Berechnungsverfahren zum Nachweis der unrentierlichen Kosten

Bild 3. a) Absolute CO2-Emissionen der Versorgungsvarianten und b) spezifische CO2-Emissionen der Versorgungsvarianten

Bild 3. a) Absolute CO2-Emissionen der Versorgungsvarianten und b) spezifische CO2-Emissionen der Versorgungsvarianten

Bereits in den Vorbemerkungen verweist das AGFW-Regelwerk FW 703 darauf, dass „die Ausreichung von Fördermitteln an verschiedene Kriterien und Nachweise gebunden ist.“ Ein wesentlicher Punkt ist dabei „...der Nachweis der Wirtschaftlichkeitslücke bezüglich der Investitionen und die Höhe der unrentierlichen Kosten...“. FW 703 ist für die Berechnung von unrentierlichen Kosten von Fördermitteln anzuwenden. Der Begriff der unrentierlichen Kosten definiert sich nach FW 703 wie folgt: „Die un­rentierlichen Kosten (Wirtschaft­lichkeitslücke) sind der Teil der Investition, der innerhalb des Betrachtungszeitraums nicht aus Erlösen gedeckt werden kann. Sie stellen die Basis zur Beantragung von Beihilfe dar.“

Die fördergeldgebende Stelle forderte als Nachweis ein Gutachten zur Berechnung der unrentierlichen Kosten nach FW 703. Die Stadtwerke Iserlohn haben mit der Erstellung des Gutachtens die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg beauftragt.

Die Prüfung kommt zu dem Ergebnis, dass die vorgelegte Schätzung der Wärmenachfrage sowie die Kosten der vorgeschlagenen technischen Lösung plausibel sind. Die Investitionskosten weichen in wenigen Positionen von den typischen Kennwerten ab. Die Abweichungen sind durch die Situation vor Ort begründbar bzw. kompensieren sich in ihrer Wirkung. Die erwarteten Betriebs- und Instandhaltungskosten liegen im marktüblichen Rahmen. Die KWK-Förderung zum Ausbau von Fernwärmenetzen in maximaler Höhe von 30 % wird in der Berechnung der unrentierlichen Kosten als sonstige Erträge berücksichtigt und reduziert somit die Unren­tierlichkeitslücke. Eine Doppel­förderung aus KWKG und dem  EFRE-Programm kann somit ausgeschlossen werden.  

Damit wurden alle erforderlichen Nachweise zur Förderung der Maßnahmen in Höhe des maximalen Förderanteils von 65 % der Investitionskosten erbracht. Die Gesamtförderung der Maßnahme beläuft sich auf rd. 2,4 Mio. €. Der Förderbescheid wurde am 13.07.2019 vom Regierungspräsidenten Hans-Josef Vogel den Stadtwerken Iserlohn persönlich überbracht.

Umsetzung der Maßnahme

Die EFRE-Fördergelder werden auf Basis von Prognosedaten beantragt, d. h., dass zum Zeitpunkt der Beantragung weder die genauen Baukosten noch die kontrahierbaren Anschlusswerte hinreichend bekannt waren. Dadurch besteht eine gewisse Unsicherheit, ob die Wirtschaftlichkeit letzten Endes gegeben sein wird. Durch Kenntnisse über die potenziellen Kunden und über die Entwicklung der Baukosten konnte dieses Risiko geschätzt werden. Es bestand große Zuversicht, den Kostenrahmen einzuhalten und ausreichendes Anschlusspotenzial zu realisieren.

Im ersten Schritt wurden die Tief- und Rohrbaumaßnahmen öffentlich ausgeschrieben. Die Kalkulation der Baumaßnahme geschah auf Basis der Preise von bestehenden Jahresleistungsverzeichnissen zzgl. eines Marktanpassungsfaktors. Diese Baumaßnahme stieß auf reichlich Interesse bei den entsprechenden Fachunternehmen. Die Leistungen wurde Ende des Jahres 2019 in Höhe der kalkulierten Prognosekosten vergeben.

Direkt im Anschluss wurde aktiv mit dem Vertrieb der Fernwärmehausanschlüsse begonnen. Die potenziellen Anschlussnehmer bestanden zum einen aus der Stadt Iserlohn, der heimischen Wohnungswirtschaft sowie der über­regionalen Wohnungswirtschaft. Während die Akzeptanz und Bereitschaft der Stadt Iserlohn und der heimischen Wohnungswirtschaft für die Fernwärmeversorgung richtigerweise als sehr groß eingeschätzt wurde, war diese bei der überregionalen Wohnungswirtschaft zunächst unbekannt. Da dieser die Vorteile der Fernwärmeversorgung aus deren Wohngebäuden im Ruhrgebiet nicht nur bekannt ist, sondern vielmehr als Wärmeversorgung präferiert wird, sind die Stadtwerke hier offene Türen eingelaufen. In kürzester Zeit konnten somit 2,12 MW Anschlussleistung gewonnen werden. Somit beträgt der Anschlussgrad jetzt bereits 75 % der Prognoseanschlussleitung zum Förderantrag.

Die mittlerweile aufgekommene Diskussion zur CO2-Abgabe hat das hohe Interesse an der Fernwärme weiter verstärkt. Die Fernwärmebaumaßnahme wird von weiteren Anwohnern im näheren und weiteren Umfeld wahrgenommen. Es bestehen zahlreiche Anschlussanfragen. Die Stadtwerke Iserlohn gehen davon aus, dass der Planungsanschlusswert in den nächsten fünf Jahren zu 100 % erreicht wird, so dass neben dem Beitrag zum Klimaschutz auch ein wirtschaftliches Ergebnis im Sinne der FW 703 erzielt werden wird.

Zusammenfassung

Die Stadtwerke Iserlohn konnten mit Fördergeldern aus dem EFRE-Programm das Quartier in Iserlohn-Gerlingsen erfolgreich erschließen. Diese Erschließung mit regenerativer Fernwärme trägt zum einen wesentlich zum Erreichen der kommunalen Klimaschutzziele bei, zum anderen wird dadurch die Wertschöpfung des lokalen Wirtschaftsstandorts gestärkt.

Das AGFW-Regelwerk FW 703 ist eine Grundvoraussetzung und eine große Hilfe zur Berechnung der Unrentierlichkeit einer Quartiersentwicklung mit „grüner“ Fernwärme, ohne das die Genehmigung von Fördergeldern kaum möglich ist. Hiermit hat der AGFW einen Regelwerksbaustein erarbeitet, der sowohl den Genehmigungsbehörden als auch den beantragenden Fernwärmeversorgungsunternehmen die erforderliche Sicherheit in den Bewilligungsverfahren von europäischen Fördergeldern gibt.
 
Thomas Armoneit, Technischer Leiter, Stadtwerke Iserlohn GmbH, Iserlohn, t.armoneit@heimatversorger.de

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