Energiewende- und CO2-Reduktionsdesign
Der Paradigmenwechsel folgte dann 2011 mit Fukushima und dem Beschluss zum Ausstieg aus der Kernenergie in Deutschland. Der bereits zuvor eingeleitete Umbau des Stromerzeugungsmix beschleunigte sich weiter zu einem Energiewendedesign. Gleichzeitig wurde politisch versucht, die erreichten Kostendegressionen auf der Technologieseite durch verschiedene EEG-Novellen in die Förderung einzupreisen: Die fixen Einspeisevergütungen wurden durch die Direktvermarktung und später das Auktionsmodell abgelöst. Heute nimmt die Zahl der älteren (> 20 Jahre) PV-Anlagen stark zu: Weil diese aus der Förderung und der automatischen Abnahmeverpflichtung durch den Netzbetreiber herausfallen, werden innovative Geschäftsmodelle zur Vermarktung und eine Anpassung der rechtlichen Möglichkeiten notwendig.
Mittlerweile liegt der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung in Deutschland im Jahresdurchschnitt bei deutlich über 40 % - im 1. Quartal 2020 wurden aufgrund der starken Windstromeinspeisung im Februar und eines sonnenintensiven März erstmals 52 % der Stromversorgung über erneuerbare Energien gedeckt [1]. Daneben haben wir u.a. aufgrund der Diskussion um den Ausstiegspfad aus der Kohleverstromung und den Aktivitäten der Fridays for Future-Bewegung im letzten Jahr einen verschärften öffentlichen Diskurs um die Einhaltung der „Pariser Klimaziele“ erlebt. Im Herbst des letzten Jahres wurde von der Bundesregierung das Klimaschutzprogramm 2030 verabschiedet. Der Strommarkt folgt fortan einem CO2-Reduktionsdesign. Große EE-Anlagen werden zunehmend über Power Purchase Agreements (PPAs) vermarktet.
Das CO2-Reduktionsdesign fällt in eine Zeit von Trends wie Digitalisierung, Big Data und Künstliche Intelligenz (KI). Diese Trends werden dazu beitragen, dass sich die ursprüngliche – einer vertikalen Logik folgende – Wertschöpfungskette zu einer „smarten Plattform“ wandeln wird. Über diese werden zentrale sowie dezentrale Erzeugung, Speicher und Flexibilitäten vermarktet und mit dem Stromverbrauch in Ausgleich gebracht. Bei allen Assets (wie Erzeugungsanlagen, Netzen und Speichern) und in allen verbrauchsnahen Anlagen fallen massenhaft Daten zu Erzeugung, Verbrauch und Speicherung an. Über Prognosemodelle beispielsweise zur Vorhersage von Verbrauchsprofilen oder der Energieerträge von Windkraftanlagen werden Nachfrage und Erzeugung deutlich genauer prognostiziert werden können. Anhand von KI-basierten Tools lassen sich Erzeugung, Verbrauch und Speicherbedarfe aufeinander abstimmen. Diese beispielhaft skizzierten Entwicklungen führen also letztlich dazu, dass aus einer vertikalen Versorgungslogik ein von Daten und physikalischen Strömen getriebener Marktplatz – eine smarte Plattform – entstehen wird (Abb. 2).