Wenn man die Gesetze der Mathematik respektiert und die Vorgaben der Bundesregierung für bare Münze nimmt, muss man zwangsläufig davon ausgehen, dass die Politik bis 2050 das Ende des Ölzeitalter in Deutschland anstrebt

Wenn man die Gesetze der Mathematik respektiert und die Vorgaben der Bundesregierung für bare Münze nimmt, muss man zwangsläufig davon ausgehen, dass die Politik bis 2050 das Ende des Ölzeitalter in Deutschland anstrebt (Bildquelle: Adobe Stock)

Die Energiepolitik der Bundesregierung stützt sich programmatisch auf drei Elemente. An erster Stelle steht das Energiekonzept, das die Bundesregierung am 28.09.2010 verabschiedet hat [1]. Das Energiekonzept gilt gemeinhin als „Mutter der Energiewende“ und zielte seinerzeit auf eine Verlängerung der Laufzeit für Kernkraftwerke. Darüber hinaus und viel wichtiger aber auch auf einen grundlegenden Umbau der Energieversorgung in Deutschland [2]. An zweiter Stelle steht die Entscheidung der Bundesregierung vom 06.06.2011 nach dem Unfall in Fukushima auf die Kernenergie zu verzichten. Damals wurde beschlossen, bis spätestens 2022 alle Reaktoren in Deutschland vom Netz zu nehmen. An dritter Stelle steht der „Klimaschutzplan 2050“, den die Bundesregierung am 14.11.2016 verabschiedet hat [3]. Der „Klimaschutzplan 2050“ strebt eine Dekarbonisierung der deutschen Volkswirtschaft an. Die Bundesregierung ist gegenwärtig mit einem weiteren Baustein der „Energiewende“ befasst. Gemeint ist die Umsetzung der Empfehlungen der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ [4]. Die Kommission hatte in ihrem Bericht 2019 ein Ende der Kohleverstromung in Deutschland bis 2038 vorgeschlagen. Es ist davon auszugehen, dass die Bundesregierung dieser Empfehlung folgen wird. Vermutlich ist nicht allen geläufig, dass nunmehr – im Zusammenspiel mit anderen politischen Vorgaben – die Energiebilanz Deutschlands für 2050 amtlich festgelegt ist und damit auch über das Ende des Ölzeitalters in Deutschland entschieden wurde. Es lohnt sich, dieser Perspektive und den damit zusammenhängenden Konsequenzen nachzuspüren.

Von der Intuition zur Mathematik

Auch wer sich nicht ständig mit der Energiepolitik beschäftigt, hat intuitiv eine gewisse Vorstellung von dem, was sich hinter dem Projekt „Energiewende“ verbirgt. Allgemein gesagt: Es geht darum, den Energieverbrauch in Deutschland zu reduzieren und die Struktur der Energieträger in Richtung eines höheren Anteils von erneuerbaren Energien zu verändern. Auf diesem Wege will Deutschland einen Beitrag zum Schutz der Erdatmosphäre leisten. So weit, so gut. Was nun aber genau mit der „Energiewende“ verbunden ist, versteht man besser, wenn man die Mathematik ins Spiel bringt.

Die Möglichkeit, eine Politik mit den Gesetzen der Mathematik zu konfrontieren, kommt nicht oft vor. Aus gutem Grund. Kluge Politiker wissen, wie schnell sich die Welt ändert und scheuen daher eher davor zurück, sich an feste Zahlen zu binden. Zu groß ist die Gefahr, in ständige und belastende Glaubwürdigkeitsdebatten verwickelt zu werden. Umso bemerkenswerter ist es, dass sich die Energiepolitik in Deutschland seit einigen Jahren zu einem überaus attraktiven Spielfeld für Mathematiker entwickelt hat.

Ursache dafür ist die Entscheidung der Bundesregierung, die Zukunft der Energieversorgung in Deutschland durch eine Vielzahl von quantitativen Vorgaben festzulegen. Damit bieten sich unter der Überschrift „Energiepolitik und Mathematik“ viele interessante Untersuchungen zu den wirtschaftlichen und energiewirtschaftlichen Systemzusammenhängen an. Es ist hier nicht der Raum, das im Einzelnen zu vertiefen. Hier soll es nur darum gehen, das Prinzip solcher Analysen zu verdeutlichen und exemplarisch vorzuführen, wie die Bundesregierung durch ihre Vorgaben die Energiebilanz in Deutschland für 2050 festgelegt hat.

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