Energieversorger prüfen aufgrund des Ukraine-Kriegs, die Umstellung ihrer Kraftwerke von Kohle auf Erdgas zeitlich zu verschieben.

Die SWM prüfen angesichts der möglichen Auswirkungen des Ukraine-Kriegs, den Kohleblock im Heizkraftwerk Nord zu einem späteren Zeitpunkt auf Erdgas umzustellen (Quelle: SWM/Felix Steck)

Der Steinkohlenkraftwerksblock Herne 4 soll voraussichtlich bis Frühjahr 2023 betrieben werden und damit vor allem über den Winter 2022/23 hinaus einen Beitrag zur Gewährleistung von Preisstabilität und Versorgungssicherheit leisten. Die Kraftwerke in Bergkamen und Völklingen-Fenne, die die Steag in Sommer stilllegen wollte, sollen nun bis Ende Oktober 2022 am Netz bleiben. Die Steag hat sich dazu entschieden in dem Wissen, dass das Angebot an regelbarer Energie im kommenden Winter 2022/23 weiter abnehmen wird, weil dann die letzten Kernkraftwerke in Deutschland abgeschaltet werden sollen.

Diese von übergeordneten Marktbedingungen und den unvorhersehbaren weltpolitischen Entwicklungen geleitete Entscheidung bedeutet laut Steag nicht, dass die angekündigte Umrüstung des Kraftwerksblocks Herne 4 zurückgenommen wird. „Es bleibt dabei: Herne 4 wird zu einem erdgasbefeuerten Heizkessel umgerüstet, der künftig die Besicherung der Fernwärmeversorgung für das derzeit kurz vor der Fertigstellung stehende, hocheffiziente Gas- und Dampfturbinenkraftwerk am selben Standort übernehmen wird“, stellt Dr. Ralf Schiele klar, der in der Steag-Geschäftsführung die Bereiche Markt und Technik verantwortet. Lediglich der Zeitpunkt der Umrüstung verschiebe sich.

SWM prüfen Zeitpunkt der Umstellung des Kohleblocks im HKW Nord

Zu Jahresbeginn hatten die SWM bekannt gegeben, dass eine Umstellung des Kohleblocks im Heizkraftwerk (HKW) Nord auf Erdgas noch zur Heizperiode 2022/23 technisch umsetzbar ist. Der Block 2 ist laut Bundesnetzagentur stromseitig systemrelevant und kann daher nicht ersatzlos abgeschaltet werden. Zudem ist der Betrieb des HKW Nord für die zuverlässige Münchner Fernwärmeversorgung unverzichtbar.

Um die Versorgungssicherheit gewährleisten zu können, überprüfen die SWM den Zeitplan der Umstellung von Kohle auf Erdgas. Denn durch diese ginge in München ein neuer Großverbraucher ans Netz, der während der Heizperiode deutlich mehr Erdgas benötigen würde als alle Münchner Privatkunden der SWM Versorgungs GmbH zusammen. Die Versorgungslage könnte sich dadurch weiter verschärfen und vor allem eine Zwangsabschaltung von Industriekunden als erste konkret Betroffene bei einem Engpass wäre dann wahrscheinlicher.

Die SWM haben daher mehrere Alternativszenarien untersucht, die sie dem Ausschuss für Arbeit und Wirtschaft am 15. März vorstellen werden:

  • Weiterbetrieb nach Beschlusslage des Stadtrats (Kohleminderungspfad soweit technisch möglich)
  • Umstellung von Kohle auf Gas zur Heizperiode 2022/23
  • Umstellung von Kohle auf Gas zur Heizperiode 2023/24
  • Umstellung von Kohle auf Gas zur Heizperiode 2024/25

Eine Umstellung zur Heizperiode 2023/24 oder auch 2024/25 wäre ökologisch immer noch eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Stand des letzten Stadtratsbeschlusses zu Block 2.

Die SWM verfolgen nach wie vor das Ziel eines schnellstmöglichen Kohleausstiegs. Unter Abwägung der Aspekte von Versorgungssicherheit, Ökologie und Wirtschaftlichkeit wird vorgeschlagen, die Umstellung von Kohle auf Gas zur Heizperiode 2023/24 vorzunehmen. Würde sich dies aufgrund der weiteren Entwicklung nicht realisieren lassen, unterbreiten die SWM zu gegebener Zeit einen neuen Vorschlag für die Heizperiode 2024/25.

Dr. Florian Bieberbach, Vorsitzender der SWM Geschäftsführung: „Unsere Strategie hin zu hundertprozentig erneuerbarer Strom- und Wärmeversorgung bleibt unverändert. Wir stimmen aber mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck überein, dass der kurzfristige Fokus energiepolitischen Handelns jetzt vor allem auf der Versorgungssicherheit liegen muss. Die Energiewirtschaft bereitet sich bundes- und europaweit auf Gasknappheit vor. Zu einem verantwortungsvollen Management gehört es, dass sich auch die SWM für ihre Kunden darauf vorbereiten. Nach Durchspielen verschiedener Szenarien und sorgfältiger Prüfung von Optionen schlagen wir dem Stadtrat vor, den Block 2 im HKW Nord in der nächsten Heizperiode noch einmal mit Kohle zu betreiben. Dies verringert unseren prognostizierten Gasbedarf signifikant, was in diesen Zeiten die Versorgungssicherheit deutlich erhöht. Ebenso stimmen wir mit dem Bundeswirtschaftsminister überein, dass wir uns beschleunigt auf eigene, idealerweise erneuerbare Energiequellen stützen müssen, was unsere energiepolitische Unabhängigkeit stärkt. Wir sehen uns deshalb in unserer langjährigen Strategie bestätigt und werden unsere Ausbauoffensive Erneuerbare Energien und die Fernwärmewende konsequenter denn je fortsetzen.“

EHP-Redaktion

Ähnliche Beiträge