Digitale Darstellung eines DNA-Strangs mit binärem Code und Datenströmen (Quelle: Adobe Stock).
Organisationen aller Industriezweige setzen auf das Transformationspotenzial von Bio-Engineering [1], um die Fortschritte in der Biotechnologie zum Schutz der Umwelt und zur Produktoptimierung einzusetzen. Sie nutzen dabei Prinzipien aus Biologie und Ingenieurswesen in Verbindung mit KI und datengesteuerten Computing-Technologien zur Erstellung neuer oder neu gestalteter biologischer Systeme. Die Studie „Engineering biology: The time is now” des Capgemini Research Institute zur Bioökonomie [2] stellt fest, dass Nachhaltigkeit ein zentrales Motiv für das Interesse von Unternehmen an Biotechnologie ist: Über 70 % der Unternehmen erwarten, ihre Nachhaltigkeitsziele mithilfe von Biosolutions [3] deutlich schneller erreichen zu können. Weitere Motive sind Kostensenkung, Produktoptimierung und – insbesondere in Deutschland – eine höhere Sicherheit von Produkt- und Produktionsprozessen. Die Studie weist zudem auf Herausforderungen hin, die es zu meistern gilt, um dieses Potenzial zu erschließen: von der Marktwahrnehmung und Akzeptanz bis hin zu hohen Kosten und einem Mangel an qualifizierten Fachkräften.
KI und ingenieurswissenschaftliche Prinzipien ermöglichen beachtliche Bio-Engineering-Innovationen in allen Industriezweigen, da sie in der Entwicklung neuer oder neugestalteter biologischer Systeme zu exakterer Kalkulierbarkeit und mehr Geschwindigkeit führen. Laut der Studie erwarten die befragten Führungskräfte nahezu geschlossen (99 % international, 100 % der deutschen), dass von Bio-Engineering umfassende Veränderungen für ihre Branche ausgehen werden – in den nächsten zwei bis zehn Jahren oder darüber hinaus. In Deutschland rechnet mehr als jeder zweite (58 %) bereits für die nächsten zwei bis fünf Jahre damit.
Bedeutende technologische Fortschritte in der DNA-Synthese, ‑Editierung und ‑Sequenzierung haben die Geschwindigkeit und Präzision des Engineerings biologischer Systeme stark erhöht und zugleich die Kosten entscheidend gesenkt. Darüber hinaus hat die rasante Entwicklung von KI zu erheblichen Fortschritten in der Erforschung und Prognose von Protein- und Stoffwechselstrukturen geführt.
Die meisten Organisationen in der Industrie (96 % international, 99 % der deutschen) arbeiten bereits an Biosolutions: 40 % befinden sich in der Explorationsphase; 56 % führen Forschungs- und Pilotprojekte durch oder setzen Biosolutions im kommerziellen Maßstab ein. Das stetige Wachstum der Investitionen signalisiert eine positive Marktstimmung in Bezug auf das wissenschaftliche und wirtschaftliche Potenzial von Bio-Engineering. 68 % der Manager international sowie 74 % deutschen gaben an, dass ihre Organisation die Investitionen in den nächsten zwei bis fünf Jahren erhöhen wird.
Disruptive Ansätze laut Mehrheit der Unternehmen erforderlich für Net Zero
Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Motiv für das Interesse von Unternehmen an Bio-Engineering. Allerdings müssen Biosolutions umsichtig konzipiert und genutzt werden, um nachhaltige Ergebnisse zu erzielen. Die meisten Manager erwarten, dass Biosolutions einen positiven Umwelt-Einfluss haben werden – etwa gegen den Klimawandel sowie die Plastik- und Luftverschmutzung. Allerdings sollten die ökologischen und sozialen Auswirkungen von Biosolutions über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg untersucht werden, begleitet von einer umfassenden Performance- und Wirtschaftlichkeitsanalyse, um die Akzeptanz im Markt zu fördern. Laut der Studie rechnen Unternehmen nicht nur damit, dass Biosolutions ihnen bei der Minimierung von Umweltverschmutzung und Emissionen helfen können, sondern auch dabei, die Produkteigenschaften und ‑Sicherheit zu verbessern sowie Risiken durch Lieferkettenunterbrechungen zu verringern.
Vor den Chancen stehen Hürden
Mit Blick auf die Herausforderungen bei der skalierten Einführung von Biosolutions nannten sowohl Studienteilnehmer von etablierten Unternehmen als auch von Biotechnologie-Start-ups als einige der größten Hürden: hohe Kosten und der Mangel an geeigneter Groß-Infrastruktur wie Bioreaktoren sowie fehlende Fachkräfte. Sie wiesen zudem auf die Komplexität von Umgestaltungen der Lieferketten hin sowie auf stets mögliche Änderungen in der Regulatorik zur Entwicklung und zum Einsatz von Biosolutions.
Um die Einführung von Biosolutions zu fördern, sollten Unternehmen dem Report nach eine umsichtige Strategie und Roadmap entwickeln, die Bekanntheit von Biosolutions steigern, Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigen sowie Konzepte der Kreislaufwirtschaft umsetzen und so das Potenzial von Biosolutions zu maximieren. Dabei wird es für Unternehmen aller Industriezweige unabdingbar sein, innerhalb der Grenzen eines klaren, progressiv-regulatorischen Frameworks für die Bioökonomie zu agieren.
Anmerkungen
[1] Bio-Engineering bzw. Engineering Biology ist auch bekannt als Synthetische Biologie.
[2] Die Bioökonomie umfasst wirtschaftliche Aktivitäten, die auf biologischen Ressourcen und Prozessen im Bereich der Tiere, Pflanzen, Mikroorganismen und Biomasse beruhen. Die Studie konzentriert sich auf den Teil der Bioökonomie, der sich mit der Nutzung von Produkten und Materialien befasst, die mithilfe von Bio-Engineering entwickelt werden.
[3] Biosolutions: Produkte, Materialien oder Prozesse, bei denen Bio-Engineering zum Einsatz kommt.
Link zur vollständigen Studie: https://www.capgemini.com/de-de/wp-content/uploads/sites/8/2024/07/Capgemini_Research_Institute_Report_Engineering_Biology.pdf.