Übersicht der Datenaustausch und Redispatch-Plattform (DA/RE)

Bild 1. Die Einsatzverantwortlichen (EIV) der Netzbetreiber tauschen auf der DA/RE-Plattform Daten aus und stimmen ihre Netzfahrpläne ab

Damit nach Sonnenuntergang oder bei Windstille keiner im Dunkeln sitzen muss, weil etwa sämtliche Elektroautos zum Laden am Stromnetz hängen, sind genug Einspeisekapazitäten gefragt. Auch für den Fall, dass weniger Strom verbraucht wird als in den sonnigen Mittagsstunden anfällt, sind Reserven nötig, um den Überschuss aus dem Netz aufzunehmen und so die Frequenz auf 50 Hz stabil zu halten. Um Kapazitäten in der Region anzuzapfen, richteten der badenwürttembergische Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW und die Konzernschwester Netze BW eine Pilotplattform ein. Hier speisen sie alle ihre Daten ein und koordinieren auf diesem Weg ihren Netzbetrieb mit neuen Ansätzen zur Stabilisierung des Gesamtsystems. »Das Hauptziel ist der Abruf von Flexibilität aus dem Verteilnetz«, macht Florian Gutekunst im Gespräch mit netzpraxis klar. Bei TransnetBW ist er zusammen mit seinem Kollegen Dr. Kilian Geschermann von Netze BW für das Projekt DA/RE verantwortlich.

Das Kürzel DA/RE steht für Datenaustausch und Redispatch. Mittels Redispatch, sprich Engpassmanagement, sorgen die Netzbetreiber für ein ausgeglichenes Verhältnis von Stromangebot- und -nachfrage im Netz. »Bislang ungenutzte Angebotspotenziale, die im Verteilnetz vorhanden sind, sollen dafür zum Einsatz kommen«, erläutert Gutekunst. »Zunächst müssen wir zum einen jedoch wissen, welche Flexibilitäten im Verteilnetz vorhanden sind. Zum anderen müssen wir Netzbetreiber uns unter einander so abstimmen, dass nicht ein Abruf einer solchen Flexibilität beispielsweise durch den Übertragungsnetzbetreiber im Verteilnetz Probleme bereitet.« Transparenz und Koordination seien die zentralen Bestandteile von DA/RE.

DA/RE bringt bereits in der Pilotphase verschiedene Marktteilnehmer zusammen, darunter Anlagenbetreiber, Einsatzverantwortliche und natürlich weitere Verteilnetzbetreiber. Seit April ist auch Batteriehersteller Sonnen Projektmitglied und stellt über seine virtuelle Batterie, in der Heimspeicher landesweit vernetzt sind, Kapazitäten zum Engpassmanagement bereit. Mittels intelligenter Steuerung können die Speicher bei Bedarf mehr Strom ins Netz einspeisen und umgekehrt Strom aufnehmen, wenn der Verbrauch deutlich unter dem Angebot liegt. Je näher ein Speicher an einem Engpass helfend eingreift, desto größer ist Sonnen zufolge der Nutzen für das Stromnetz. »Die vernetzten Sonnen-Batterien können mit ihrer Speicherkapazität dem Stromnetz innerhalb weniger Sekunden einen wirkungsvollen Puffer dort zur Verfügung stellen, wo tatsächlich ein Engpass besteht«, bekräftigt Jean-Baptiste Cornefert, Geschäftsführer von Sonnen eServices. »Darüber hinaus sind keine Investitionen in die Infrastruktur notwendig, da die Batterien von Sonnen bereits in den Haushalten in der Region installiert sind. Durch Speicher können erneuerbare Energien besser in unser Energiesystem integriert werden.«

Die Initiative für DA/RE reicht laut Geschermann in den Sommer 2018 zurück. Bis zum Start der operativen Pilotphase Anfang April 2019 galt es, Vorbereitungen zu treffen und die Pilotplattform einzurichten. Bis Jahresende 2019 laufen nun die Praxistests zu Konzept und Prozessen. Für Anfang 2020 ist geplant, mit dem Aufbau der Plattform für den Regulärbetrieb zu beginnen. Bis zum 1. Oktober 2021 soll das gesamte Konzept umgesetzt sein. »Dann sind auch die neuen Bestimmungen zum Redispatch verbindlich, die das Netzausbaubeschleunigungsgesetz vom Mai 2019 vorschreibt,« stellt Gutekunst heraus. Anlagenkapazitäten im kW-Bereich seien für das Engpassmanagement zulässig. Aktuell erledigten dies Erzeugungsanlagen ab 10 MW Leistung. Die Kosten für das Projekt finanzieren TransnetBW und Netze BW aus ihrem Forschungsetat. Wie hoch diese sind, darüber ließen sich aktuell noch keine abschließenden Angaben machen, sagten beide Projektleiter. DA/RE ist als Modell vorgesehen, bei dem sämtliche dezentrale Kapazitäten den stabilen Netzbetrieb und damit die Versorgung sicherstellen. Ein massiver Stromausfall durch Spannungsabfall im Netz wie jüngst im August in Großbritannien soll dadurch vermeiden werden.

»Wir konnten zeigen, dass der Abruf verschiedener Technologien funktioniert«

Im Interview erläuterten die Projektleiter Gutekunst und Geschermann, was bei DA/RE aktuell auf der Tagesordnung steht, und nach welchen Grundsätzen sie einen sicheren Netzbetrieb mit regionalen erneuerbaren Energien ausrichten.

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