Von zentraler Bedeutung bei der Digitalisierung des Verteilnetzes sind Ortsnetz-Transformatorstationen.

Im intelligenten Stromnetz müssen auch Transformatorstationen smart werden. Die LoRaWAN-Technologie macht dies auf einfache Weise möglich (Bild: Fotolia)

Zustand und Betrieb der Anlagen werden transparent, indem man sie mit Sensoren und Messtechnik bestückt. Die in der Station gewonnenen Daten können mit funkbasierter IoT-Technik in die Leitstelle übermittelt und so für Instandhaltung, Netzsteuerung und -planung nutzbar gemacht werden.

Die Energiezukunft ist dezentral und regenerativ. Bei der Stromver­sorgung steht Deutschland schon heute mit einem Bein in der Zu­kunft: 2020 entfiel rund die Hälfte der Nettostromerzeugung auf er­neuerbare Energieträger. Auf der anderen Seite verändert sich das Verhalten der Kunden beim Strom­verbrauch rasant. Experten schät­zen, dass in 15 Jahren ein Drittel der Pkw auf unseren Straßen aus der Steckdose tanken werden. Beim ostdeutschen Netzbetreiber Mit­netz Strom geht man davon aus, dass bis 2050 deutschlandweit mehr als 60 Mio. neue Akteure wie Elektroautos, elektrische Wärme-, Erzeugungsanlagen und Speicher im Verteilnetz angeschlossen sein werden [1].

Netzausbau fast fünfmal teurer als smarte Technik

Für die Netzbetreiber bedeutet die­se Entwicklung eine große Heraus­forderung. Undenkbar, das Netz so auszubauen, dass jeglicher Kapazi­tätsbedarf restriktionsfrei befriedigt werden kann. Die Kosten wären exorbitant hoch. Eine Studie der TU Graz [2] zum potenziellen An­schluss von Photovoltaik-(PV-)Anlagen in definierten Versor­gungsgebieten in Österreich kam beispielsweise zu dem Ergebnis, dass für den Netzausbau fast fünf­mal höhere Kosten zu veranschla­gen wären als beim Einsatz intelli­genter Lösungen – mit denen allerdings nur etwa zwei Drittel des gesamten PV-Potenzials erschließ­bar wären. »Aus ökonomischer Sicht sind die intelligenten System­lösungen zu bevorzugen«, schlussfolgern die Autoren.

Das Netz muss intelligent wer­den. Darin herrscht branchenweit Konsens. Dies wird beispielsweise durch den Rollout intelligenter Messsysteme erreicht, die an be­stimmten Erzeugungs- und Ver­brauchspunkten in Echtzeit Messwerte generieren und somit die unübersichtliche Gemengelage im Verteilnetz transparent und steuer­bar machen. Im Mittelpunkt der sich verändernden Energieströme und Lasten stehen aber auch die Ortsnetz-Transformatorstationen. In der alten Welt der Energieversor­gung, die sich vorwiegend aus fossi­len und nuklearen Großkraftwer­ken speiste, war es kein Nachteil, dass Ortsnetz-Transformatorstatio­nen quasi »blind« waren. Der Strom floss in eine Richtung und die Las­ten waren gut prognostizierbar, entsprechend wurden die Anlagen technisch dimensioniert. Somit existierte auch kein akuter Monito­ring-Bedarf. Abgesehen davon wäre die kontinuierliche Erfassung von Messwerten früher aufwendig und kostspielig gewesen. Wollte man konkret etwas über die Auslas­tungs- und Spannungssituation ei­nes Transformatorstandorts erfah­ren, musste ein Mitarbeiter hinfahren und vor Ort ein Messge­rät einbauen. Nach Ablauf der Messperiode musste sich erneut ein Mitarbeiter ins Auto setzen und das Messgerät vor Ort ausbauen, damit es anschließend ausgewertet werden konnte.

Viele Transformatorstationen sind schon heute am Limit

Durch die Energiewende haben sich die Anforderungen an die Net­ze der Mittel- und Niederspannung grundlegend verändert. Schon heu­te arbeiten viele Stationen am Li­mit. Mit den skizzierten Entwick­lungen im Energiemarkt wächst der Druck, die Ortsnetz-Transformat­orstationen smart zu machen, da­mit Netzbetreiber rund um die Uhr und in Echtzeit über aktuelle Be­triebszustände informiert sind. Im Idealfall erhält die Netzleitzentrale lückenlos Kenntnis über Leistungs- und Betriebsparameter wie Strom­fluss, Spannung, Scheinleistung, Leistungsfaktor, Oberschwingung, Kurz- und Erdschluss. Ein solch umfassendes Monitoring wird durch moderne Internet-of-Things- (IoT-)Technologie möglich. Sie lässt sich mit überschaubarem Aufwand installieren und liefert die gewünschte Transparenz bei den Be­triebsparametern. "Geeignete Sen­soren detektieren Anomalien im Betrieb von Ortsnetz-Transformat­orstationen, etwa Überhitzung, er­höhte Luftfeuchtigkeit oder auch eine geöffnete Zugangstür", erläu­tert Dr. Niklas Klein, Geschäftsfüh­rer der Zenner IoT Solutions GmbH in Hamburg. "Der Zustand der Sta­tionen wird visualisiert und konti­nuierlich in Echtzeit überwacht. So lassen sich drohende Netzausfälle frühzeitig erkennen und vermei­den."

Technisch ermöglicht wird die smarte Überwachung meist durch die "Long Range Wide Area Net­work"-Technologie, kurz LoRaWAN. Dabei handelt es sich um einen Niedrigenergie-Funkstandard mit hervorragenden Reichweiten-, Penetrations-, Sicherheits- und Zuverlässigkeitseigenschaften. Auf dieser Basis lässt sich der Datentransfer sicher, effektiv und kostengünstig bewerkstelligen. Verschiedene Sensoren mit batte­riebetriebenen LoRaWAN-Sendern in den Transformatorstationen übermitteln kontinuierlich Überwachungsdaten an ein LoRa­WAN-Gateway. Dieses sendet die Statusinformationen der Transformatorstation weiter ins IoT-Ba­ckend-System, wo sie für die Leit­warte aufbereitet werden, beispielsweise durch eine Visuali­sierung.

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