Emissionshandel: Abb. Entwicklung der CO2-Emissionen aus Energieanlagen in Deutschland 2013-2019 nach Brennstoffen. (n. m. ETS = Nicht mehr emissionshandelspflichtig)

Abb. Entwicklung der CO2-Emissionen aus Energieanlagen in Deutschland 2013-2019 nach Brennstoffen. (n. m. ETS = Nicht mehr emissionshandelspflichtig) (Bildquelle: DEHSt, VET-Bericht 2019)

Wie der Präsident des Umweltbundesamtes erklärte, zeigt die Entwicklung, dass ein gestärkter Emissionshandel vor allem im Energiesektor die in ihn gesetzten Erwartungen als Klimaschutzinstrument voll erfüllt.

Die nationale Entwicklung

Die vom ETS in Deutschland erfassten stationären Anlagen unterteilten sich 2019 jeweils etwa zur Hälfte auf Energieanlagen (933) sowie Anlagen der Industrie (918). Die Emissionen verteilten sich dagegen ungleichmäßig und stammten zu rund 70 % aus Energieanlagen und zu gut 30 % aus Anlagen der Industrie. Damit kommt im Rahmen der nationalen Berichterstattung über die emissionshandelspflichtigen stationären Anlagen den Energieanlagen besondere Aufmerksamkeit zu [1].

Die CO2-Emissionen der deutschen Energieanlagen gingen 2019 um etwa 18 % auf 244 Mio. t Kohlendioxid zurück. Damit hat sich der rückläufige Trend des Vorjahres deutlich verstärkt (2018: minus 4,5 %). Der Emissionsrückgang betrug 2019 knapp 55 Mio. t und war der mit Abstand stärkste Rückgang seit Start des Emissionshandels im Jahre 2005 (siehe Abb.)

Mit einem Anteil von 97 % entfällt der Großteil der Emissionen des Energiesektors auf Großfeuerungsanlagen mit einer Feuerungswärmeleistung über 50 MW. In diesem Bereich verringerten sich die Emissionen um mehr als 18 %. Bei Kraftwerken, Heizkraftwerken und Heizwerken mit einer Leistung zwischen 20 MW und 50 MW kam es hingegen zu einer leichten Erhöhung der Emissionen. Hauptgrund dieser Entwicklung könnte die aufgrund der gegenüber 2018 leicht kühleren Witterung erhöhte Wärmelieferung der Heiz- und Heizkraftwerke sein. Mit Emissionen von insgesamt 5,3 Mio. t entfällt auf die kleineren Anlagen allerdings nur ein geringer Anteil (2,2 %) an den Gesamtemissionen des Energiebereichs.

Das europäische Emissionshandelssystem befand sich 2019 im vorletzten Jahr der dritten, achtjährigen Handelsperiode. In der ersten Handelsperiode (2005-2007) hatten die Emissionen noch stetig zugenommen, in der zweiten Handelsperiode (2008-2012) kam es unter dem Einfluss der Finanz- und Wirtschaftskrise zu Rückgängen, die bis zum Ende der Periode wieder aufgefüllt wurden. Die dritte Handelsperiode startete 2013 mit einem Ausstoß von rund 357 Mio. t CO2, was dem Niveau von 2008 entsprach. Seit 2014 verzeichnet die Entwicklung einen deutlichen und zuletzt starken Emissionsrückgang bei den Energieanlagen. 2019 unterschritten die Emissionen erstmals seit 2005 das Niveau von 250 Mio. t. Das entspricht einem Emissionsrückgang um 36 % seit 2005.

Damit beruhen die nationalen Anstrengungen zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes im Wesentlichen auf dem Rückgang der Emissionen aus den Großfeuerungsanlagen des Energiesektors. Diese Entwicklung belegt zugleich, dass das europäische Emissionshandelssystem ein wirkungsvolles und zielgerichtetes Klimaschutzinstrument ist, auch wenn strukturelle Anpassungen und der Einfluss von systemfremden, fundamentalen Faktoren die Entwicklung in den ersten Handelsperioden erschwerten.

In der zu Ende gehenden dritten Handelsperiode verringert sich die jährliche Zuteilungsmenge an Emissionszertifikaten um 1,74 % pro Jahr. Dieser verbindliche Reduktionsfaktor kann den deutlichen Rückgang der Emissionen seit 2014 und vor allem im vergangenen Jahr allein nicht erklären. Hilfreich ist die Betrachtung der Emissionsentwicklung nach den wichtigsten Brennstoffen (Braunkohle, Steinkohle und Erdgas – siehe Abb.).

Die Emissionen aus Braunkohle sanken 2019 um rund 22 % und damit auf den niedrigsten Stand seit 2005. Im bisherigen Verlauf der dritten Handelsperiode verzeichnete die Braunkohle einen Emissionsrückgang um rund 29 %. Im selben Zeitraum sank die Bruttostromerzeugung aus Braunkohle in der gleichen Größenordnung von 161 TWh auf 114 TWh. Für den Rückgang bei der Erzeugung und den Emissionen sind mehrere Faktoren verantwortlich. In den zurückliegenden Jahren wurden Braunkohlekraftwerksblöcke mit einer Leistung von insgesamt 2.728 MW (Netto) in die vierjährige Sicherheitsbereitschaft überführt, um anschließend ganz vom Netz zu gehen. Zum Erhalt des Hambacher Forstes musste die Förderleistung im Tagebau Hambach reduziert werden. Außerdem verminderte sich die Wettbewerbsfähigkeit der Braunkohlestromerzeugung durch den Anstieg der Preise für Emissionszertifikate und den gesunkenen Erdgaspreis. Schließlich sorgte der Ausbau der erneuerbaren Energien temporär zu geringeren Auslastungen bei den konventionellen Kraftwerken.

Bei der Steinkohle kam es 2019 zu Emissionsrückgängen von rund 30 %, bezogen auf die bisherige dritte Handelsperiode beträgt der Rückgang insgesamt sogar 46 %. Anders als bei der Braunkohle ging die Stromproduktion aus Steinkohle sogar überproportional zurück und verminderte sich seit 2013 um 55 %. Zwar wurden in den zurückliegenden Jahren Kraftwerkskapazitäten von rund 1 GW stillgelegt, dennoch konnten die Anpassungen bei den Erzeugungskapazitäten den wirtschaftlichen Druck durch höhere Zertifikatspreise und sinkende Erdgaspreise nicht ausgleichen. Hinzu kam die erheblich gestiegene Einspeisung von Strom aus Windkraftanlagen.

Neben dem Einspeisevorrang für Strom aus erneuerbarer Energie und den niedrigen Erdgaspreisen sorgen vor allem steigende Preise für Emissionszertifikate für einen Brennstoff-Switch im Bereich der vom ETS erfassten Anlagen im Energieberiech. Bei den Großfeuerungsanlagen wurden 2019 nur 7 % der Emissionszertifikate kostenlos zugeteilt, Im Energiesektor nahezu ausschließlich auf kleinere Anlagen sowie auf Anlagen, die Biomasse oder Brennstoffe mit biogenen Anteilen einsetzen. Damit entscheiden die Preise für Emissionszertifikate massiv über die Wirtschaftlichkeit der Stromerzeugung. Im Gegensatz dazu liegt der Anteil kostenlos zugeteilter Zertifikate in der Industrie bei 87 %, da viele Anlagenbetreiber geltend machen, einem Carbon-Leakage-Risiko ausgesetzt zu sein.

Die Emissionen der energieintensiven Industrie sanken in den Jahren 2013 bis 2018 kaum und schwanken zwischen rund 123 und 126 Mio. t. 2019 nahmen sie erstmals in der dritten Handelsperiode deutlich um 4 % auf 119 Mio. t ab und lagen damit unter dem Niveau von 2013. Die Emissionen waren 2019 in fast allen Industriebranchen rückläufig, lediglich die Emissionen der Zementindustrie zeigen sich im Jahresvergleich nahezu unverändert. Dies spiegelt in etwa auch die Produktionsentwicklung in den einzelnen Branchen wider. Durch den hohen Ausstattungsgrad mit kostenlos zugeteilten Emissionszertifikaten infolge des Carbon-Leakage-Risikos gilt für Anlagen der Industrie im Wesentlichen nur der allgemeine jährliche Reduktionsfaktor als limitierender Faktor, nicht aber der Preis für Zertifikate.

Der Rückgang der Emissionen im Emissionshandelssektor fällt stärker aus als der Rückgang der gesamten deutschen Treibhausgasemissionen. Mit den Angaben der DEHSt ist auch eine vorläufige Berechnung der deutschen CO2-Emissionen, die außerhalb des europäischen Emissionshandelssystems anfallen, möglich. Danach haben die deutschen Emissionen innerhalb des Europäischen Lastenteilungsverfahrens bzw. dem Non-ETS-Bereich die zugewiesenen Emissionsrechte im Jahr 2019 um rund 21,6 Mio. t überschritten. Auch die in den Vorjahren angesparten Emissionsrechte reichen voraussichtlich nicht aus, um diese Lücke zu decken. Diese Zahlen unterstreichen nochmals die essentielle Bedeutung eines funktionierenden ETS-Bereichs.

Die europäische Entwicklung

Die Emissionen aller am EU-ETS teilnehmenden Anlagen (in den 28 EU-Mitgliedstaaten sowie Island, Liechtenstein und Norwegen) sanken 2019 ebenfalls, jedoch in geringerem Umfang als in Deutschland: Nach Angaben der Europäischen Kommission [2] erreichten die Emissionen 2019 eine Gesamthöhe von rund 1,53 Mrd. t. Der Rückgang betrug gegenüber 2018 nach vorläufigen Berechnungen 8,7 %.

Der einstellige Emissionsrückgang in Europa und die deutlich höhere nationale Minderung haben dazu geführt, dass sich die deutsche Entwicklung bei den Emissionen wieder deutlich dem europäischen Niveau annähert. Nach der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 war der Emissionsanstieg in Deutschland deutlich stärker als in den anderen Ländern. Während vor allem in den Mittelmeerländern der wirtschaftliche Zusammenbruch auch die Treibhausgasemissionen überproportional verminderte, musste Deutschland als europäische Konjunkturlokomotive höhere Emissionen hinnehmen.

Hohe Erdgaspreise führten in den vergangenen Jahren zu verstärkten Stromlieferungen u.a. in die westeuropäischen Nachbarländer. Diese Lieferungen entlasteten die Emissionsbilanzen in den Stromverbrauchsländern und belasteten die deutsche Emissionsbilanz. Diese Leistungen hinterließen bis in das Jahr 2019 Spuren in der nationalen Emissionsbilanz. Das europäische Klimaziel für die vom EU-ETS umfassten Bereiche wird mit minus 21 % gegenüber 2005 im Jahr 2020 erreicht.

Fazit

Die Reform des europäischen Emissionshandels zeigt im Verlauf und vor allem am Ende der dritten Handelsperiode Wirkung: Der stark gestiegene Preis für CO2-Zertifikate hat zu einem deutlichen Rückgang der Emissionen vor allem bei der Strom- und Wärmeerzeugung aus Kohle und zu deutlichen Wettbewerbsvorteilen für den Brennstoff Erdgas geführt. In Deutschland haben aber auch niedrige Erdgaspreise sowie der Anstieg der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen einen Brennstoff-Switch in der Stromerzeugung und damit sinkende Emissionen begünstigt. In der Industrie konnte das ETS wegen des hohen Anteils kostenfrei zugeteilter Emissionszertifikate noch keine, den Energieanlagen adäquate Emissionsminderung auslösen.

Anmerkungen

[1] Die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) im Umweltbundesamt (UBA) bilanziert die aktuelle Emissionsentwicklung detailliert in ihrem Bericht über die Treibhausgasemissionen der emissionshandelspflichtigen stationären Anlagen und im Luftverkehr für Deutschland im Jahr 2019 (VET-Bericht 2019). https://www.dehst.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/VET-Bericht-2019.pdf

[2] https://ec.europa.eu/clima/news/emissions-trading-greenhouse-gas-emissions-reduced-87-2019_en

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et-Redaktion

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