auseinander. Hier besteht ebenfalls Nachholbedarf.

Auch ein strukturiertes Innovationsmanagement ist bei kaum einem Unternehmen vorhanden. Die meisten Unternehmen stehen hier noch am Anfang einer kulturellen Transformation. Anforderungen an eine agile Unternehmenskultur, an Führungskräfte als digitale Leader sowie anzunehmende Digitalisierungskompetenzen der Mitarbeiter werden zwar erkannt, jedoch hapert es oft noch an der Umsetzung.

Das Ausscheiden der sog. Babyboomer-Generation im Zuge des demographischen Wandels wird eine erhebliche Auswirkung auf die gesamtwirtschaftliche Leistung Deutschlands haben. Das Studienergebnis deckt auf, dass beinahe alle Studienteilnehmer den Fachkräftemangel in ihrem Unternehmen und insbesondere in technischen Bereichen zu spüren bekommen. Viele Mitarbeiter scheiden in den nächsten zehn Jahren aus den Unternehmen aus, was ein Vorantreiben unerlässlichen Wissenstransfers erfordert. Das Gehaltsniveau wird von den meisten Unternehmen als wettbewerbsfähig eingeschätzt, bedarf jedoch fortwährender Überprüfung.

Energieversorger stehen vor der Herausforderung, sich zu diversifizieren und integrierte Versorgungslösungen für Mobilität, Strom und Wärme zu entwickeln. Diese sind von höchster Relevanz. Neben den Themen „Smart City“ und Quartiersversorgungslösungen besteht großes Interesse an der Erbringung von Dienstleistungen für Kommunen, insbesondere im Bereich der E-Mobilitätsinfrastruktur, Abrechnungen und Straßenbeleuchtung. Durch die Bereitstellung dieser Dienstleistungen tragen sie nicht nur zur Modernisierung und Verbesserung der Infrastruktur bei, sondern auch zur Reduzierung der Umweltbelastung und damit zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung. Im Bereich Breitband/Telekommunikation beschränken sich die meisten Energieversorger bisher auf den Netzausbau mit anschließender Verpachtung oder das Mitverlegen von Leerrohren. Es besteht auch hier noch erhebliches Potenzial für weitere Dienstleistungen. 

Die Zukunft gestalten

Insgesamt zeigen die Ergebnisse der 5-D Studie, wie vielfältig die Treiber des Wandels in der Energiebranche sind. Die Auswirkungen aus den „5-D“ stufen die Energieversorger für ihr Kerngeschäft mitunter als gravierend ein.

„Wir empfehlen, die Herausforderungen und Potenziale der 5-D vor dem Hintergrund der unternehmensindividuellen, insbesondere personellen und finanziellen Ressourcen zu reflektieren und eine passgenaue Unternehmensstrategie abzuleiten“, hält Anton Berger, Partner und Leiter des Geschäftsbereichs Energie von Rödl & Partner mit Blick auf die Ergebnisse der „5-D der Energiewirtschaft“ fest. „Die Energiewirtschaft ist komplex und herausfordernd, wie nie zuvor. Eine individuelle Strategieplanung ist daher der Weg zum Erfolg. Stillstand bedeutet Rückschritt. Um die Zukunft der Unternehmen zu sichern, müssen wir bereit sein, uns ständig zu verändern und anzupassen", ergänzt er. 

Weitere Informationen unter roedl.de

„et“-Redaktion

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