Automatisiertes Analyseverfahren

Stromzählerkasten

Bild 2: Im Rahmen der Masterthesis wurde ein Verfahren entwickelt, das Stör-, Angriffs- und Gegenmaßnahmen-Szenarien mit Hilfe von Lastflussberechnung untersucht und auswertet. (Quelle: Voltaris)

Den Kern des Analyseverfahrens bildet das Netzberechnungsprogramm ATPDesigner, welches an der htw saar in Kooperation mit der VSE AG entwickelt und für diese Arbeit zur Verfügung gestellt wurde. ATPDesigner diente der netzseitigen Berechnung der Szenarien. Dazu wurden Messdaten aus iMSys als Eingangsgröße verwendet. Die Zeitreihen dienen als Basiswerte und werden in Stör-, Angriffs- und Gegenmaßnahmen abgewandelt. Zeitreihen für Elektrofahrzeuge wurden nach Vorgaben des Benutzers erstellt. Weitere PV Anlagen sind mittels Referenzmessung in das Programm integriert. Anschließend wurden die Zeitreihen in Netznutzungsfälle zur Netzberechnung überführt. Analyse und Aufbereitung der Berechnungsergebnisse finden automatisch statt und werden vom Nutzer untersucht und ausgewertet.

Auswertungen und Ergebnisse

Im ersten Schritt wurde die Funktionsfähigkeit des Verfahrens anhand eines Referenznetzes validiert. Dieses war als Strangnetz aufgebaut und enthielt verschiedene Netznutzer, wie z. B. Haushalte, Gewerbe, PV-Anlagen, Wärmepumpen, Nachtspeicherheizungen, Batteriespeicher und Elektrofahrzeuge. Das Verfahren simulierte die Stör- und Angriffsszenarien. Auf Netzsituationen, in denen ein Eingreifen notwendig war, wurden nachträglich Gegenmaßnahmen angewendet. Die Analyseergebnisse zeigten, dass die Störungen und Angriffe plausibel simuliert und Gegenmaßnahmen erfolgreich ausgeführt wurden.

Nach Validierung wurde das Verfahren im Zuge des Bundesforschungsprojektes Designetz (vgl. Infobox) auf eines der Demonstrationsnetze angewandt. Hier zeigte sich, dass der derzeitige Netzausbau so robust ist, dass keine der Störungen und Angriffe zu Verletzungen im Netzbetrieb führen. Aus diesem Grund wurde das Netz unter Annahme einer Zubauentwicklung um weitere Netznutzer erweitert und erneut getestet. Damit konnte dem Netzbetreiber veranschaulicht werden, ab welchem Zubau es im Netz zu Grenzwertverletzungen kommt.

Neben den Messdaten aus iMSys wurden für nicht gemessene Standorte Standardlastprofile verwendet. Da diese einen geglätteten Verlauf aufweisen, war die Schwankung in den Werten nicht so hoch wie bei gemessenen Standorten. Mit fortschreitendem Smart-Meter-Rollout könnte das Verfahren durch eine größere Menge an Messdaten noch genauer arbeiten.

Fazit und weitere Schritte

Die Arbeit hat gezeigt, dass Netzzustandsdaten aus iMSys zur Netzzustandsbestimmung eingesetzt und dass anhand derer Störungen, Angriffe und Gegenmaßnahmen simuliert werden können. Hierbei sind die Güte der Messdaten und die Anzahl der gemessenen Netznutzer in einem Netz von entscheidender Bedeutung für die Qualität der Auswertung. Die Bewertung von Netzen mittels des entwickelten Verfahrens kann aufzeigen, welche Auswirkungen Störungen und Angriffe in Netzen mit iMSys haben. Die Ergebnisse zeigen, dass insbesondere bei Steuerung intelligenter Netze, die Störpotentiale hoch sind. Dies unterstreicht die Notwendigkeit eines hohen Sicherheitsniveaus für die Steuersysteme. Aus der Simulation von Gegenmaßnahmen können für den Ernstfall geeignete Strategien abgeleitet werden. Insbesondere kann das Werkzeug zur Risikobewertung kritischer Infrastrukturen beitragen sowie verantwortliches Personal sensibilisieren und trainieren. Nächste Entwicklungsschritte sind die Verwendung einer größeren Zahl von Messdaten aus iMSys, eine Validierung des Verfahrens auf weitere Netztypen (z.B. Ringnetze) und eine Bewertung der Eintrittswahrscheinlichkeiten der simulierten Ereignisse.

Erfahrungen für die Praxis

Die gewonnenen Erkenntnisse aus der Masterthesis sowie diejenigen aus dem Forschungsprojekt Designetz fließen unmittelbar in die Gestaltung des operativen Smart Meter Rollouts ein. Derzeit konzipiert die Voltaris-Anwendergemeinschaft Messsystem – ein Zusammenschluss von 35 Energieversorgungsunternehmen und Netzbetreibern – das gemeinsame Vorgehen für den Feldtest. Für diesen werden Standards bezüglich der Kernprozesse Beauftragung, Beschaffung, Montage und Inbetriebnahme definiert. Ziel ist die Nutzung der gemeinsamen Felderfahrung, um Gateway-Administration und Messdatenaufbereitung in das Betriebsmodell, die Systeme und die Prozesse zu integrieren, so dass mit dem operativen Rollout gestartet werden kann.

Prof. Dr.-Ing. Michael Igel, Thomas Bonn und Julian Zimpel; michael.igel@htwsaar.de thomas.bonn@hotmail.de; julian.zimpel@voltaris.de; www.voltaris.de; www.htwsaar.de
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