Energy Community: Technologie ist Trumpf

Bild 1. Der Zugang zu lokalen Energiedaten der einzelnen  Teilnehmer einer Energiegemeinschaft ist entscheidend. Gateways wie die  coneva SmartBox Compact können herstellerunabhängig alle Anlagen der Teilnehmer anbinden und vernetzen.

Bild 1. Der Zugang zu lokalen Energiedaten der einzelnen Teilnehmer einer Energiegemeinschaft ist entscheidend. Gateways wie die coneva SmartBox Compact können herstellerunabhängig alle Anlagen der Teilnehmer anbinden und vernetzen. (Quelle: Coneva)

Energiegemeinschaften: Bild 2. Ziel ist eine aktiv optimierte Community, bei der alle Verbraucher und Erzeuger eingebunden sind und der Eigenverbrauch auf ein Maximum gesteigert werden kann.

Bild 2. Ziel ist eine aktiv optimierte Community, bei der alle Verbraucher und Erzeuger eingebunden sind und der Eigenverbrauch auf ein Maximum gesteigert werden kann. (Quelle: Coneva)

Für den Aufbau und den Betrieb einer Energy Community ist innovative Technologie erforderlich. In einem ersten Schritt muss der individuelle Stromverbrauch sowie die Stromerzeugung der Teilnehmer gemessen werden. Idealerweise werden auch die steuerbaren Verbraucher angebunden, damit die vorhandene Flexibilität genutzt werden kann. Zu diesem Zweck wird ein lokales Gateway wie die coneva SmartBox installiert (Bild 1). In Abhängigkeit von der bestehenden Messinfrastruktur kann ein vorhandenes Smart-Meter-Gateway genutzt werden oder es kommt eine separate Kommunikationsbox zum Einsatz.

Im zweiten Schritt werden die gemessenen Daten aller Teilnehmer zusammengeführt. Auf diese Weise wird sichtbar, wie viel lokal erzeugte Energie innerhalb einer Viertelstunde vor Ort in der Community verbraucht wurde. So lässt sich berechnen, wie hoch die Eigenverbrauchsquote ist. Bei unverändertem Verbrauchsverhalten sind hier Werte zwischen 30 bis 50 % üblich.

Im dritten Schritt geht es darum, die Verbrauchsprofile der Teilnehmer und Geräte so zu verändern, dass die Eigenverbrauchsquote innerhalb der Community gesteigert wird. Ziel ist es, Stromverbrauch und Stromerzeugung zeitlich aufeinander abzustimmen. Um das Verbrauchsverhalten zu ändern, werden die Teilnehmer mithilfe verschiedener Visualisierungslösungen, zum Beispiel mit einer Endkunden-App, über die »Knappheiten« in der Community informiert. Über Gamification-Ansätze sollen die Teilnehmer einen Anreiz für ein geändertes Verbrauchsverhalten bekommen. Die aktive Teilnahme zur Optimierung des Energieverbrauchs in der Community wird hier also durch Informations- und Transparenzansätze angereizt. Gleichzeitig wird der Energieeinsatz in der Community über ein lokales, voll-automatisiertes Energiemanagement optimiert. Dieses setzt die steuerbaren Geräte (Ladesäule, Batterie und Wärmepumpe) in Abhängigkeit von der Stromerzeugung innerhalb der Community ein. Dabei werden individuelle Vorgaben der Teilnehmer berücksichtigt, um Komforteinschränkungen zu vermeiden. Die individuellen Vorgaben werden durch die Teilnehmer über eine Endkunden-App eingegeben. In diesem Fall spricht man von einer aktiv optimierten Community, die den Eigenverbrauch auf ein Maximum steigert (Bild 2).

Die richtige Energy Community für jedes Land

Die gleiche europäische Rechtsgrundlage führt zu individuellen, länderspezifischen Auslegungen von Energiegemeinschaften und Bedarf einer flexibel adaptierbaren Technologielösung. ­Coneva konnte in verschiedenen Ländern zeigen, wie dies bestmöglich umgesetzt werden kann.

Community in Deutschland: Transformation vom Stromlieferanten zum Energiedienstleister

Die Aschaffenburger Versorgungs-GmbH (AVG) setzt aktuell mit coneva als Technologie- und Softwareanbieter das Konzept einer Strom-Community um. Das Unternehmen bietet damit ein neues, innovatives Tarifmodell an: Anstelle der für Prosumer mit Eigenverbrauchsanlage üblichen Kosten- und Ertragsstruktur (Netzbezugskosten, EEG-Einspeisevergütung) wird in der Community verrechnet, wie viel ein Teilnehmer der Community gibt beziehungsweise aus der Community bezieht. Damit entwickelt sich die AVG von einem reinen Stromlieferanten zu einem Energiedienstleister.

Die Stadtwerke Aschaffenburg richten sich mit diesem Angebot an Haushalte mit eigener Erzeugungsanlage und steuerbaren Verbrauchern wie Wärmepumpen und Ladesäulen. Die Grundidee ist dabei, dass selbst erzeugter Strom nicht ausschließlich durch den individuellen Eigenverbrauch nutzbar wird, sondern auch innerhalb der Community geteilt werden kann. Der lokale PV-Überschussstrom aus PV-Aufdachanlagen wird hier also an andere Teilnehmer geliefert. Die Teilnehmer der Community nutzen damit den lokal produzierten Strom und erreichen einen »kollektiven Eigenverbrauch« sowie eine gesteigerte Autarkie auf lokaler Ebene. Das Angebot bezieht sich auf das Netzgebiet der AVG und ist damit eine netzbezogene Community.

Jeder Teilnehmer muss mindestes eine PV-Anlage sowie einen steuerbaren Verbraucher haben. Das kann eine Ladesäule, eine Wärmepumpe oder ein Batteriespeicher sein. In Abhängigkeit von der vorhandenen Flexibilität zahlt jeder Kunde ein monatliches Dienstleistungsentgelt an die AVG. Je mehr Flexibilität vorhanden ist, desto geringer ist das Entgelt. Erzeugungs- und Verbrauchsmengen werden halbjährlich verrechnet. Überschussmengen beziehungsweise Reststrombezug wird konventionell mit dem jeweils gültigen Preis je Kilowattstunde berechnet. Ein monetärer Vorteil für die Teilnehmer entsteht durch die Integration eines lokalen Energiemanagementsystems (EMS). Das EMS nutzt die Flexibilität der steuerbaren Verbraucher, um den Eigenverbrauch aus der PV-Anlage zu maximieren. Dafür wird beispielsweise der Ladevorgang für das E-Auto in diejenigen Zeiten verlegt, in denen der Ertrag aus der PV-Anlage am größten ist. Da es in Deutschland noch keinen regulatorischen Rahmen für Energy Communities gibt, unterliegt jede Kilowattstunde Strom, die durch das öffentliche Stromnetz führt, sämtlichen Steuern, Umlagen und Entgelten. Daher wird hier ein zweistufiges EMS implementiert, das im ersten Schritt lokal optimiert und im zweiten Schritt den Eigenverbrauch der gesamten Community steigert.

Community in UK: Smart-Grid-Lösung für das Energiemanagement

Im Vereinigten Königreich regeln die G100-Anforderungen des Verbands der Netzbetreiber (Energy Networks Association) die maximale lokale PV-Netzeinspeisung innerhalb eines Netzgebiets. Mit Export Limiting Schemes soll sowohl die Versorgungssicherheit als auch der Ausbau der dezentralen Stromerzeugung ermöglicht werden. Denn durch die sinkenden Stromgestehungskosten aus erneuerbaren Energien nimmt die installierte Erzeugungsleistung in Niederspannungsnetzen durch Aufdach-PV-Anlagen stetig zu. Viele Stromnetze sind für die gestiegene Einspeiseleistung jedoch noch nicht ausgelegt.

Üblicherweise wird vorgegeben, dass kein Strom über die Transformatorstation in die vorgelagerten Netze fließen darf. Zusammengeschlossen in einer Energy Community können Prosumer den selbst produzierten Strom jedoch untereinander teilen – unter der Vo­­r­aussetzung, dass nur die unterste Netzebene den jeweils überschüssigen PV-Strom aufnimmt. Es bedarf also einer zentralen Smart-Grid-Lösung, die ein Quartier ganzheitlich inklusive aller PV-Anlagen, Verbraucher sowie der Transformatorstation des Netzbetreibers betrachtet und durch Steuerungseingriffe bei den Prosumern einen Stromfluss aus dem Quartier heraus vermeidet. Die Regelung der vernetzten Teilnehmer muss dabei innerhalb von fünf Sekunden geschehen. Dafür ist eine Kommunikationsverbindung zwischen den Haushalten und den dort verbauten Wechsel­richtern der PV-Anlagen sowie der Transformatorstation aufzubauen.

In Maidenhill bei Glasgow wird ein Wohnquartier mit 66 Häusern neu gebaut. Alle Wohngebäude sind mit PV-Anlagen zur Eigenstromversorgung ausgestattet. Als Dienstleister für dezen­trale Energiemärkte stellt coneva dem Energie­versorger Eon UK eine plattformbasierte Technologielösung für Smart Grids bereit, die von der Vernetzung bis zur Optimierung und Steuerung von Prosumern innerhalb eines Neubauquartiers alles abdeckt. Dieses Energiemanagementsystem ist bei jedem einzelnen Hausbesitzer und dessen Netzeinspeisepunkt implementiert.

Die vollautomatische Lösung steht über die Azure-basierte IoT-Plattform von ­coneva bereit und schafft für alle Stakeholder des Neubaugebiets einen Mehrwert. Das örtliche Niederspannungsnetz wird intelligent geregelt, Eon UK unterstützt Immobilienentwickler dabei, erneuerbare, dezentrale Versorgungskonzepte umzusetzen und die Haushalte profitieren von einer hohen Versorgung mit günstigem, lokal erzeugtem Strom. Die gesamte Smart-Grid-Lösung ist auch in der Folgezeit sowohl hardware- als auch softwareseitig beliebig skalierbar.

Community in Italien: regulatorischer Rahmen vorhanden

In Italien gibt es bereits einen regulatorischen Rahmen für Energy Communities. Das Prinzip ist einfach: Eine Community besteht aus Energieerzeugern, Verbrauchern und gegebenenfalls Prosumern, die sich geografisch im Netzgebiet einer Transformatorstation der Mittelspannungsebene als eine Art juristische Person zusammenfinden. Die Erzeugungsleistung darf je Anlage 1 MW nicht überschreiten. Auf Stundenbasis wird nun die Eigenverbrauchsquote der Community berechnet. Für jede, innerhalb der Community verbrauchte Megawattstunde erhält die Community eine Förderung von rund 110 €. Das heißt, je höher der kollektive Eigenverbrauch ist, desto höher ist der Erlös der Community. Dies wird möglich, indem die Flexibilität der steuerbaren Verbrauchseinrichtungen im Rahmen eines Energiemanagementsystems genutzt wird. Experten rechnen in den nächsten fünf Jahren mit bis zu 20 000 neu entstehende Communities.

Zusammen mit SMA Italia ist coneva derzeit dabei, eine Community in Kalabrien im Rahmen eines Pilotprojekts umzusetzen. Die Community besteht aus 17 reinen Consumern sowie einer 70-kWp-PV-Anlage.

Felix Jedamzik, International Key Account Manager, coneva GmbH, München, felix.jedamzik@coneva.com, https://coneva.com

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