Entwicklung des Bitcoin-Energieverbrauchs und des Carbon-Footprints

Abb. 3 Entwicklung des Stromverbrauchs von Bitcoin-Minern 2016-2020 (Quelle: Cambridge University)

Abb. 3 Entwicklung des Stromverbrauchs von Bitcoin-Minern 2016-2020 (Quelle: Cambridge University)

Eine erste Abschätzung des kumulierten Energieverbrauchs (Abb. 3) des von den Minern weltweit geleisteten Rechenaufwands legten 2019 Christian Stoll, Lena Klaaßen und Ulrich Gallersdörfer von der TU München vor [8]. Die Wissenschaftler errechneten für 2018 einen Strombedarf für das Mining in Höhe von 45,8 TWh. Grundlage dieser Berechnungen war die Annahme einer Steigerung des Leistungsbedarfs der Miner von 345 MW im Jahre 2016 auf 1.637 MW 2017 und auf 5.232 MW Ende 2018 sowie eine Jahresbenutzungsdauer in Höhe von 8.760 Stunden. Die Forscher gingen davon aus, dass 68 % der Rechenleistung in Asien erbracht wird, 17 % in Europa sowie 15 % in Nordamerika.

Unter Berücksichtigung des jeweiligen regionalen Energiemix der Stromerzeugung errechneten die Münchner Forscher einen Carbon Footprint des weltweiten Minings in einer Größenordnung von 22,0 bis 22,9 Mio. t CO2) [9]. Die Wissenschaftler betrachten den Beitrag des Mining zum globalen CO2-Ausstoß als eher gering und schreiben: „Bitcoin’s CO2 equivalent ranks between numbers 82 und 83 on the list of biggest emitting countries“ [10]. Aktuelle Berechnungen des Cambridge Center for Alternative Finance [11] ermittelten allerdings einen weltweiten Leistungsbedarf von derzeit bereits 15.000 MW, was einen jährlichen Stromverbrauch der Miners in Höhe von rund 130 TWh ergibt. Bei unveränderten Grundannahmen würde dies zu einem jährlichen CO2-Ausstoß von aktuell knapp 70 Mio. t führen.

2020 ergänzte die Münchner Forschergruppe ihre Arbeit im Auftrag der National Natural Science Foundation of China mit einem Ausblick auf den Energieverbrauch und den CO2-Ausstoß des Bitcoin-Mining bis 2100 [12]. Unter der Annahme, dass die Kursentwicklung der Kryptowährung Bitcoin sich ähnlich entwickelt wie der Goldkurs, gehen die Wissenschaftler davon aus, dass der Bitcoin-Stromverbrauch bis 2100 auf bis zu 400 TWh pro Jahr steigen könnte. Die Bestimmung des Carbon Footprint ist dagegen abhängig von der zukünftigen Dekarbonisierung der weltweiten Stromerzeugung. In einem Business-As-Usual-Szenario würde der durch die Verwaltung und Fortentwicklung der Kryptowährung entstehende CO2-Ausstoß auf bis zu 2 Mrd. t ansteigen und damit bezogen auf 2019 auf einen Anteil von 7 % der weltweiten CO2-Emissionen kommen. Würde der Elektrizitätssektor dagegen bis 2050 vollständig klimaneutral, wäre der Peak bei den Bitcoin-Emissionen bereits überschritten.

Die große Unsicherheit bei der weiteren Entwicklung des Bitcoin-Energieverbrauchs und des Carbon-Footprints der digitalen Währung zwingt zu Überlegungen, der weiteren ungebremsten Entwicklung beim Ressourcenverbrauch vorzubeugen. Beim Bitcoin-Mining steht vor allem der energieintensive Proof of Work-Prozess (PoW) zur Diskussion. Andere Krypto-Währungen sowie Blockchain-Prozesse in der Industrie sind bereits zu Proof-of-Stake-Lösungen (PoS) bei der Verifizierung übergegangen, bei der aufwändige Rechenprozesse entfallen. Allerdings erfordern diese Verfahren wieder klassische Absicherungsmethoden und verlassen damit die Vorstellungen der Bitcoin-Gründer von der reinen digitalen Währung, die nicht auf der Grundlage von Vertrauen der Teilnehmer in Institutionen und Wertabsicherungen beruht.

Einfluss auf die Versorgungssicherheit und Netzstabilität

Eine weitere dynamische Zunahme der Bitcoin-Farmen könnte auch Einfluss auf die Versorgungssicherheit und Netzstabilität der betroffenen Regionen haben. Bitcoin-Farmen sind energieintensiv und unflexibel, weil sie ihre Rechenleistung ständig auf höchstem Niveau fahren. Eine Ansiedlung erfordert grundsätzlich eine gut abgesicherte Netzintegration. Bisher erfolgt die Standortauswahl überwiegend – aber wohl nicht ausschließlich, wie der Anteil Deutschlands an den Hash-Wert-Raten zeigt – kostenorientiert. Innerhalb der großen geschlossenen Verbundnetze sollte zumindest über eine Registrierung der Bitcoin-Farmen nachgedacht werden.

Anmerkungen

[1] Alex de Vries, Bitcoin’s energy consumption ist underestimated: A market dynamics approach. In: Energy Research & Social Science, Volume 70, Dezember 2020. https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S2214629620302966?via%3Dihub
[2] Deutscher Bundestag: Drucksache 19/1055 vom 05.03.2018: Auswirkungen der Kryptowährung „Bitcoin“ auf das Klima und den Energieverbrauch.
[3] https://observers.france24.com/en/middle-east/20210203-in-iran-power-outages-reveal-the-secret-business-of-chinese-bitcoin-farms (letzter Seitenzugriff am 08.03.2021).
[4] https://www.n-tv.de/wirtschaft/Abchasien-macht-Bitcoin-Farmen-dicht-article22394445.html
[5] Die Grundlagen wurden in einem Whitepaper niedergelegt: https://bitcoin.org/de/bitcoin-paper
[6] Christian Stoll, Lena Klaaßen, Ulrich Gallersdörfer, The Carbon Footprint of Bitcoin. In: Joule 3, 17.07.2019, S. 1647-1661. https://doi.org/10.1016/j.joule.2019.05.012
[7] https://cbeci.org/mining_map (Letzter Seitenzugriff am 09.03.2021)
[8] Siehe Anmerkung [6].
[9] Ebenda, S. 1654.
[10] Ebenda, S. 1654.
[11] https://cbeci.org (Letzter Seitenzugriff, 09.03.2021).
[12] Shize Qin, Lena Klaaßen, Ulrich Gallersdörfer, Christian Stoll, Da Zhang, Bitcoin's future carbon footprint. In: arXiv preprint arXiv:2011.02612. 2020/11/5. Download: https://scholar.google.com/citations?user=vORQYV4AAAAJ&hl=de

„et”-Redaktion

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