Auf Leiterseilen an sechs Maststandorten einer nördlich von Donauwörth verlaufenden Freileitung wurden Sensoren zur Früherkennung von Vereisungen angebracht - im Bild als kleiner schwarzer Punkt am Leiterseil zu erkennen.

Auf Leiterseilen an sechs Maststandorten einer nördlich von Donauwörth verlaufenden Freileitung wurden Sensoren zur Früherkennung von Vereisungen angebracht - im Bild als kleiner schwarzer Punkt am Leiterseil zu erkennen. (Quelle: Thorsten Franzisi/LEW)

Starke Eisbildung an den Leiterseilen einer Freileitung kann zum Problem werden: Löst sich eine dicke Eisschicht zum Beispiel durch einen starken Windstoß, kann das Leiterseil in Schwingung geraten und weitere Leiterseile berühren oder ihnen so nah kommen, dass es zu einem Stromüberschlag kommt. Außerdem hängen Leiterseile bei Vereisung stärker durch. Bei sehr starker Eisbildung können die erforderlichen Sicherheitsabstände zu Objekten am Boden unterschritten werden.

Zur Früherkennung von Vereisungen testet die LEW Verteilnetz GmbH nun gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM und dem Fraunhofer-Institut für Elektronische Nanosysteme (ENAS) erstmalig in Deutschland das autarke Stromsensorsystem (Astrose) an einer 110-kV-Hochspannungsfreileitung bei Donauwörth.

Algorithmus warnt vor drohender Vereisung

Dafür wurden auf Leiterseilen an sechs Maststandorten einer nördlich von Donauwörth verlaufenden Freileitung Astrose-Sensoren angebracht: Sie messen Temperatur, Neigungswinkel sowie die Stromstärke eines Leiterseils. Über eine Richtfunkverbindung werden die Daten der Sensoren alle 15 Minuten an einen Rechner übertragen, der sie in einer Datenbank speichert und entsprechend aufbereitet.

Ein Algorithmus prüft, ob die Daten auf eine Vereisung hindeuten. Das System gibt bei drohender Vereisung eine Warnmeldung ab, bei Überschreiten bestimmter Parameter wird ein Alarm ausgelöst. Die Hinweise des Systems laufen in der Netzleitstelle von LVN in Augsburg auf. Bei Bedarf können die diensthabenden Ingenieure die Mitarbeiter der Betriebsstelle vor Ort informieren, die dann die Leiterseile vom Eis befreien.

Feldtest bis Frühjahr 2021

Den Feldtest führen LVN und das Fraunhofer IZM auf einem rund 1,5 Kilometer langen Leitungsabschnitt einer 110-kV-Hochspannungsleitung nördlich von Donauwörth. In dem Gebiet kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Vereisungen an den Leitungen.

Im Herbst 2019 wurden die Sensoren an den Leiterseilen montiert. Außerdem fand ein Systemlauf mit Testdaten statt, die das Auslösen einer Warnmeldung simulierten. Der eigentliche Feldtest selbst startet im Winter 2019/20 und läuft bis Frühjahr 2021.

Das Astrose-System wird bereits bei anderen Netzbetreibern für temperaturgeführtes Leiterseil-Monitoring eingesetzt: Hier geht es vor allem darum, den Durchhang von Leitungen bei hohen Temperaturen und hohen Stromstärken zu überwachen. In dem Pilotprojekt mit LVN wird das System deutschlandweit erstmalig nun zur Früherkennung von Vereisungen eingesetzt.

Beitrag zur Versorgungssicherheit

„Wir bieten unseren Netzkunden eine im deutschland- und bayernweiten Vergleich überdurchschnittlich hohe Versorgungsqualität. Darauf sind wir als Betreiber eines Stromnetzes in einer sehr ländlich strukturierten Region stolz“, sagt LVN-Geschäftsführer Josef Wagner. „Neben hohen Investitionen in die Infrastruktur sowie kontinuierlichen Leitungskontrollen und Ausastarbeiten sind es auch neue Technologien, die auf die hohe Versorgungsqualität einzahlen.“

„Unser Astrose-System ist bereits beim Temperatur-Monitoring für Freileitungen im Einsatz und trägt dazu bei, dass die Betriebsmittel optimal ausgelastet werden können“, sagt Carsten Brockmann vom Fraunhofer IZM. „Nun untersuchen wir gemeinsam mit LVN mit dem Eislast-Monitoring einen weiteren Anwendungsfall, der zu einer Verbesserung der Versorgungssicherheit beiträgt.“ Das Astrose-System wurde unter anderem mit den Partnern LTB Leitungsbau GmbH und der Mitteldeutschen Netzgesellschaft Strom mbH (Mitnetz Strom) entwickelt.

ew-Redaktion

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