Betriebssimulation zur Ableitung von Optimierungsmaßnahmen

Bild 4. Betrachtete Optimierungsansätze im T-Q-Diagramm

Bild 4. Betrachtete Optimierungsansätze im T-Q-Diagramm (Quelle: Lagom.Energy GmbH)

Um Optimierungsmöglichkeiten ableiten zu können, wurde im Rahmen des Mess- und Monitoringprogramms ein digitales Modell der Wärmepumpe für anschließende Betriebssimulationen erarbeitet. Hierbei konnten die einzelnen Komponenten realitätsnah abgebildet werden, wodurch die verfahrenstechnischen und thermodynamischen Vorgänge innerhalb der Wärmepumpe in die Simulation einfließen können.

Bei Betrachtung der bereits in Betrieb genommenen Anlage ergeben sich nur drei Optimierungsmöglichkeiten, die ohne einen Umbau der Anlage gehoben werden können. Auf der Fernwärmeseite bietet sich die Absenkung der Vorlauftemperatur an, wodurch der durch die Wärmepumpe zu leistende Temperaturhub sinkt (Optimierungsansatz 1). Ebenso kann die Rate der Vorlaufrückführung, mit der die Wärmenetzrücklauftemperatur vor Eintritt in die Wärmepumpe zur Sicherstellung einer konstanten Temperatur angehoben werden soll, reduziert werden (Optimierungsansatz 2). Auf der Reinwasserseite stellt abschließend der Volumenstrom des Reinwassers im Verdampfer den einzigen Freiheitsgrad dar (Optimierungsansatz 3).

Die Auswirkungen der drei Optimierungsansätze sind im T-Q-Diagramm in Bild 4 dargestellt. Wird die Netzvorlauftemperatur und damit der durch die Wärmepumpe zu leistende Temperaturhub abgesenkt (Optimierungsansatz 1), so kann ebenfalls eine geringere Kondensationstemperatur gewählt werden. Diese wirkt sich wiederum durch einen daraus resultierenden geringeren Kondensationsdruck und somit ein geringeres Verdichtungsverhältnis positiv auf die elektrische Leistungsaufnahme des Verdichters aus.

Durch die im Rahmen von Optimierungsansatz 2 betrachtete Reduktion der Fernwärmeeintrittstemperatur in den Kondensator bei gleichzeitig konstanter Austrittstemperatur ist bei gleicher Grädigkeit im Kondensator ein geringerer Eintrittsdruck des Kältemittels möglich. Auf diese Weise kann ebenfalls das Verdichtungsverhältnis verringert werden, was erneut die Leistungsaufnahme des Verdichters reduziert und damit den COP der Wärmepumpe steigert.

Im Rahmen von Optimierungsansatz 3 soll die Wärmequelle betrachtet werden. Wird der Reinwasservolumenstrom erhöht, so sinkt bei gleicher Leistung die Abkühldifferenz im Verdampfer, was in einem höheren Austrittsdruck des Kältemittels resultiert. Demnach kann erneut das Verdichtungsverhältnis optimiert werden, wobei im Gegensatz zur Reduktion des Austrittsdrucks in diesem Fall ein erhöhter Eintrittsdruck vorliegt. Bei diesem Optimierungsansatz ist jedoch die damit einhergehende höhere Leistungsaufnahme der Reinwasserpumpe zwingend zu berücksichtigen.

Zwar konnten Optimierungsmöglichkeiten aufgezeigt werden, allerdings lagen bei den Ansätzen 2 und 3 die Auswirkungen auf den COP in einem Bereich von weniger als 1 %. Demnach lässt sich festhalten, dass die Großwärmepumpe in Lemgo nahezu optimal betrieben wird. Einen deutlich größeren Hebel weist die Absenkung der Wärmenetzvorlauftemperatur auf. Der mit der Wärmewende einhergehende Trend zur Absenkung der Netztemperaturen, der in Zukunft auch im Rahmen der Bundesförderung Effiziente Wärmenetze im Bestand klar angegangen werden soll, führt zu einem deutlich effizienteren Betrieb von Großwärmepumpen zur Nutzung von Niedertemperaturwärmequellen, was einen Anstieg des COP je nach gewählter Netzvorlauftemperatur von bis zu 10 % gezeigt hat (Optimierungsansatz 1). Da für alle Optimierungsansätze jedoch kein finanzieller Aufwand nötig ist, bietet sich die Umsetzung dennoch an. Vor allem bei einer hohen Anzahl an jährlichen Betriebsstunden können bereits geringe Effizienzsteigerungen mit großen finanziellen Einsparungen einhergehen.

Durch den Wärmepumpenbetrieb konnten im Vergleich zum vorherigen Wärmeerzeugungsmix der Stadtwerke Lemgo bereits im November und Dezember 2019 über 1 000 t CO2 eingespart werden. Die genaue Berechnung der Einsparung sowie die Betrachtung weiterer Optimierungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung des gesamten Anlagenparks der Stadtwerke Lemgo sind Gegenstand eines weiteren Forschungsprojekts, dessen Ergebnisse Ende 2021 erwartet werden.

Dr.-Ing. Nicolas Witte-Humperdinck, Florian Nigbur, Lagom-Energy GmbH, witte@lagom.energy, nigbur@lagom.energy, www.lagom.energy / Christian Thommessen, Jan Scheipers, Lehrstuhl Energietechnik an der Universität Duisburg-Essen, christian.thommessen@uni-due.de, jan.scheipers@uni-due.de, www.uni-due.de / Uwe Weber, Stadtwerke Lemgo GmbH, weber@stadtwerke-lemgo.de, www.stadtwerke-lemgo.de / Ellen Claudia Rupprath RWTH Aachen, ellen.rupprath@rwth-aachen.de, www.rwth-aachen.de

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