In den letzten 12 Monaten gab es erhebliche Fortschritte bei Nachhaltigkeitskonzepten und neuen Geschäftsmodellen.

In den letzten 12 Monaten gab es erhebliche Fortschritte bei Nachhaltigkeitskonzepten und neuen Geschäftsmodellen (Quelle: Pixabay).

„Rekordtemperaturen auf allen Kontinenten, extreme Wetterereignisse und ein neues Ausmaß an Schäden: Der Sommer und Herbst 2023 waren sehr beunruhigend. Die Folgen des Klimawandels und ihre Kosten sind offenkundig. Das motiviert viele zu handeln“, sagt Julia Müller, Head of Sustainable Futures bei Capgemini Invent in Deutschland. „Das Umsetzungstempo allerdings ist noch nicht hoch genug. Die meisten Führungskräfte wissen inzwischen: Es lohnt sich voranzugehen und einen strategischen Vorteil zu erlangen. Wir erwarten daher, dass Unternehmen verstärkt in zukunftsweisende Initiativen investieren und ihre Geschäftsmodelle auf nachhaltige Produkte und Services hin ausrichten. Je früher sie Nachhaltigkeit strategisch umsetzen, desto stärker werden sie die Vorteile spüren.“

Katastrophen und regulatorischer Druck motivieren zu nachhaltiger Transformation

Die Studie ergab, dass weltweit 63 % (und in Deutschland 67 %) der Führungskräfte den wirtschaftlichen Nutzen von Nachhaltigkeit als gegeben betrachten. Im Sommer 2022 vertraten diese Meinung weltweit nur 21 % (und in Deutschland 18 %), wie die erste Ausgabe dieser Studienreihe berichtete. Darüber hinaus denkt heute ein geringerer Anteil der Manager, dass die Kosten von Nachhaltigkeitsinitiativen ihren Nutzen überwiegen: Dieser Wert ist von 53 % auf 24 % gesunken. Ähnlich stark ist der Anteil derjenigen zurückgegangen, die Nachhaltigkeitsinitiativen für eine finanzielle Belastung halten: von weltweit 53 auf 22 %, in Deutschland von 54 auf 15 %.

Die Zunahme extremer Wetterereignisse, von der alle Kontinente betroffen sind, und der damit verbundene Kostenanstieg tragen sicherlich stark zu dieser veränderten Wahrnehmung bei. Als die wichtigsten Motive zur Einführung von Strategien und Initiativen für ökologische und/oder soziale Nachhaltigkeit identifizierte die Studie jedoch die Regulatorik und den erwarteten Return on Investment (ROI): Drei Viertel (74 %) der Führungskräfte erhoffen sich, auf diesem Weg ihre zukünftigen Umsätze zu steigern (gegenüber 52 % im Jahr 2022); 64 % nennen die Einhaltung geltender Regularien als wichtigsten Grund (gegenüber 51 % im Jahr 2022).

Stimmungsumschwung führt bisher nicht zu Investitionsanstieg

Die Organisationen machen seit vorigem Jahr deutliche Fortschritte bei ihren Nachhaltigkeitskonzepten: 61 % der Führungskräfte (gegenüber 49 % im Jahr 2022) geben an, dass ihr Unternehmen über eine Prioritätenliste von Nachhaltigkeitsinitiativen verfügt, die sie in den kommenden drei Jahren umsetzen wollen. Laut 57 % der Befragten (gegenüber 37 % 2022) gestaltet ihr Unternehmen aktuell sein Geschäfts- oder Betriebsmodell nachhaltig um. Durch diesen positiven Wandel allein – ohne steigende Investitionen in Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels – sind allerdings nur begrenzte Auswirkungen zu erwarten. Die Investitionen in ökologische Nachhaltigkeitsinitiativen und -Praktiken sind 2023 gegenüber dem Vorjahr branchenübergreifend um lediglich 0,01 %punkte des Gesamtumsatzes gestiegen.

Auch bei der Berichterstattungstätigkeit, insbesondere dem Messen und Erfassen von Scope-3-Emissionen, sind die Unternehmen weiterhin im Rückstand. Der Anteil der Führungskräfte, die angeben, dass ihr Unternehmen in der Lage ist, Daten zu Scope-1- und Scope-2-Emissionen zu messen und zu erfassen, ist im Vergleich zum Vorjahr unverändert geblieben. Bei den Scope-3-Emissionen ist der Anteil weltweit von 60 % im Jahr 2022 auf 51 % im Jahr 2023 gesunken – in Deutschland sogar von lediglich 52 auf nur noch 38 %. Auch im Bereich der Entwicklung nachhaltiger Produkte gibt es kaum Fortschritte.

Soziale Nachhaltigkeit rückt auf Unternehmensagenden nach oben

Mehr als die Hälfte der Führungskräfte weltweit (56 %, in Deutschland 50 %) gibt an, dass ihr Unternehmen sich zunehmend auf die soziale Dimension des ESG-Bereichs (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) konzentriert – wovon insbesondere die eigenen Mitarbeitenden profitieren. Die Studie ergab, dass für die Arbeitnehmer entlang der Lieferketten deutlich mehr getan werden könnte: Zwar achten fast zwei Drittel (64 %) der Unternehmen bei der Auswahl ihrer Lieferanten auf deren ESG-Bewertungen und Umweltschutzversprechen, aber nur 38 % der Befragten weltweit (sowie 33 % der deutschen) arbeiten ausschließlich mit Lieferanten zusammen, die existenzsichernde Löhne zahlen.

Fehleinschätzung zur Wahrnehmung von Greenwashing

Der Studie zufolge unterschätzen die befragten Manager, für wie wahrscheinlich Konsumenten das Risiko von Greenwashing halten: Nur 17 % der Führungskräfte weltweit (und 13 % in Deutschland) gehen davon aus, dass die Verbraucher ihre Nachhaltigkeitsinitiativen als Greenwashing wahrnehmen. Demgegenüber glauben weltweit 33 % der Verbraucher (und 34 % der deutschen), dass Unternehmen und Marken Greenwashing bei ihren Nachhaltigkeitsinitiativen betreiben.
Am misstrauischsten gegenüber Nachhaltigkeitsversprechen sind Verbraucher in Indien (45 %) und Kanada (43 %). Im Vereinigten Königreich dagegen ist dieser Verdacht am wenigsten verbreitet (16 %). In der Generation Z wiederum gibt es weltweit mit 50 % – und 63 % in Deutschland – die weitaus meisten Skeptiker gegenüber Nachhaltigkeitsversprechen, dreieinhalbmal mehr als unter den Babyboomern (18 %). Letztendlich vertrauen 49 % der Verbraucher nie, selten oder nur manchmal einer Umweltschutzaussage, wenn sie einen Kauf erwägen. In der Generation Z schauen 65 % der Konsumenten in Kaufsituationen genau hin.

Generative KI als zentraler Bestandteil von Nachhaltigkeitsstrategien

Unternehmen setzen ihre Hoffnung auf Digitaltechnologie – insbesondere auf generative KI, um ihre Nachhaltigkeitsziele zu verfolgen. Mehr als die Hälfte (59 %) der Führungskräfte weltweit – und gut zwei Drittel der deutschen (67 %) – glaubt, dass sie eine Schlüsselrolle bei der Transformation ihrer Unternehmen in Richtung Nachhaltigkeit spielen wird. Zugleich unterstreicht ein ähnlich hoher Anteil der Führungskräfte (weltweit 57 % sowie 56 der deutschen), dass ihr Unternehmen bereits Maßnahmen ergriffen hat, um die Umweltauswirkungen des Einsatzes generativer KI-Modelle zu minimieren.

Die vollständige 2023-er Ausgabe des Reports „A World in Balance“ ist verfügbar unter: www.capgemini.com/de.

„et“-Redaktion

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