Die neue Energieeffizienzrichtlinie bringt neue Mess-, Abrechnungs- und Informationspflichten

Die neue Energieeffizienzrichtlinie bringt neue Mess-, Abrechnungs- und Informationspflichten (Bildquelle: Landis + Gyr)

Die Mitgliedstaaten müssen bis zum 25. Oktober 2020 die erforderlichen Gesetze erlassen, um die europäischen Bestimmungen in das deutsche Recht umzusetzen. Diese recht kurze Frist verlangt von den Mitgliedstaaten, zügig zu handeln und die notwendigen Entscheidungen so schnell wie möglich zu treffen, damit sich die Fernwärme- und -kälteversorgungsunternehmen auf den veränderten Rechtsrahmen vorbereiten können. Im Folgenden werden die Bestimmungen der neuen Richtlinie vorgestellt – mit besonderem Fokus auf diejenigen Regelungen, die die Stärkung der Verbraucherrechte betreffen.

„Efficiency First“ durch gestärkte Verbraucherrechte

Für die Europäische Union hat die Energieeffizienz größte Bedeutung, um ihre klimapolitischen Ziele zu erreichen. Folgerichtig genießt die Energieeffizienz oberste Priorität im Gesetzgebungspaket „Saubere Energien für alle Europäer“, häufig auch Winterpaket genannt. Eine besondere Rolle spielt künftig der Verbraucher: Ihm soll ein fairer Übergang zu sauberer Energie verschafft werden. Die Europäische Union sieht in gestärkten Verbraucherrechten ein Instrument, um die Energieeffizienz zu verbessern. Im Mittelpunkt der geänderten EED stehen daher vor allem Verbraucherrechte.

Die Richtlinie geht von der Prämisse aus, dass der Verbraucher aktiv dazu beitragen kann, die Energieeffizienzziele zu erreichen, wenn ihm sein Energieverbrauch möglichst häufig vor Augen geführt und er mit genauen Informationen versorgt wird. Die bereitgestellten Informationen sollen dem Verbraucher ermöglichen, seinen Ener­gie­verbrauch zu reduzieren, aber auch die Angebote zu vergleichen und gegebenenfalls den Anbieter zu wechseln. Deshalb erweitert die EED zum einen die bereits bislang spartenübergreifend für Strom, Gas und Wärme geltenden Verpflichtungen zur Messung, Abrechnung und Bereitstellung von Informationen. Zum anderen differenziert sie diese entsprechend den technisch-wirtschaftlichen Voraussetzungen der verschiedenen Medien. Eigenständige Regelungen für die Wärmeversorgung enthalten künftig Art. 9a, 9b, 9c, 10a und 11a EED.

Um zu gewährleisten, dass möglichst alle Energieverbraucher in den Genuss der neuen Regelungen kommen, führt die EED neben der Definition des Endkunden einen neuen Begriff ein: den Endnutzer. Endkunden sind natürliche oder juristische Personen, die Energie für den eigenen Endverbrauch kaufen (Art. 2 Nr. 23 EED). Voraus­setzung ist also, dass sie in einer direkten, individuellen Vertragsbeziehung zu einem Energielieferanten stehen. Der Kunde eines Fernwärmeversorgungsunternehmens ist damit Endkunde im Sinne der EED.

Der Begriff des Endnutzers hingegen ist viel weiter gefasst. Er umfasst nach der etwas umständlichen Definition des Art. 10a Abs. 1 EED natürliche oder juristische Personen, die ein einzelnes Gebäude oder ein Gebäude mit mehreren Wohnungen oder ein Mehrzweckgebäude nutzen, das bzw. die von einer zentralen Quelle mit Wärme, Kälte oder Trinkwarmwasser versorgt wird bzw. werden, und die keinen direkten oder individuellen Vertrag mit dem Energieversorger haben. Endnutzer sind folglich sowohl Personen, die einen individuellen Vertrag mit dem Versorger haben – also die End­kunden –, als auch die Nutzer der Wohnungen, z. B. Mieter und Wohnungseigentümer.

Die Begriffe Endkunde und Endnutzer schließen also einander nicht aus. Vielmehr können Endkunden zugleich Endnutzer sein. Schließt das Fernwärmeversorgungsunternehmen – wie im Regelfall – einen Versorgungsvertrag mit dem Vermieter, ist dieser Endkunde und der Mieter ist Endnutzer. Wird der Versorgungsvertrag hingegen mit dem Mieter geschlossen, ist dieser zugleich Endkunde und Endnutzer. Diese Unterscheidung ist von essenzieller Bedeutung für das Verständnis der Richtlinie. Denn die EED knüpft bestimmte Pflichten an den Begriff des Endkunden, andere hingegen an den des Endnutzers.

Darüber hinaus ist das Begriffsverständnis entscheidend für die Frage, wem gegenüber das Fernwärmeversorgungsunternehmen zur Erfüllung seiner Pflichten verantwortlich ist. Das leuchtet vor allem dann ein, wenn das Fernwärmeversorgungsunternehmen mit dem Vermieter den Versorgungsvertrag geschlossen hat. Dann kennt das Versorgungsunternehmen mitunter gar nicht die Bewohner. In diesem Falle liegt es nahe, dem Vermieter die Aufgabe zu übertragen, den Mieter zu informieren.

Die endgültige Entscheidung in dieser Frage liegt nach Art. 10a Abs. 3 EED in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. So entscheiden die Mitgliedstaaten darüber, wer für die Erfüllung der Verpflichtung gegenüber dem Endnutzer verantwortlich ist. Der AGFW setzt sich dafür ein, dass die Erfüllung der Pflichten der Vertragskette folgt. Das bedeutet, dass der Fernwärmeversorger seine Kunden informieren muss. Ist der Vermieter Kunde, sollte er seine Mieter entsprechend informieren müssen. Hierfür bietet sich die Heizkostenabrechnung an, mit der die Gesamtkosten des Gebäudes auf die Nutzer verteilt werden.

Messung des Gebäude-Gesamtverbrauchs nach Art. 9a EED

Die novellierte EED sieht vor, dass die an Fernwärme angeschlossenen Endkunden Zähler erhalten müssen, die den tatsächlichen Energieverbrauch präzise widerspiegeln (Art. 9a Abs. 1 EED). Der Zähler ist am Wärmeübertrager oder an der Übergabestelle zu installieren (Art. 9a Abs. 2). Bereits jetzt verpflichtet § 18 Abs. 1 AVBFernwärmeV die Versorgungsunternehmen, die gelieferte Wärme zu erfassen, und zwar durch Messung. Die zentrale Wärmemessung an der Übergabestellte ist deshalb bereits jetzt praktisch der Normalfall.

Allerdings sieht § 18 AVBFernwärmeV bislang noch eine Reihe von Ausnahmen vor, z. B. die Verbrauchserfassung an einer verbrauchsnah gelegenen Stelle oder bei Nutzung von Abwärme oder Kraft-Wärme-Kopplung. Es wird sich zeigen, ob diese Ausnahmeregelungen künftig noch aufrechterhalten werden können. Für bestehende Versorgungskonzepte sind jedenfalls Ausnahmen unerlässlich, weil anderenfalls immense technische Umrüstungsarbeiten erforderlich werden würden, die in keinem Verhältnis zum Nutzen stehen.

Sub-Metering (Art. 9b EED)

Darüber hinaus regelt die Richtlinie die Erfassung des Wärmeverbrauchs der einzelnen Gebäudeeinheit. In Gebäuden mit mehreren Wohnungen und Mehrzweckgebäuden, die an Fernwärme oder -kälte angeschlossen sind, sind für jede Gebäudeeinheit individuelle Zähler zu installieren, sofern dies technisch durchführbar und im Verhältnis zu potenziellen Energie­einsparungen kosteneffizient ist (Art. 9b Abs. 1 Unterabsatz 1 EED). Damit sind also – jedenfalls im Ausgangspunkt – auch gebäude­intern Wärmemengenzähler zu installieren.

Ist die Installation von Wärmemengenzählern technisch nicht möglich bzw. wirtschaftlich nicht sinnvoll, sind individuelle Heizkostenverteiler zu installieren (Art. 9b Abs. 1 Unterabsatz 2 EED). Ist selbst die Installation von Heizkostenverteilern nicht kosteneffizient, können der EED zufolge alternative kosteneffiziente Methoden zur Messung des Wärmeenergieverbrauchs in Betracht gezogen werden. Welche Methoden dies sind, erläutert die Richtlinie nicht näher. Dies ist im Ergebnis den Mitgliedstaaten vorbehalten. Diese müssen die Kriterien ermitteln und veröffentlichen, nach denen die technische Durchführbarkeit und die Beurteilung der Kosteneffizienz vorgenommen wird.

Das Sub-Metering wird in Deutschland bereits jetzt auf Grundlage der Heizkostenverordnung (HeizkostenV) geregelt. Nach dem bisherigen § 5 Abs. 1 S. 1 HeizkostenV wird der Verbrauch der jeweiligen Gebäudeeinheit entweder durch Wärmemengenzähler oder durch Heizkostenverteiler ermittelt. In der Praxis geschieht dies in aller Regel auf Grundlage von Heizkostenverteilern. Darüber hinaus berücksichtigt die Heizkostenverordnung bereits jetzt, dass der technische und finanzielle Aufwand für den Einbau von Verbrauchserfassungsgeräten mit dem Einsparnutzen im Verhältnis stehen müssen. Deshalb ist gem. § 11 HeizkostenV die individuelle Verbrauchserfassung in Gebäuden mit sehr geringem Energieverbrauch (z. B. Passivhäusern) sowie in Gebäuden mit erhöhter Bewohner­fluktuation (z. B. Studentenwohnheimen, Pflegeheimen) nicht erforderlich.

1 / 3

Ähnliche Beiträge