Abb. 1 Direkte LNG-Importe nach Herkunftsländern Januar bis Dezember 2023 – gesamt 70,0 Mrd. kWh

Abb. 1 Direkte LNG-Importe nach Herkunftsländern Januar bis Dezember 2023 – gesamt 70,0 Mrd. kWh (Quelle: AG Energiebilanzen)

Klare und verständliche Definitionen ordnen Begriffsvielfalt

Deutschland hat sich entschlossen, Erdgaslieferungen aus Russland durch Beschaffungen aus anderen Ländern, insbesondere über die LNG-Kette, zu ersetzen. Dazu wird in den Jahren 2022 bis 2027 eine küstennahe Anlande-Infrastruktur einschließlich der notwendigen Netzanbindungen geschaffen. Ein neuer gesetzlicher Rahmen sieht beschleunigte und vereinfachte Genehmigungsverfahren, aber auch eine Befristung des Anlagenbetriebs bis 2044 vor.

Im Zuge der aktuellen Energiekrise, des weitgehenden Stopps russischer Erdgaslieferungen sowie des Aufbaus einer LNG-Infrastruktur in Deutschland entstand eine verwirrende Begriffsvielfalt für die Arten und die Verwendungsstufen von Gasen. Besonders häufig ist die Verwechslung von Flüssiggas (LPG) und Flüssigerdgas (LNG). Der begrifflichen Klarheit ebenso wie der Sprachökonomie dienen die zunehmend gebräuchlichen, aus den englischen Fachtermini gebildeten Abkürzungen:

  • LNG ist bei atmosphärischem Druck durch Kühlung auf einen Temperaturbereich zwischen Minus 161 bis 164 Grad Celsius verflüssigtes Erdgas, das im Wesentlichen aus Methan besteht. LNG steht für Liquefied Natural Gas. Andere Bezeichnungen sind GNL für Gaz Naturel Liquéfié (französisch) oder Flüssigerdgas (deutsch).
  • CNG ist komprimiertes Erdgas, das überwiegend aus Methan besteht. CNG steht dabei für Compressed Natural Gas. CNG wird den örtlichen oder regionalen Gasnetzen entnommen, bei Umgebungstemperatur auf ein Niveau von etwa 200 bar komprimiert und vor allem als Kraftstoff für Kraftfahrzeuge eingesetzt.
  • LPG oder Flüssiggas ist ein Gasgemisch, das vor allem aus Propan (C3H8) und Butan (C4H10) besteht. LPG steht für Liquefied Petroleum Gas und wird bereits unter geringem Druck flüssig. Flüssiggas wird als natürliches Nebenprodukt bei der Raffinierung von Erdöl gewonnen und ist vielfältig einsetzbar, unter anderem auch als sog. Autogas.
  • Biogas ist ein energiereiches Gasgemisch, das bei der Zersetzung von organischem Material unter Luftabschluss anfällt. Es besteht zu etwa 42 bis 75 % aus Methan und wird in der Regel direkt in KWK-Anlagen eingesetzt oder zu Biomethan aufbereitet.
  • Biomethan ist aufbereitetes Biogas, das nach Trocknung, CO2-Abscheidung und Entschwefelung die gleichen Verbrennungseigenschaften wie Erdgas hat und in das Gasnetz eingespeist werden kann.

Deutschland errichtet eigene LNG-Infrastruktur

Zur Sicherung der deutschen Energieversorgung werden seit 2022 in Deutschland LNG-Terminals errichtet. Durch das 2022 in Kraft gesetzte LNG-Beschleunigungsgesetz (LNGG) wurde für die Verkürzung und Verschlankung der Genehmigungsprozesse sowie für eine Anpassung an die Mindestanforderungen der Europäischen Union gesorgt. Das Gesetz umfasst nicht nur stationäre LNG-Terminals, sondern auch schwimmende FSRU (Floating Storage and Regasification Unit) sowie Anbindungspipelines, die die LNG-Terminals mit dem deutschen Gasnetz verknüpfen. Mit Blick auf die nationalen Klimaziele wird der Betrieb für LNG-Anlagen in Deutschland nur bis Ende 2044 genehmigt. Ein Weiterbetrieb der Anlagen über dieses Datum hinaus soll nur für Wasserstoff oder andere klimaneutrale Gase möglich sein.

Von den festgelegten LNG-Standorten befinden sich die Terminals Wilhelmshaven, Lubmin und Brunsbüttel bereits im Regelbetrieb. Die Inbetriebnahme des Terminals Stade ist für Anfang 2024 geplant. Zu diesen vier schwimmenden Terminals (FSRU) sollen ab 2026 weitere fest an Land errichtete Terminals hinzukommen oder schwimmende Anlagen ersetzen.

Über die bisher errichteten vier schwimmenden Anlagen können rund 14 Mrd. m3 verflüssigtes Erdgas pro Jahr angelandet werden. Bis Anfang 2024 wird sich die Kapazität auf bis zu 37 Mrd. m3 erhöhen.

Komplexe LNG-Kette

Ein LNG-Terminal ist der logistische Knotenpunkt für Entladung von LNG-Tankern, für die Regasifizierung und Einspeisung in das Gas-Netz oder die verflüssigte Einlagerung in Tanks. Verflüssigtes Erdgas kann auch in Kesselwagen per Schiene oder mit geeigneten Binnenschiffen transportiert werden. Die jährliche Kapazität der neuen stationären LNG-Terminals beträgt bis zu 13 Mrd. m3

LNG-Tanker transportieren in zumeist kugelförmigen Tanks verflüssigtes Erdgas und bilden eine erprobte Alternative zum Pipeline-Transport. Durchschnittlich verfügen die Schiffe über Transportkapazitäten zwischen 120.000 und 145.000 m3. Der zurzeit größte Tanker hat eine Ladefähigkeit von 266.000 m3. Rund 500 LNG-Tanker sind derzeit weltweit in Betrieb.

Um Erdgas per Schiff transportieren zu können, wird es mittels Kältemaschinen bei atmosphärischem Druck auf eine Temperatur von minus 161 bis 164 Grad Celsius abgekühlt und wechselt dann von der gasförmigen in die flüssige Phase. Bei diesem Schritt schrumpft das Volumen um den Faktor 600. Durch diesen Prozess erhöht sich die Energiedichte beträchtlich: 1 m3 Erdgas enthält je nach Herkunft und Lagerstätte vor der Verflüssigung zwischen 10 und 12 kWh Energie. Bei 1 m3 Flüssigerdgas steigt die Energiemenge auf durchschnittlich 7.155 kWh. Erst in der Flüssigphase wird Erdgas in Tankern oder Behältern über größere Entfernungen transportfähig. 

Bevor das verflüssigte Erdgas nach der Anlandung in die Fernleitungsnetze der Bezugsländer eingespeist werden kann, muss es aufgewärmt und im gasförmigen Zustand auf einen Leitungsdruck von über 100 bar komprimiert werden. Überschlägig sind bezogen auf die Bruttomenge jeweils 10 % für die Verflüssigung einschließlich Reinigung sowie für den Schiffstransport erforderlich. Die Regasifizierung bei der Anlandung erfordert dagegen nur einen geringen (1 %) Energieaufwand.

Neue Bezugsquellen

Im Jahr 2023 wurden über die drei bereits im Regelbetrieb tätigen FSRU in Wilhelmshaven, Lubmin und Brunsbüttel etwa 70 Mrd. kWh LNG aus insgesamt sieben verschiedenen Ländern in das deutsche Ferngasleitungsnetz eingespeist (Abb. 1). Mehr als 80 % der Mengen stammten aus den USA. Weitere Lieferländer sind Angola, Trinidad-Tobago, Ägypten, Norwegen sowie die Vereinigten Arabischen Emirate. Aufgrund der Internationalität des LNG-Handels dürften in Zukunft zahlreiche weitere Länder hinzukommen. Derzeit haben die LNG-Lieferungen einen Anteil von etwa 10 % an den gesamten deutschen Nettoimporten.

Zukunftsoptionen

Neben Erdgas lassen sich auch andere Gase verflüssigen und in diesem Zustand über weite Strecken wirtschaftlich transportieren. Der Betrieb der LNG-Terminals ist in Deutschland bis Ende 2044 befristet. Ihr Weiterbetrieb ist jedoch möglich, wenn anstelle von verflüssigtem Erdgas (grüner) Wasserstoff über die Anlagen umgeschlagen wird.

Die Verflüssigung von Wasserstoff erfolgt jedoch erst bei einer Temperatur von etwa minus 253 Grad Celsius. Für den Transport von flüssigem Wasserstoff müssen also deutlich tiefere Temperaturen erreicht werden. Dies erfordert andere Materialien und Prozesstechnologien als die Verflüssigung von Erdgas. Diskutiert wird deshalb auch die Verflüssigung von Ammoniak. Hierzu reicht bereits eine Abkühlung auf etwa minus 33 Grad Celsius. Die Verfahren dazu sind zum Beispiel in der Produktion von Düngemitteln erprobt und Ammoniak weist eine hohe Energiedichte auf.

LNG-Terminals lassen sich grundsätzlich und mit Anpassungen auch für andere Gase nutzen. Zukünftig könnten Anlagen und Erfahrungen für die Beschaffung und den Einsatz von flüssigem (grünen) Wasserstoff oder Derivaten wie Ammoniak genutzt werden und damit die ab 2045 angestrebte Klimaneutralität unterstützen.

LNG in der Energiebilanz

Erreicht flüssiges Erdgas per Tankschiff seinen Zielort, wird es typischerweise am Anladepunkt (LNG-Terminal) regasifiziert und über das Gasverteilnetz an die Verbraucher im Inland verteilt. Vor diesem Hintergrund findet in der Energiebilanz keine Unterscheidung des importierten Erdgases nach Transportweg (LNG oder Pipeline) statt. Erdgas im Sinne der Energiebilanz umfasst folglich verflüssigtes Erdgas (umgerechnet auf die Gasphase, in Mio. kWh zum unteren Heizwert Hi), CNG sowie Pipelinegas.

Verluste, die bei der Umwandlung von LNG in die Gasphase entstehen, werden (sofern diese Daten empirisch zur Verfügung stehen) als Energieverbrauch im Energie- umwandlungssektor „Erdöl- und Erdgasgewinnung“ (Energiebilanzzeile 37) erfasst. Nach dem Inlandskonzept sind sämtliche Umwandlungs- und Leistungsverluste in der Bilanz zu erfassen, soweit sie innerhalb der Landesgrenzen anfallen.

Der Energieeinheitenumrechner der AG Energiebilanzen (www.ag-energiebilanzen. de/energieinheitenumrechner/) berücksichtigt bei den physischen Einheiten LNG in der Einheit Kilogramm bezogen auf die Flüssigphase bei minus 162 Grad Celsius.

„et“-Redaktion mit freundlicher Unterstützung (Genehmigung) der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen

 

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