Energiespeicher: Wärmespeichertestanlage als Teil des Zittauer Kraftwerkslabors an der Hochschule Zittau/Görlitz (v. l.): Prozessthermostat, stationärer Behälterspeicher, Testwärmespeicher eines Herstellers, Wärmespeicher für studentisches Praktikum

Wärmespeichertestanlage als Teil des Zittauer Kraftwerkslabors an der Hochschule Zittau/Görlitz (v. l.): Prozessthermostat, stationärer Behälterspeicher, Testwärmespeicher eines Herstellers, Wärmespeicher für studentisches Praktikum (Quelle: Hochschule Zittau)

Ende September 2014 fand beim Deutschen Institut für Normung e. V. in Berlin ein Workshop zum Thema „Energiespeicher – Chancen durch Normung und Standar­disierung“ statt. Aus einer der Arbeitsgruppen etablierte sich im Nachgang der DIN-Normenausschuss Thermische Energiespeicher für gewerbliche bzw. industrielle Anwendungen. Dessen 2015 begonnene Arbeit mündete im September 2020 in der Veröffentlichung der DIN 2384 „Thermische Energiespeicher – Terminologie, Anforderungen, Kenngrößen, Prüfgrundlagen“ [1]. Dieser Ausschuss ist nur einer der Akteure im Bereich der Normung thermischer Energiespeicher. Was motiviert diese Akteure?

In Deutschland wird mehr als die Hälfte der Endenergie in Form thermischer Energie – also als Wärme oder Kälte – verbraucht, im Jahr 2019 exakt 55,6 % (Quelle: BMWi). Etwa gleiche Anteile werden als Raum- und Prozesswärme eingesetzt, geringere Energiemengen dienen der Warmwasserbereitung und der Klima- und Prozesskälteerzeugung. Insgesamt sprechen wir dabei von rd. 1 400 Milliarden kWh.

Von dieser enormen Energie­menge konnten 2019 nur rd. 15 % aus erneuerbaren Energieträgern erzeugt werden (Vergleich 2019: Stromsektor 42 %, Quelle: UBA). Die Wärmewende steckt also sprichwörtlich „in den Kinderschuhen“. Jede Kilowattstunde Wärme, die aus Heizöl, Flüssig- oder Erdgas erzeugt wird, ist mit mindestens 200 bis 280 g CO2 belastet. Damit lässt sich leicht schätzen, welche CO2-Emissionen der deutsche Wärmesektor jährlich verursacht.

Zur Minderung dieser wärmebedingten CO2-Emissionen gibt es zwei Wege: erstens den vermehrten Einsatz erneuerbarer Energieträger zur Wärmeversorgung und zweitens die generelle Senkung des Wärmeverbrauchs. Voraussetzung für die Realisierung beider Wege ist die Verfügbarkeit effizienter und wirtschaftlicher thermischer Energiespeicher zur Überbrückung zeitlicher Diskrepanzen zwischen Wärmebereitstellung und Wärmebedarf, wie es bei der Nutzung volatiler Wärmequellen wie der Solarthermie oder der Erschließung zyklisch verfügbarer Abwärmeressourcen der Fall ist.

Sowohl die energetische Effizienz als auch die Wirtschaftlichkeit des Einsatzes eines Wärmespeichers hängen in entscheidendem Maße davon ab, dass die Funktionalität des Speichers optimal auf das Energiesystem abgestimmt ist, in das dieser integriert wird. Um die Auswahl geeigneter Speicher durch den Planer bzw. Anwender und die Vergleichbarkeit von Speichern unterschiedlicher Hersteller zu ermöglichen, müssen verbindliche Normen und Standards erarbeitet werden. Dieser Prozess nimmt aktuell Fahrt auf.

Sprachgebrauch

Eine wichtige Aufgabe der Normung besteht neben der Festlegung technischer Standards darin, physikalisch fundierte Begrifflichkeiten mit dem etablierten ingenieurtechnischen Sprachgebrauch in Einklang zu bringen, um die Akzeptanz der Normen zu erhöhen. Dennoch sollte versucht werden, bei jedem Normungsprozess den Sprachgebrauch positiv zu beeinflussen.

Unter dem Begriff thermische Energiespeicher werden sowohl Wärme- als auch Kältespeicher zusammengefasst. In der Thermodynamik wird unter Wärme ein nicht an einen Stoffstrom gebundener thermischer Energietransport aufgrund von Temperaturdifferenzen verstanden. Also gibt es streng genommen keine Wärmespeicher, weil die Energie niemals in Form von Wärme, sondern entweder als innere Energie oder als Bindungsenergie gespeichert wird. Dennoch bleiben die Begriffe des Wärmespeichers als Baugruppe und der Wärme als gespeicherte Energieform natürlich erhalten.

Aber was ist Kälte? Kälte ist dieselbe Energieform wie Wärme – lediglich bei Temperaturen unterhalb der Umgebungstemperatur. Ist diese Unterscheidung nötig? Aus thermodynamischer Sicht nicht, aber natürlich ist die Kältetechnik ein wichtiger Bereich der Energietechnik und aus dem Sprachgebrauch der Ingenieure nicht wegzudenken. Dennoch beziehen sich alle weiteren Ausführungen in diesem Aufsatz nur auf Wärmespeicher und schließen Kältespeicher dabei stillschweigend mit ein.

Eine letzte Bemerkung zum Sprachgebrauch: Wärmeübertrager als notwendiger Bestandteil indirekt be- und entladener Wärmespeicher sollten weder als Wärmetauscher noch als Wärmeaustauscher bezeichnet werden. Diese Begriffe sind wärmetechnisch inkorrekt und werden in der DIN 2384 nicht verwendet.

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