Wie kann der heutige regulatorische Rahmen angepasst werden, damit künftig Digitalisierung und Innovation bei Übertragungsnetzbetreibern genügend angereizt werden?

Wie kann der heutige regulatorische Rahmen angepasst werden, damit künftig Digitalisierung und Innovation bei Übertragungsnetzbetreibern genügend angereizt werden? (Quelle: Adobe Stock)

Stromübertragungs-Netzbetreiber tragen eine besondere Verantwortung für das Gelingen der Energiewende und das Erreichen der Klimaziele. Der Netzbetrieb erfordert neben dem Netzausbau vor allem intelligente Lösungen. Digitalisierung und Innovation sind dabei entscheidende Faktoren. Doch wie kann der heutige regulatorische Rahmen angepasst werden, damit künftig Digitalisierung und Innovation in ausreichendem Maße angereizt werden?

Diese Frage hat der baden-württembergische Stromnetz-Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW an Experten der Bremer Jacobs University und Oxera Consulting gestellt. Am 06.11.2021 wurde die Studie in Wien beim „Thementag Regulierung“ vorgestellt, den TransnetBW mit dem österreichischen Übertragungsnetzbetreiber APG ausrichtete.

Dr. Rainer Pflaum ist als CFO von TransnetBW für die Bereiche Netzwirtschaft und Finanzen und damit für viele Fragen der Regulierung zuständig. Sein Credo: „Der Regulierungsrahmen sollte es Netzbetreibern ermöglichen, nicht nur in Kupfer und Stahl, sondern auch verstärkt in Bits und Bytes zu investieren, um die Netzinfrastruktur intelligent zu gestalten und zukunftsfähig zu halten. Digitale Innovationen haben andere Umsetzungszyklen und Kostenstrukturen als der traditionelle Netzausbau – das müssen wir berücksichtigen.“

Die Studie identifiziert Entwicklungsbedarf im heutigen Regulierungsrahmen: Denn Innovationsprojekte sind eher risikobehaftet, und Digitalisierungsprojekte meist OPEX-basiert; gleichzeitig steigt der Bedarf nach teils branchenübergreifenden Kooperationsprojekten. Die Studie schlägt Ansätze zur gezielten Weiterentwicklung des Regulierungsrahmens für einen sachgerechten Anreiz und für eine transparente Refinanzierung von Innovation und Digitalisierung vor. Eine erste Diskussion der Studienansätze gab es beim Thementag Regulierung, auf dem auch Gäste aus der deutschen und der österreichischen Regulierungsbehörde Vorträge hielten.

Studie der Jacobs University beleuchtet drei Themenfelder

Das Autorenteam für die Studie im Auftrag von TransnetBW leitete Prof. Dr. Gert Brunekreeft von der Jacobs University Bremen, unterstützt von Oxera Consulting. Drei Themenfelder standen im Fokus:

  • Erstens überwiegend extern wirkende Digitalisierung und Innovation mit Blick auf Anreize für die Entwicklung neuer Märkte und Bereiche;
  • zweitens überwiegend intern wirkende Digitalisierung und Innovation mit Blick auf die Refinanzierung tendenziell OPEX-intensiver Maßnahmen zur Verbesserung des internen Netzbetriebs;
  • und drittens eine neuartige, innovative Regulierung, die „Wagnisse“ ermöglicht. „Wagnis“ meint hier die Förderung von teilweise risikovollen innovativen Projekten und deren Testung vor einer Implementierung.

Gert Brunekreeft: „Wir haben uns neben der Weiterentwicklung einer output-orientierten Regulierung schwerpunktmäßig drei Ideen für innovative Wagnis-Ansätze angeschaut:

  • ein Experimentierbudget, das Netzbetreiber externen Dritten zur Verfügung stellen können, um Anreize zur Teilnahme an Experimenten zu setzen;
  • ein Regulatory Innovation Trial, also ein geeigneter Rahmen, um auch Änderungen im Regulierungsrahmen an sich testen zu können,
  • und schließlich eine Pioniergeist-Prämie, die Netzbetreibern in Kooperationsprojekten eine flexiblere und fokussiertere Finanzierung von Innovationen ermöglicht.“

Wichtig sei, dass alle diese Handlungsempfehlungen auch netzbetreiberübergreifend angewendet werden können, sodass sie auch europäische Kooperationen fördern könnten.

Wie geht es weiter? „Wir erhoffen uns durch diese Ansätze eine Steigerung der Effizienz des Energiesystems und der volkswirtschaftlichen Wohlfahrt,“ sagt TransnetBW-CFO Pflaum, „und wir wollen diese Ansätze baldmöglichst mit Politik, Regulierung und anderen Stakeholdern diskutieren.“

APG betont Verantwortung aller Akteure

Thomas Karall, kaufmännischer Vorstand von APG, sagte beim Thementag: „Die EU und Österreich haben ambitionierte Ziele im Kampf gegen die Klimakrise. Die Übertragungsnetze spielen bei der Transformation eine zentrale Rolle, weil sie trotz des Umbaus des gesamten Systems die sichere Stromversorgung zu jedem Zeitpunkt gewährleisten müssen. Damit das gelingt, müssen alle Akteure des Energiesystems in ihrem jeweiligen Bereich Verantwortung übernehmen. Mit unseren Investitionen in der Höhe von 3,5 Mrd. € in den dringenden und unverzichtbaren Netzausbau nehmen wir diese Verantwortung wahr. Verfahren müssen beschleunigt werden, und auch die Tarifregulierung muss die neuen Anforderungen an die Übertragungsnetzbetreiber künftig berücksichtigen.“

Der österreichische Übertragungsnetzbetreiber APG stellt beim Thementag ebenfalls eine Studie zu möglichen Modernisierungsansätzen auf nationaler und internationaler Ebene vor.

Download der Studie von Jacobs University/Oxera Consulting unter bremen-energy-research.de

 

„et“-Redaktion

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