Eine Bewertungsmodell zeigt, dass eine eigene Zielvorgabe für den Klimaschutz-Baustein „CO2-Entnahme“ vorteilhaft sein kann.

^Eine Bewertungsmodell zeigt, dass eine eigene Zielvorgabe für den Klimaschutz-Baustein „CO2-Entnahme“ vorteilhaft sein kann. (Quelle: Adobe Stock)

Im Rahmen einer in Nature Communications erschienen Arbeit haben die Forscherinnen und Forscher des PIK in einer aufwendigen Modellstudie erstmals quantitativ berechnet, welche zusätzlichen Kosten entstehen, wenn die Begrenzung der Erderhitzung auf 1,5 °C und netto null Emissionen bis 2050 durch separate Ziele für CO2-Emissionen und CO2-Entnahmen verfolgt wird.

Ziel ist es, der Politik deutlicher zu machen, welche Hebel sie auf dem Weg zur Klimaneutralität nutzen kann. Dabei möchte das PIK mit seiner Modellierung einen Impuls für marktwirtschaftlich umgesetzte und in der Höhe klug austarierte EU-weite Entnahmeziele geben. Diese sollten aus Nachhaltigkeitsgründen nicht zu hoch sein, aber auch nicht zu niedrig, um Investitionen und technischen Fortschritt anzureizen.

Schwächen reiner Marktentscheidungen

Den Hintergrund der Fragestellung erläutert Jessica Strefler, Leiterin des Carbon-Management-Teams am PIK und eine Co-Autorin der Studie, wie folgt: „Den Markt entscheiden zu lassen, wie viel an Emissionen vermieden und wie viel durch Entnahmen kompensiert wird, ist theoretisch bestechend – aber in der Praxis könnte das zumindest auf kurze und mittlere Sicht problematische Schwächen aufweisen.“

Das Forschungsteam stellt klar, dass in einem gemeinsamen System mit einem einheitlichen CO2-Preis automatisch der günstigste Mix realisiert wird. Im Marktgleichgewicht würde die CO2-Entnahme den Ausstoß exakt so weit mindern, bis die nächste Tonne CO2 billiger zurückzuholen als von vornherein zu vermeiden wäre.

Die Problematik sieht das PIK-Team darin, dass ein hohes Entnahme-Volumen die Umwelt schädigen könnte. Als Beispiel wären „Klimaplantagen“ mit schnell wachsender Biomasse zu nennen, die viel Land und Wasser verbrauchen. Zudem geben die Forscherinnen und Forscher zu bedenken, dass die neu entstehenden Entnahme-Unternehmen Planungssicherheit bräuchten, damit die nötigen Investitionen stattfinden. Diese könnte ein sich in Echtzeit am Markt bildendes Entnahmevolumen nur schwer sicherstellen.

Kostensteigerung unterhalb der 10-Prozent-Marke

Basisannahmen der PIK-Modellierungen sind netto null CO2-Emissionen und die Einhaltung des 1,5-Grad-Limits bis 2050. Verschiedene Modellierungen des PIK untersuchten die Konsequenzen, die gesetzten Ziele mit unterschiedlich hoher CO2-Entnahme zu erreichen.

Unter der Basisannahme sorgt ein einheitlicher CO2-Preis für ein weltweites jährliches Entnahmevolumen, das bis 2050 auf rund 7 Milliarden Tonnen steigt. Ein Entnahmeziel unterhalb dieses Marktgleichgewichts führe jedoch nur zu geringen Kostensteigerungen, so das Forschungsteam.

Wenn das Entnahmeziel deutlich unterhalb des Marktgleichgewichts läge, würden sich die Kosten der Klimawende um weniger als 10 Prozent erhöhen. Dies führt das PIK-Team zu dem Schluss, dass der Übergang zu einem separaten Entnahmeziel finanziell vertretbar erscheine.

Vorteile unterschiedlicher Zielvorgaben

Anne Merfort, Doktorandin in der PIK-Forschungsabteilung Transformationspfade und Leitautorin der Studie, fasst die grundsätzlichen Empfehlungen wie folgt zusammen: „Die Politik sollte das Entnahmeziel genügend ambitioniert wählen, damit dringend benötigte Investitionen in entsprechende Technologien realisiert und der Hochlauf der Entnahmen sichergestellt werden. Dennoch sollte die Politik unbedingt vermeiden, den Beitrag der Entnahmen zu hoch zu gewichten und dadurch die Dekarbonisierung zu unterminieren.“ Zu den Vorteilen eines stringenten Vermeidungsziels sagt sie: „Dadurch braucht man weniger unterirdische CO₂-Speicher, es gelangt weniger Klimagas in die Atmosphäre, der Staat hat mehr CO₂-Preis-Einnahmen und damit mehr Spielraum für sozialen Ausgleich.“

Basis der Untersuchung ist das PIK-eigene integrierte Bewertungsmodell REMIND. Es bildet den Energiesektor mit hoher technologischer Detailschärfe nach und zeigt das Zusammenspiel zwischen Klima und Wirtschaft auf.

Die am 12. Juni 2025 veröffentlichte Studie ist hier abrufbar: doi.org/10.1038/s41467-025-60606-7

„et“-Redaktion

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