Dienstleistungen auf Basis der Anwendungsbereiche einer output-orientierten Regulierung – große Potenziale für Wertschöpfung und Rentabilität von Energieversorgern

Dienstleistungen auf Basis der Anwendungsbereiche einer output-orientierten Regulierung – große Potenziale für Wertschöpfung und Rentabilität von Energieversorgern (Quelle: Simon Kucher & Partners)

Aktuell steht die Regulierung der Stromnetze vor einer potenziell weitreichenden Anpassung in Richtung einer output-orientierten Regulierung (OOR). Wie Gert Brunekreeft, Julia Kusznir und Roland Meyer in einem Paper [1] sowie in einem kürzlich in diesem Medium erschienen Artikel [2] erläutern, liegt das gesteckte Ziel dieser Anpassung für die Kapitalbasis (regulated asset Base – RAB) darin, attraktive Anreize für Investoren zu schaffen. Doch wie kam es überhaupt dazu?

Drohende Unterinvestition in der Netzinfrastruktur

Die Verteilung von Elektrizität war einst ein stabiles, scheinbar risikoloses Geschäft. Mittlerweile müssen Betreiber aufgrund von sich rasant entwickelnden technologischen und ökologischen Trends und den hinterherhinkenden regulatorischen Anpassungen überall auf der Welt grundlegende Änderungen in ihrem Geschäftsmodell vornehmen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Und der Druck wird stetig größer: Der Margenpool im Vertriebsgeschäft schrumpft seit Jahren, die nur niedrige Verzinsung des eingesetzten Kapitals in der Netzinfrastruktur macht Refinanzierungsprozesse und neue Investitionsvorhaben schwieriger. Hinzu kommt, dass diese Absenkung des Eigenkapitalzinssatzes Investitionen in alternative Assets mit vergleichbarer Risikostruktur attraktiver macht. Daher ist es fast sicher, dass Investoren künftig bei nicht wettbewerbsfähigen Bedingungen zunehmend andere Anlageklassen vorziehen. Damit steigt der Verschuldungsgrad, und eine Verschlechterung der Rating-Einstufungen kann Fremdkapitalkosten nach oben treiben sowie dadurch die zur Energiewende nötige Kapitalbereitstellung erschweren.

Vergleicht man unterschiedliche Asset-Klassen im Infrastrukturbereich in Europa und weltweit, so ist die Schlussfolgerung zwingend, dass für die Zukunft eine Unterinvestition in den Netzbereich die Folge ist.

Datengetriebene Dienstleistungen als neue Umsatzquelle

Diese Entwicklung ist besorgniserregend und bietet keine guten Aussichten für die anstehenden Herausforderungen der Energiewende. Zwar wird von politischer Seite eine sehr großzügige Finanzierung zur Verfügung gestellt, doch wie diese Investitionen zukünftig monetarisiert werden und so ein Return sowohl für die Netzbetreiber als auch für die Steuerzahler generiert werden kann, ist noch weitgehend offen.

Der Ausblick auf eine output-orientierte Regulierung eröffnet neue Möglichkeiten zur Monetarisierung von Leistungen der Netzbetreiber, die sie aufgrund der voranschreitenden Digitalisierung wertbringend anbieten können. Eine Wertschöpfung über den Kernbereich der Netze hinaus verringert nicht nur das wirtschaftliche Risiko. Die Digitalisierung eröffnet zudem auch neue Wege zur profitablen Nutzung verschiedenster Daten. Bislang fehlen jedoch im gegenwärtigen Regulierungsregime noch adäquate Anreize zu deren Monetarisierung.

Die von Brunekreeft et.al. [1, 2] skizzierten Anwendungsbereiche einer praxisrelevanten OOR weisen fast ausschließlich den Charakter von Dienstleistungen auf. Um sie erfolgreich zu monetarisieren, ist jedoch die richtige Preissetzung entscheidend. Diese muss umso mehr Thema sein, als in der Energiewirtschaft traditionell lediglich kostenbasierte und nur sehr eingeschränkt wert- bzw. nutzenbasierte Ansätze zur Preisermittlung eingesetzt werden.

Unterschiedliche Dienstleistungen erfordern eine andere Preispolitik

Welche Dienstleistungen werden durch eine output-orientierten Regulierung ermöglicht? Hier können Energieversorger aus einem breiten Spektrum schöpfen: Von Servicequalität, Market Monitoring, Data Facilitation über Datenschutz und Cybersicherheit bis hin zu ÜNB-VNB-Koordination oder Koordination zwischen Netz und Markt sind kaum Grenzen gesetzt. Im Weiteren unterteilen wir diese Services in drei Kategorien, die wir anhand ihrer unterschiedlichen Implikationen für das Preismanagement beschreiben:

  • Kapitalintensive Dienstleistungen, bei denen die Fixkosten die variablen Kosten der Leistung bei Weitem übersteigen. In diesem Zusammenhang sprechen wir auch von der Dominanz der Bereitschaftskosten. Häufig handelt es sich um Kollektivdienstleistungen, die gleichzeitig für eine Mehrzahl von Kunden erbracht werden und die meistens eine fixe Kapazität erfordern.
  • Technikintensive Dienstleistungen, welche sich ebenfalls durch vergleichsweise hohe fixe Bereitstellungskosten im Vergleich zu den variablen Kosten auszeichnen. Im Gegensatz zu den kapitalintensiven Services werden die technikintensiven Dienstleistungen stärker individuell genutzt. D.h. die Nachfrage schwankt, aber die angebotene Kapazität ist aufgrund der technischen Voraussetzungen fix.
  • Personalintensive Dienstleistungen, bei denen der Faktor Mensch im Vordergrund steht. Die Personalkosten übersteigen hierbei in der Regel die Fixkosten. Ob die Personalkosten fix oder variabel sind, hängt vom Arbeitsvertrag ab. In der Praxis ist jedoch von einem hohen Fixkostenanteil auszugehen, da die Personalkosten kurzfristig oft kaum abbaubar sind.

Für jede dieser drei Kategorien gibt es zudem schon heute zahlreiche Anwendungsbereiche in unterschiedlichen Output-Kategorien des Energiemarktes (s. Abb).

Die heutige Preissetzung für diese Anwendungsbereiche entsprechen jedoch nicht den effektiven Möglichkeiten, insbesondere wenn man die Mehrwerte einer Digitalisierung mitberücksichtigt, da sie sich meist an den in der Industrie verbreiteten kostenbasierten Preissetzungsmechanismen orientiert.
Preisdifferenzierung bietet Chancen für starke Gewinnsteigerung
Wenn es um die erfolgreiche Monetarisierung dieser Dienstleistungen geht, so kann für alle drei Arten die Gewinnmaximierung sowohl über die Kapazitätssteuerung als auch über die Nachfragesteuerung durch differenzierte Preise erfolgen. Je schwieriger die Kapazitätsanpassung zu verändern ist, desto wichtiger wird dabei die Rolle des Preismanagements. Aufgabe des Pricings ist es, die Nachfrage so zu steuern und auszugleichen, dass möglichst wenig Kapazität ungenutzt verfällt. Hierbei hilft eine geschickt eingesetzte Preisdifferenzierung.

Differenzierte Preise, die bei geringer Nutzung sinken, um die Nachfrage anzukurbeln, und bei hoher Nachfrage steigen, um von einer Nutzung „abzuschrecken“, sorgen jedoch nicht nur für eine gleichmäßig ausgeschöpfte Kapazität. Ein differenziertes Preismanagement beinhaltet zusätzlich enorme Chancen zur Gewinnsteigerung. Die Nutzung dieser Chancen setzt allerdings ein tiefgehendes Verständnis der komplexen Zusammenhänge voraus. Dies wird umso wichtiger, wenn die Komplexität durch Digitalisierung der Infrastruktur erhöht wird und dadurch Mehrwerte abgeschöpft werden könnten.

Der Stand der Preismanagement-Praxis ist bei vielen Netzbetreibern weniger entwickelt als bei Herstellern von z. B. Sachgütern oder digitalen Services. Das steht im krassen Gegensatz zur Tatsache, dass aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung die Wertschöpfung aus der Monetarisierung von daraus abgeleiteten Dienstleistungen – wie in der Abb. skizziert – besteht. Die Verbesserung des Preismanagements für Dienstleistungen auf Basis der Anwendungsbereiche einer output-orientierten Regulierung beinhaltet demnach große Potenziale für Wertschöpfung und Rentabilität von Energieversorgern.

Quellen

[1] Gert Brunekreeft & Julia Kusznir & Roland Meyer: Output-orientierte Regulierung – ein Überblick. Bremen Energy Working Papers 0035, Bremen Energy Research, November 2020.

[2] Brunekreeft, G. et al.: Der nächste Schritt in der Netzregulierung: output-orientierte Regulierung. Energiewirtschaftliche Tagesfragen 71. Jg. (2021), Heft 4, S. 21-24.

Dr. T. Haller, Dr. R. Sydler und Kai Bandilla, Simon-Kucher & Partners Strategy & Marketing Consultants GmbH, Köln, Thomas.Haller@simon-kucher.com

Ähnliche Beiträge