Bild 1: Die sieben Grundelemente eines Tax CMS

Bild 1: Die sieben Grundelemente eines Tax CMS

Das Schreiben hat für viel Aufsehen gesorgt, da es auch ein konkretes Angebot der Finanzverwaltung darstellt, wie Unternehmen ihre steuerlichen Risiken durch Einführung eines steuerlichen Kontrollsystems präventiv, proaktiv und effektiv managen können.

Korrektur von Fehlern: Einfache Berichtigung nach § 153 AO oder strafbefreienden Selbstanzeige

Kernaspekt ist die Frage, ob im Falle der nachträglichen Korrektur einer Steuererklärung eine bloße Berichtigung von Erklärungen nach § 153 AO ausreicht oder ob sich die verantwortlichen Personen strafrechtlich durch eine Selbstanzeige absichern müssen. Die schlichte Berichtigung ist der einfachere und kostengünstigere Weg, da sie nur innerhalb der Festsetzungsverjährung (in der Regel vier Jahre) erfolgen muss und die umgehende Abgabe der berichtigten Erklärung genügt. Die Berichtigung anderer bisher nicht erkannter Fehler ist für die Wirksamkeit der Berichtigung nicht relevant.

Bei der Selbstanzeige (§ 371 AO) kann dagegen nur dann eine strafbefreiende Wirkung erzielt werden, wenn eine vollständige Nacherklärung sämtlicher bisher nicht korrekten Angaben einer Steuerart betreffend die letzten 10 Jahre vorgenommen wird. Dies bedeutet einen erheblichen Deklarationsaufwand. Darüber hinaus ist die Entrichtung aller Nachzahlungsbeträge erforderlich. Schließlich wird ggf. ein Strafzuschlag (§ 398a AO) fällig, d.h. von einer Strafverfolgung wird nur nach Zahlung eines zusätzlichen Betrages in Höhe von 10 bis 20 % der hinterzogenen Steuern abgesehen.

Die Finanzverwaltung ist bei hohen Nachzahlungsbeträgen oder Korrekturen für mehrere Jahre intern angehalten, die zuständige Straf- und Bußgeldstelle über die vermeintliche Steuerhinterziehung bzw. Selbstanzeige zu informieren. Die Praxis hat leider gezeigt, dass dies in zahlreichen Fällen zur Einleitung von Strafverfahren führte, deren Ausgang ungewiss ist.

Schutz der Verantwortlichen durch ein steuerliches Kontrollsystem

Das BMF-Schreiben vom 23. Mai 2016 stellt  klar, dass weder eine Steuerhinterziehung noch eine leichtfertige Steuerverkürzung gegeben ist, wenn es an Vorsatz bzw. Leichtfertigkeit fehlt – vorausgesetzt der Steuerpflichtige kommt seiner Berichtigungspflicht unverzüglich nach. Sofern ein funktionierendes steuerliches innerbetriebliches Kontrollsystem implementiert ist, eröffnet das BMF nun die Möglichkeit, den Vorwurf leichtfertig oder vorsätzlich und damit steuerstrafrechtlich relevant gehandelt zu haben, zu entkräften.

Die Finanzverwaltung baut dem Steuerpflichtigen damit eine Brücke und ermöglicht ihm im Ergebnis, steuerstrafrechtliche Konsequenzen durch ein steuerliches Kontrollsystem zu vermeiden.

Die Implementierung eines steuerlichen Kontrollsystems und dessen Aufbau

Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich für Unternehmen, aber auch für Kommunen und andere juristische Personen des öffentlichen Rechts, ein steuerliches Kontrollsystem zu implementieren.

Aber wie muss ein solches System aufgebaut sein, damit es im Ernstfall seitens der Finanzverwaltung oder letztlich auch seitens der Gerichte anerkannt wird? Das BMF hat nicht festgelegt, wie ein steuerliches Kontrollsystem genau ausgestaltet sein muss. Auf Wunsch der Finanzverwaltung hat sich allerdings das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland (IDW) mit dieser Frage beschäftigt und ein Positionspapier hierzu erarbeitet. Es baut auf dem bestehenden Prüfungsstandard IDW PS 980 zur Prüfung von Compliance-Management-Systemen (CMS) auf und legt ergänzende Anforderungen an die Ausgestaltung und Prüfung eines steuerlichen Compliance-Management-Systems (Tax CMS) fest. Den Begriff „innerbetriebliches Kontrollsystem“ für steuerliche Zwecke im Sinne des BMF- Schreibens versteht das IDW unter Berücksichtigung von rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Grundsätzen als einen Teilbereich des Compliance Management Systems, der auf die Einhaltung von steuerlichen Vorschriften gerichtet ist. Dabei werden sieben Grundelemente genannt, die bei der konkreten Ausgestaltung berücksichtigt werden müssen, um in den Genuss einer wohlwollenden Prüfung einer möglichen Berichtigungserklärung zu kommen (Bild 1). 

Entscheidend ist dabei, dass sich der Steuerpflichtige mit seinen steuerlichen Risiken systematisch auseinandersetzen muss. Dies bedeutet zum einen, dass die wesentlichen steuerlichen Risiken identifiziert werden. Zum anderen müssen diesen Risiken angemessene Kontrollen gegenübergestellt werden, so dass die Wahrscheinlichkeit eines Fehlers in diesem Bereich möglichst minimiert wird. Denkbare Kontrollen können Richtlinien und Checklisten oder auch Schulungsmaßnahmen sein. Aber auch Plausibilitätsprüfungen, Stichproben, ein Vier-Augen-Prinzip oder systemische IT-gestützte Kontrollen können je nach Risiko adäquate Instrumente sein.

Die Risikoanalyse wird üblicherweise in Form eine Risiko-Kontroll-Matrix festgehalten.

Wichtig ist: Es gibt keine Einheitslösung, die für alle Unternehmen passt. Es sind die jeweiligen Organisationsstrukturen, Abläufe und Schwachstellen im Unternehmen zu analysieren, um auf dieser Basis ein »maßgeschneidertes« System zu entwickeln. Zu berücksichtigen sind insbesondere auch die branchenüblichen Risikostrukturen. Für Unternehmen der Energiebranche bedeutet dies, dass insbesondere die Bereiche Umsatzsteuer und Energiesteuer, die typischen Risikofelder der Versorger, genauer analysiert und entsprechend gewürdigt werden müssen.

Neben der Risiko-Kontroll-Matrix bildet die Steuerrichtlinie, in der die Tax Compliance Ziele festgehalten werden, den Kern eines steuerlichen Kontrollsystems. Hier werden die einzelnen Zuständigkeiten und Delegationsketten dokumentiert.

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