In dem Pilotprojekt in Kadenbach testet die evm-Gruppe gemeinsame mit ihren Partnern die Weitbereichsregelung. So sollen künftig Spannungsschwankungen im Netz automatisiert ausgeglichen werden.

In dem Pilotprojekt in Kadenbach testet die evm-Gruppe gemeinsame mit ihren Partnern die Weitbereichsregelung. So sollen künftig Spannungsschwankungen im Netz automatisiert ausgeglichen werden. (Quelle: Sascha Ditscher)

Die Energienetze Mittelrhein (enm), die Netzgesellschaft der Energieversorgung Mittelrhein (evm), nutzen regelbare Ortsnetzstationen bereits seit einigen Jahren an gezielten Stellen im Stromnetz. Ziel ist es, durch Veränderung der Stufenstellung des Transformators unter Last, die Niederspannungs- von der Mittelspannungsebene zu entkoppeln. So kann das Spannungsniveau auch bei wechselnder Last und Einspeisung stabilisiert werden.

Jetzt hat der Netzbetreiber in Kadenbach ein weiteres Pilotprojekt in ländlicher Umgebung gestartet. Es befinden sich hauptsächlich Ein- und Zweifamilienhäuser im Ortsnetz, von denen 27 eine PV-Anlage auf dem Dach haben. Insgesamt haben diese eine Gesamtleistung von 190 kW, sodass an sonnenreichen Tagen im Ortsnetz mehr Strom erzeugt, als verbraucht wird. Es kommt also in der Ortsnetzstation zu einer Lastflussumkehr.

„Das Übersetzungsverhältnis des Transformators bei diesen Gegebenheiten fest einzustellen ist schwierig“, erklärt Peter Wiacker, Bereichsleiter Asset-Management bei der enm. „Der regelbare Ortsnetztransformator ist dort die ideale Lösung, da bei ihm das Übersetzungsverhältnis variabel einstellbar ist.

Zusätzliche Messtechnik für die Weitbereichsregelung

Das Besondere an diesem Pilotprojekt ist die zusätzliche Weitbereichsregelung.“ In zwei Kabelverteilerschränken im Ortsnetz wurden Messsensoren verbaut. Sie senden in regelmäßigen Abständen Rohdaten ihrer Messungen an einen Algorithmus des Smart-Grid-Systems, der daraus ein dreiphasiges knotenscharfes Netzabbild zum Netzzustand berechnet. Mit dem Smart-Grid-System ist es möglich, über die reinen Last- und Einspeisedaten hinaus in Echtzeit Strom und Spannung sowie den Leistungsfaktor zu messen und so das Netz sicher zu steuern. Durch das automatisierte, selbstständige Überwachen und Ausregeln des Netzes wird sowohl die Netzbetriebsführung als auch das übergeordnete Leitsystem entlastet.

Als Messsystem kommen dabei PLPlano Wandlerlastschaltleisten von Jean Müller zum Einsatz. Das Messmodul sitzt platzsparend über den Leisten. Die Messwerte der PLPlano Messmodule werden durch das Energy Control Interface kurz ECI der Firma Phoenix Contact gesammelt und mittels Powerline in die Ortsnetzstation übertragen. Überwacht und gesteuert wird das Niederspannungsnetz durch die Smart-Grid-Systemplattform PSIngo.

Der Regelungsalgorithmus wird lokal ausgeführt und in der PSI Cloud als „digital Twin“ vorgehalten. „So können wir gewährleistet, dass das System autark vor Ort funktioniert. Gleichzeitig müssen nur die Messwerte in die Cloud übertragen werden, wodurch Bandbreite eingespart wird“, so Wiacker. In der Cloud selbst stehen dann alle Berechnungen und auch die Messwerte zur Verfügung.

Durch die „State Estimation“ kann der Lastfluss im gesamten Ortsnetz anhand weniger Messpunkte berechnet werden. Diese Messpunkte können die Netzexperten jederzeit über die Weboberfläche von PSIngo einsehen. „Das System reagiert aber auch selbst“, erklärt der Bereichsleiter. „Bei einer Überschreitung von Grenzwerten sendet es Benachrichtigungen an die zuständigen Kollegen, die dann bei Bedarf händisch eingreifen können.“ Im Normalfall funktioniere die Auswahl der idealen Stufenstellung jedoch völlig automatisch. Die neue Technik helfe außerdem die Netztransparenz zu erhöhen und so im Fehlerfall eine Störungsursache noch schneller zu finden.

ew-Redaktion

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